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Erling Haaland nimmt weiter Fahrt auf - und bietet dem BVB viele neue Möglichkeiten
Borussia Dortmund
Erling Haaland und Borussia Dortmund sollen in Marbella zusammenwachsen. Die Frage ist: Wie setzt man den Stürmer am besten ein?
Wer eine Giraffe (wörtlich übersetzt: „Die schnell Laufende“) betrachtet, käme nicht sofort auf die Idee, dass diese Tiere auf mehr als 50 km/h beschleunigen können. Wer den 1,94 Meter langen, kräftig-schlaksigen Erling Braut Haaland in Fußballschuhen auf dem Platz stehen sieht, könnte eine ähnliche Fehleinschätzung begehen. Wenn Borussia Dortmunds neuer Wikinger beim Angriff Fahrt aufnimmt, hat Tempo Vorfahrt.
Erling Haaland und der BVB lernen sich kennen
Beinahe absurd viel ist über Borussia Dortmunds Neuverpflichtung Erling Haaland geredet und diskutiert worden. Am Donnerstag stand er erstmals im Mannschaftstraining auf dem Rasen. Anschauungsunterricht für beide Seiten im anlaufenden Kennenlernprozess.
Trainer Lucien Favre hatte Haaland bislang nur auf dem Bildschirm studiert. Sein neuer Mittelstürmer sucht die Kombinationen, will mitspielen, bietet sich an. Er kann ordentlich dribbeln, ist trotz oder gerade wegen seiner langen Übersetzung herausragend schnell, mit und ohne Ball. Sein Tempo - in Österreich wurde er mit 36 km/h geblitzt, ähnlich geschwind wie Achraf Hakimi - nutzt er für Läufe in die Tiefe. Im Strafraum setzt er seinen wuchtigen Körper ein, um in Abschlusssituationen zu kommen. Von den vielen Edeltechnikern in seinem direkten Spielumfeld kann der junge Norweger nur profitieren.
Der BVB muss eine geeignete Rolle für Haaland finden
Doch wie Haaland, 19 Jahre, Babyface, europaweit heißbegehrter Torjäger, bei der Borussia einbinden? Favre weiß es noch nicht. Im „Salon Paloma“, in dem das Dortmunder Trainerteam im noblen Hotel „Gran Melia don Pepe“ seine Kommandozentrale aufgebaut hat, werden dazu viele Überlegungen angestellt.
Unstrittig ist, dass Haaland ins Zentrum gehört. Er ist kein Mann für die Flügel, keiner der an die Seite ausweicht und Abwehrreihen über den Flügel knackt. Sagt er auch selber. „Ich bin ziemlich geradeaus. Am liebsten renne ich mit dem Ball aufs Tor und mache ihn rein“, meint Haaland. „Das kann ich am besten.“
Haaland kennt ein System mit zwei Stürmern
In der aktuell gut funktionierenden 3-5-2-Grundordnung müssten Einsatzbereiche und Laufwege in der Offensive verändert werden, um Haaland einzubinden. Ideal scheint, wie es der Norweger aus seiner Zeit bei RB Salzburg kennt, ein System mit zwei Stürmern: ihm als Mann für das Zentrum mit einem spielenden zweiten Angreifer um ihn herum. Das könnte etwa Marco Reus interpretieren. Vielversprechend klingt auch ein 4-3-3 mit zwei dominanten zentralen Mittelfeldspielern als Zulieferer.
Ein Neuzugang, viele neue Möglichkeiten. Denn einen Spielertypen wie Haaland hatte der BVB zuletzt nicht im Repertoire. „Er hat eine gute Technik, ist schnell und groß. Diese Dinge“, erklärte Thomas Delaney, „gibt es nicht oft in einem Paket.“ So einen Stürmer habe es lange nicht mehr gegeben in Dortmund, weshalb Delaney meint: „Es ist immer positiv so einen Typen zu haben, der nicht nur groß ist, sondern auch schnell und technisch stark. Er bringt etwas anderes mit.“
Klarer Karriereplan: Erling Haaland hat viel vor mit dem BVB
Däne Delaney hat Haaland in den ersten Tagen in der nordischen Connection eng begleitet. Seinen Eindruck, dass der Neue eine hochprofessionelle Einstellung zu seinem Beruf mitbringe, bestätigen die Journalistenkollegen. „Bei seiner Karriere wird nichts dem Zufall überlassen“, sagt Sigve Kvamme von „TV2“ aus Norwegen. Eine entschiedene Einstellung zum Leistungssport, eine körperlich optimale Vorbereitung, ein klarer Karriereplan - kein Wunder, dass bei Haaland das unbändig große Talent mit viel Expertise auch von Vater Alfie, 34-facher Nationalspieler und früher in der Premier League unter anderem bei Leeds United und Manchester City unter Vertrag, auf fruchtbaren Boden fällt.
In Salzburg erzählt man sich gerne die Geschichte, wie Haaland am Tag vor dem ersten Spiel in der Königsklasse im Auto an den Häusern der Mannschaftskollegen vorbeigefahren ist. Mit heruntergedrehten Fensterscheiben, die Champions-League-Hymne dröhnte in voller Lautstärke aus den Boxen. Diese Melodie nutzt er auch als Klingelton auf seinem Telefon. „Sie sind die Besten ….“
Haaland soll behutsam aufgebaut werden beim BVB
Im „Salon Paloma“ setzen sich derweil die Gedankenspiele fort, wie dieser Rohdiamant geschliffen und eingepasst werden kann in Dortmund. Betont behutsam läuft das Aufbautraining. In Salzburg fehlte Haaland im letzten Spiel vor der Pause wegen einer Verletzung der Bauchmuskulatur, besorgniserregender waren jedoch die Knieprobleme, die seit Mitte November immer wieder auftraten. Doch nach den ersten Belastungsproben im BVB-Shirt während des Trainingslagers geht der Daumen nach oben. Das Gelenk zeigt keine ungewünschten Reaktionen.

Erling Haaland (r.) im Gespräch mit Co-Trainer Edin Terzic. © Kirchner-Media
Ob Haaland am Samstag in einem der Testspiele gegen Feyenoord Rotterdam und Mainz 05 zum Einsatz kommt, ist fraglich. Auch zum Rückrundenauftakt beim FC Augsburg am 18. Januar wird er nicht in der Startelf auftauchen. Doch Schritt für Schritt wird der Hoffnungsträger herangeführt, den die in Dortmund entstandene Euphorie nach seiner Verpflichtung bislang wenig beeindruckt.
BVB-Trainer Lucien Favre freut sich auf Stürmer Haaland
Bald soll der Wikinger dann so richtig auf Beutejagd gehen und Tore schießen. Selbst der sonst sehr zurückhaltende Lucien Favre ist sicher: „Wir werden unsere Freude an ihm haben.“
Schon als Kind wollte ich Sportreporter werden. Aus den Stadien dieser Welt zu berichten, ist ein Traumberuf. Und manchmal auch ein echt harter Job. Seit 2007 arbeite ich bei den Ruhr Nachrichten, seit 2012 berichte ich vor allem über den BVB. Studiert habe ich Sportwissenschaft. Mein größter sportlicher Erfolg: Ironman. Meine größte Schwäche: Chips.
