Ex-Borusse Laux ist zurück: Psychologe will beim BVB im Kopf angreifen
Borussia Dortmund
Im Liga-Endspurt setzt der BVB alle Hebel in Bewegung, um den Traum vom Titel zu realisieren. Mit dem Sportpsychologen Dr. Philipp Laux stößt einer der Besten seines Fachs zum Team.

Ex-BVB-Keeper und Sportpsychologe Philipp Laux steigt bei Borussia Dortmund ein. © BVB
Als Fußball-Torwart hat Philipp Laux eine beachtliche Karriere hingelegt. Mit dem SSV Ulm stieg er aus der Regionalliga in die Bundesliga auf, mit Borussia Dortmund wurde er 2002 Deutscher Meister, wenn auch nur als Torhüter Nummer zwei. Viereinhalb Spiele bestritt er im Titeljahr. Sein Beitrag sei sicher nicht der größte gewesen, sagt Laux bescheiden, aber „ich fühle mich als Deutscher Meister, selbstverständlich“.
Ehemaliger BVB-Torhüter Laux startete zweite Karriere
Weniger publik, aber noch erfolgreicher verlief bis jetzt die zweite Karriere des 47-jährigen Familienvaters. Nach dem Profisport, den ein Knorpelschaden im linken Knie für ihn vorzeitig beendete, absolvierte Laux ein Psychologie-Studium. Diplom in Mannheim 2008, Promotion in Heidelberg 2015. Und dazwischen: jede Menge Expertise in der Praxis.
Vier Jahre beim FC Bayern München, danach drei Jahre bei RB Leipzig und dem VfB Stuttgart weisen ihn als etablierte Kraft im Gebiet des Coachings und als Sportpsychologe mit hohem Wirkungsgrad in sportlichen Alltag aus. „Es gibt in der Bundesliga viele Gute, aber der Beste ist der Lauxi“, sagt immerhin Hermann Gerland, beim Rekordmeister seit Jahrzehnten der Mann für alles. Aus Spielerkreisen ist zu hören, dass vor allem die Diskretion und Verbindlichkeit von Laux überzeuge. Er sei ein Mann, dem die Kicker vertrauen.
Laux ist auch für den DFB im Einsatz
Seit 2018 arbeitet der Heidelberger selbstständig als Psychologe, Coach und Experte. Neben seinen Vorträgen, die ihn weit herumkommen lassen, steht er auch für den DFB am Platz: Ohne Corona-Pandemie würde sich Laux intensiv auf die Olympischen Spiele mit der deutschen U21 vorbereiten, die Qualifikation gelang mit EM-Platz zwei im vergangenen Sommer in Italien. Aus dem aktuellen BVB-Kader war unter anderem Mahmoud Dahoud dabei.
Seine Tätigkeit, erklärt Laux, finde nicht hinter verschlossenen Türen statt, wo sich die Spieler zur Besprechung auf die Couch legen. Er sieht sich als aktiven Teil des Trainerteams, als Stütze, Zuhörer und Ratgeber, der Reflektion einfordert und Feedback gibt. Wer sich auf Drucksituationen und Stress vorbereite, könne diese Momente besser händeln, seine Strategie verbessern und schlussendlich erfolgreicher werden. Eine innere Überzeugung und eine förderliche Haltung, An- und Entspannung seien Faktoren für Erfolg.
Laux muss sich in Dortmund schnell einarbeiten
In Dortmund muss sich Laux schnell einarbeiten. Beim BVB, wo es bislang hieß, man wolle mit einem Netzwerk mehrerer Sportpsychologen arbeiten, um den Spielern unterschiedliche Alternativen anzubieten, ist die Entscheidung gereift, nach Experten für Training und Taktik, Spielanalyse und Performance, Athletik, Ernährung und Physiotherapie und was noch alles jetzt auch im Kopf anzugreifen. Gewinnen will gelernt sein. Und ein Typ wie Laux könnte ein fehlendes Puzzleteil sein.

Philipp Laux bei der U21-Europameisterschaft in Italien. © imago images / Sportimage
„Es ist unser Anspruch, den BVB in allen relevanten Teilbereichen des Profisports bestmöglich aufzustellen und ein Netzwerk von Spezialisten zu bilden, das gemeinsam einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt. Vor diesem Hintergrund war es unser Wunsch, zur Saison 2020/2021 das Thema Sportpsychologie im Profibereich zu integrieren, um gezielt an der Potenzialentwicklung jedes Einzelnen arbeiten zu können“, sagt Sebastian Kehl.
Ziel: Potenziale weiter entwickeln
Der Leiter von Borussia Dortmunds Lizenzspielerabteilung ergänzt: „Im Zuge der Corona-Krise, die uns plötzlich vor völlig neue Herausforderungen stellt, ziehen wir diese Maßnahme nun vor. In Philipp Laux haben wir einen Psychologen gewinnen können, der neben seiner akademischen Ausbildung eine langjährige Erfahrung als Fußballprofi einbringt. Er wird uns unter anderem im Persönlichkeitsmanagement, im mentalen Coaching und in der interdisziplinären Zusammenarbeit mit anderen Experten unterstützen.“
Cheftrainer Lucien Favre fokussiert sich sehr auf den technisch-analytischen Aspekt des Spiels, er wird nicht verdächtigt, mit flammenden Motivationsreden die letzten Prozentpunkte aus seinen Jungs herauszukitzeln. Die Mannschaft wiederum gibt Beobachtern und auch sich selbst immer wieder Rätsel auf, wenn sie – vor allem in Auswärtsspielen – weit unter ihren Leistungsmöglichkeiten bleibt. Eine Serie später Gegentore, eine Mentalitätsdebatte, fußballerische Achterbahnfahrten, alles schon gehabt in der laufenden Spielzeit.
Teamperformance, Leadership und Persönlichkeitsentwicklung sind drei Säulen in Laux‘ Arbeit. Aus seiner eigenen aktiven Erfahrung weiß er. „Im Profifußball setzt sich nur das durch, was funktioniert.“
Laux sieht Mannschaftsleistung als „Turbo für den Erfolg“
Teamperformance, also die Mannschaftsleistung, sei ein „Turbo für den Erfolg“, schreibt Laux. Um den Weg zu bereiten, benötigt es eine klare Zielentwicklung, eine passende Rollenverteilung, eine gute Struktur und große Willensstärke, um nur einige der Schlagworte zu nennen, mit denen der promovierte Psychologe in der Gruppe arbeiten will.
Beim FC Bayern hat Laux mit Trainern wie Jupp Heynckes, Jürgen Klinsmann oder Louis van Gaal gearbeitet. Diese drei Größten des Geschäfts sind individuell höchst unterschiedliche Typen, genauso wie Stefan Kuntz als U21-Trainer beim DFB und Lucien Favre bei Borussia Dortmund. Wer seine Talente, sein Können und Wissen am besten anbringen kann, das ist auch eine Frage der Strategie und der Anpassung an den Trainingsalltag. „Sobald aber Höchstleistungen gefordert werden, sollte die Führungsarbeit aus der Persönlichkeit der Führungskraft erwachsen.“ Modernes Leadership will überzeugen, begeistern, anstiften.
In seinen Vorträgen schlägt Laux den Bogen zwischen Profisport und Wirtschaftsführern. Was die Bereiche eint: Nur das Ergebnis zählt, ein Scheitern ist nicht vorgesehen. Persönlichkeit ersetzt keine fehlenden Punkte in der Tabelle. Das Credo des Coaches: „Bei sich bleiben, wenn am Ende nur der Erfolg zählt.“