Endlich in der Bundesliga angekommen: Bei Greuther Fürth hat Tobias Raschl den Durchbruch als Profi geschafft. © IMAGO/Zink
Borussia Dortmund
Fürth-Profi Tobias Raschl: „Hätte mir vom BVB mehr Vertrauen erhofft“
Bei Greuther Fürth startet Ex-BVB-Profi Tobias Raschl in der Bundesliga durch. Im Interview spricht er über Vertrauen, Vater-Sohn-Gespräche und was Borussia Dortmund besonders macht.
Bis zum Winter stand Tobias Raschl noch in Diensten von Borussia Dortmund. Beim BVB jedoch blieb dem Mittelfeldspieler der Durchbruch bei den Profis verwehrt. Deshalb wechselte der 22-Jährige Ende Januar zur Spielvereinigung Greuther Fürth. Bei den „Kleeblättern“ spielt er eine zunehmend wichtigere Rolle. Am Samstag (15.30 Uhr, live bei Sky) nun trifft Raschl mit den Fürthern auf den BVB. Im Interview mit Cedric Gebhardt spricht Raschl darüber, wie wichtig Vertrauen für seine Entwicklung ist und wie er den Dortmundern eins auswischen möchte.
Herr Raschl, Ihre Eltern haben einen KfZ-Meisterbetrieb. Sie dürften sich also mit Autos auskennen: Sagen wir mal, der BVB ist ein Porsche, was ist dann die Spielvereinigung Greuther Fürth für ein Auto?
Ich denke, wir sind ein Mittelklassewagen.
Also wird es am Samstag ein ungleiches Rennen?
Das hoffe ich nicht, weil wir in den vergangenen Wochen unseren Mittelklassewagen verbessert haben und gut drauf sind. Deswegen werden wir alles für ein ausgeglichenes Spiel geben.
Um im Bild zu bleiben: Wie kann man als Mittelklassewagen den BVB ausbremsen und womöglich sogar zum Überholmanöver ansetzen?
Wir müssen den taktischen Plan, den uns der Trainer in dieser Woche im Training mitgibt, voll umsetzen. Bei jedem muss die maximale Bereitschaft vorhanden sein, denn wenn wir nicht alles geben, dann sind wir unterlegen. Deswegen ist die Grundlage, dass jeder von uns in allen Belangen 100 Prozent raushaut.
Ihr Vater hätte es gerne gesehen, dass Sie in den Familienbetrieb einsteigen. Stattdessen haben Sie den Weg als Profifußballer eingeschlagen. Das hat zwischen Ihnen zu Konflikten geführt. Ist er inzwischen überzeugt davon, dass es für Sie die richtige Entscheidung war?
Mittlerweile schon, ja. Er freut sich, dass ich jetzt in der Bundesliga spiele. Es hat in der Vergangenheit durchaus Diskussionen zwischen uns gegeben, was der richtige Weg ist. Mein Vater wollte unbedingt, dass ich noch das Abitur mache, obwohl ich eigentlich meinen ganzen Fokus auf den Fußball legen wollte. Aber meinen Eltern zuliebe habe ich die Schule dann durchgezogen. Inzwischen haben sie meine Entscheidung akzeptiert und sind glücklich damit.
Im März 2019 haben Sie beim BVB einen Profivertrag über drei Jahre unterschrieben und gegen die TSG Hoffenheim unter Lucien Favre ihr Bundesliga-Debüt gegeben. Der erhoffte Durchbruch bei den Profis ist in Dortmund aber ausgeblieben. Worin sehen Sie die Ursachen?
Einer der Hauptgründe ist sicherlich, dass ich in meinen ersten beiden Seniorenjahren noch zu sehr Jugendfußballer war – sowohl körperlich als auch gedanklich. Ich habe erst im Laufe der Zeit gelernt, dass ich mich anpassen muss, dass mehr Dynamik, mehr Einsatz gefordert ist. Ich habe dann hart an mir gearbeitet. Aber natürlich war auch die Konkurrenz beim BVB riesig. Und ich habe nur einmal für 20 Minuten die Chance bekommen, mich in der Bundesliga zu zeigen. Ich hätte mir damals in Dortmund etwas mehr Vertrauen und etwas mehr Einsatzzeit erhofft, um mich auf der Bühne Bundesliga zu zeigen. Ohne das war es schwer, Bäume auszureißen und auf mich aufmerksam zu machen.
Beim BVB lief Tobias Raschl (l.) der Konkurrenz, wie etwa Raphael Guerreiro, hinterher. © dpa
Sebastian Kehl hat Ihnen bei Ihrem Abgang attestiert „zweifellos über das notwendige Rüstzeug für eine tolle Laufbahn“ zu verfügen. Warum gelingt es Ihnen in Fürth, dieses Rüstzeug besser einzusetzen?
In erster Linie weil ich vom Trainer das Vertrauen bekomme und spielen, spielen, spielen darf. So kann ich zeigen, wie ich mich im Vergleich zu meiner Zeit in Dortmund verändert und entwickelt habe.
In Fürth wurden sie nach Ihrem Wechsel Ende Januar anfangs vor allem eingewechselt, zuletzt standen Sie regelmäßig in der Startelf. Wie beurteilen Sie Ihre Entwicklung?
Klar hätte ich auch gleich zu Beginn gerne gespielt. Aber da habe ich viermal nicht gespielt. Trainer Stefan Leitl hat mir erklärt, warum das so war. Für die Sechserposition habe ich ihm zu häufig Ausflüge nach vorne gemacht und zu wenig das Zentrum gehalten. Aber gerade auf dieser Position wollte er ganz viel Stabilität haben. Ich habe einfach ein bisschen Zeit gebraucht, mich daran zu gewöhnen und das zu verinnerlichen. Inzwischen spielen wir häufig mit zwei Sechsern, damit fühle ich mich wohler und finde mich besser zurecht, weil ich es schon aus der Jugend und der U23 des BVB kenne.
Sie haben bei Ihrem Wechsel von der 3. Liga in die Bundesliga gleich zwei Klassen übersprungen – worin besteht die größte Herausforderung?
Der Unterschied ist enorm, das Spieltempo ist sehr viel höher, aber auch in puncto Robustheit und Zweikampfhärte ist das natürlich eine ganz andere Nummer. Wir mit Fürth haben häufig weniger Ballbesitz als der Gegner, da musst du natürlich sehr viel laufen, um Räume zu schließen. So hast du natürlich weniger Kraft, wenn du selbst in Ballbesitz kommst, als wenn du vorher den Ball durch die eigenen Reihen laufen lässt. Alles in allem ist also noch sehr viel mehr Physis gefragt.
Nachdem Sie die Bühne Bundesliga kennengelernt haben: Wie schwer fällt es Ihnen, in der nächsten Saison mit der 2. Liga vorlieb nehmen zu müssen?
Die Situation muss man so annehmen, wir haben sie uns selbst eingebrockt. Es gab ja auch schon eine Tendenz, als ich im Winter nach Fürth gewechselt bin. Völlig überraschend kommt das also nicht für mich. Aber die 2. Liga ist auch eine tolle Liga, da warten ein paar andere, richtig unangenehme Aufgaben, in denen noch mehr Robustheit und Kampf gefragt sind als in der Bundesliga, wo man vieles auch fußballerisch lösen kann. Und ich freue mich auf diese Aufgabe.
Sie haben vom Vertrauen gesprochen, dass Sie von Trainer Stefan Leitl spüren und er war sicherlich auch ein wichtiger Faktor für Ihren Wechsel nach Fürth. Nun verlässt Leitl den Verein am Saisonende. Wie gehen Sie mit der Situation um, dass Sie schon bald einen neuen Trainer haben werden?
Im Fußball ist es ja ständig so, dass Spieler, aber auch Trainer oder mal ein Sportdirektor den Verein wechseln. Das ist also nichts Ungewohntes. Klar, wäre es cool gewesen, wenn Stefan Leitl hier bleiben würde, weil wir uns gut verstehen und wir gut zusammenarbeiten. Aber es ist wie es ist und ich wünsche ihm einfach für seine Zukunft alles Gute.
Bei Ihrem Wechsel nach Fürth haben Sie gesagt, dass die Jahre für Sie beim BVB eine unvergessliche Zeit bleiben. Warum?
Weil der BVB einfach ein riesiger Verein ist, hinter dem die ganze Stadt steht. Das hast du ganz einfach gespürt. Selbst wenn kein Spieltag war, hast du Leute im BVB-Trikot durch die Stadt gehen sehen. Diese Stadt und ihre Verbundenheit mit dem Verein sind schon etwas ganz Besonderes. Ich war sechs Jahre meines Lebens beim BVB – dort bin ich vom Jugendlichen zum Mann geworden. Ich habe tolle Momente erlebt, wie etwa die Deutsche Meisterschaft mit der U19 oder mein Bundesliga-Debüt. Das sind Ereignisse, die ich nie vergessen werde.
Seit Ihrem Wechsel nach Fürth gab es erst ein Erfolgserlebnis – beim 2:1 gegen Hertha standen Sie aber nicht im Kader. Bislang haben Sie mit Fürth also noch keinen Bundesliga-Sieg auf dem Platz erlebt. Was sagt Ihnen Ihr Bauchgefühl: Wird sich das gegen den BVB ändern?
Das ist mein Anspruch und mein Ziel. Ich spiele am Samstag nicht einfach nur, um die ehemaligen Kollegen wiederzusehen, sondern weil ich gewinnen möchte, auch wenn der BVB der Favorit ist.
Wer wird am Samstag Ihr härtester Gegenspieler?
Das kommt darauf an, ob Emre Can im Zentrum spielt. Jude Bellingham wird ja vermutlich auf jeden Fall spielen. Er ist herausragend und ein echt harter Gegenspieler. Auf diese Duelle freue ich mich.
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