England trauert nach EM-Finale - Sancho wird zur Zielscheibe von Rassismus

Europameisterschaft

Nach dem EM-Finale gegen Italien sind die Engländer untröstlich. Noch-BVB-Profi Jadon Sancho und zwei weitere Spieler verschießen ihre Elfmeter - und werden zur Zielscheibe von Rassismus.

Dortmund

12.07.2021, 11:47 Uhr / Lesedauer: 3 min
Englands Trainer Gareth Southgate tröstet Jadon Sancho nach der Niederlage im Elfmeterschießen.

Englands Trainer Gareth Southgate tröstet Jadon Sancho nach der Niederlage im Elfmeterschießen. © dpa

Gareth Southgate ging sofort zum untröstlichen Bukayo Saka. Der 19-Jährige kämpfte nach seinem entscheidenden Fehlschuss im Elfmeter-Drama von Wembley im Arm seines Trainers lange mit den Tränen. „Natürlich ist es herzzerreißend für die Spieler“, sagte Southgate spät am Abend, nachdem der englische Traum vom ersten großen Fußball-Titel seit 55 Jahren durch das 2:3 im Elfmeterschießen gegen Italien auf bitterste Art und Weise geendet war. „Es ist nicht ihre Schuld“, betonte Southgate.

Rassistische Beleidigungen auch gegen Noch-BVB-Profi Jadon Sancho

Viele enttäuschte Idioten sahen das offenbar anders und beleidigten den Profi des FC Arsenal im Internet rassistisch. Auch der Noch-Dortmunder Jadon Sancho (21) und Marcus Rashford (23), die beide allein für das Elfmeterschießen eingewechselt worden waren und dann ebenfalls nicht trafen, wurden Zielscheibe von üblen Kommentaren. Die FA reagierte in der Nacht mit einer Stellungnahme. „Wir könnten nicht deutlicher machen, dass jeder, der hinter solch widerlichem Verhalten steckt, als Anhänger unseres Teams nicht willkommen ist. Wir werden tun, was wir können, um die betroffenen Spieler zu unterstützen und drängen zugleich auf die härtest möglichen Strafen für jeden, der verantwortlich ist“, hieß es.

Alle drei waren schon unmittelbar nach der Entscheidung kaum aufzurichten. „Niemand ist auf sich alleine gestellt. Wir gewinnen und verlieren als Team“, sagte Southgate, der die Schuld auf sich nahm: „Das ist meine Entscheidung, nicht die der Spieler. Wir haben die besten Schützen ausgewählt, die auf dem Feld standen.“ Er, sagte der 50-Jährige, sei der, dem die Schuld zu geben sei.

Fast 21 Millionen Zuschauer sehen EM-Finale

  • Das Finale der Fußball-EM haben am Sonntagabend 20,9 Millionen Zuschauer im ZDF gesehen. Das teilte die AGF Videoforschung am Montag mit.
  • Den Angaben zufolge entspricht das einem Marktanteil von 64,4 Prozent für das ZDF.
  • Die Höchstwerte bei dieser EM hatte es bei den Spielen der DFB-Elf gegeben: Das Spiel Deutschland gegen Frankreich hatten 22,56 Millionen Zuschauer gesehen. Die Niederlage der Nationalmannschaft gegen England hatte 20,1 Millionen Zuschauer.
  • Bei den vergangenen großen Fußballturnieren war das Interesse des TV-Publikums in Deutschland größer. Die Spiele der deutschen Nationalmannschaft bei der EM 2016 hatten zwischen 25,5 und 27,3 Millionen Zuschauer verfolgt.

Prinz William besucht Englands Fußballer nach dem Finale in der Kabine

In Deutschland kam die Wahl der Schützen nicht gut an. „Die Auswahl war nicht besonders glücklich von Southgate. Mich stört so ein bisschen die Balance zwischen Erfahrung und Jugendlichkeit“, sagte Ex-Nationalspieler Michael Ballack bei Magenta TV. Nach Kapitän Harry Kane (27) und Abwehrchef Harry Maguire (28), die beide trafen, hatten drei der jüngsten Engländer ihre Versuche vergeben „Sehr fahrlässig“ fand Rio-Weltmeister Per Mertesacker die Auswahl im ZDF.

In der Kabine war es still, berichtete Southgate. Der britische Prinz William, der zuvor auf der Ehrentribüne seinen Sohn George getröstet hatte, kam kurz zu den Spielern. „Er hat ihnen gedankt für ihren Einsatz“, sagte Southgate und ergänzte zur Stimmung: „Sie können sich vorstellen, wie es dort aussieht.“ Die englischen Zeitungen schwankten spät am Sonntagabend zwischen riesiger Enttäuschung und Stolz. „Unerträgliche Schmerzen - die heldenhaften Three Lions verlieren im Elfmeterschießen“, schrieb der „Mirror“. „Nicht schon wieder! Ein mutiges England verliert im herzzerreißenden EM-Finale im Elfmeterschießen gegen Italien“, meinte der „Daily Star“.

Hässliche Szenen in London und vor dem Wembley-Stadion

Im Wembley-Stadion weinten viele Fans. Zugleich bestand die Befürchtung, dass einige Anhänger ihre Wut in der Stadt oder auf dem Heimweg explodieren lassen. Schon vor dem Anpfiff hatte es in London und unmittelbar am Stadion mehrere hässliche Szenen gegeben. Zu Southgate und den Spielern drang das zunächst nicht vor. „Wir wollten ihnen noch eine Nacht schenken und die größte Party aller Zeiten“, sagte Southgate, der während des Turniers in England zum Helden geworden war.

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Vor 25 Jahren, im EM-Halbfinale ebenfalls in Wembley gegen Deutschland, war er es gewesen, der den entscheidenden Elfmeter vergeben hatte. Mit Saka konnte er deshalb wohl ganz besonderes fühlen. „Er ist ein super Junge“, sagte Southgate über den 19-Jährigen. „Er hat ein unglaubliches Turnier gespielt, er wird ein Star werden. Wir müssen da sein, um ihn zu unterstützen und ihm zu helfen. Aber ich bin sicher, er wird auch von außen eine Menge Liebe bekommen.“

Southgate lobt sein Team: „Sie haben Geschichte geschrieben“

Der Ex-Profi betonte, wie stolz er auf seine Spieler sei. „Sie haben Geschichte geschrieben, mehrere Male im Turnier“, sagte Southgate. „Sie haben alles gegeben, was sie konnten. Nicht nur heute Nacht, sondern das gesamte Turnier. Sie sollten ihren Kopf oben halten. Sie haben dem Land unglaubliche Momente beschert.“

von dpa

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