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Drei-Stufen-Plan für BVB-Talente Soumaila Coulibaly und Abdoulaye Kamara
Borussia Dotmund
Der BVB möchte Soumaila Coulibaly und Abdoulaye Kamara an die Profis heranführen. Möglich machen soll das ein dreistufiger Prozess, bei dem die beiden Franzosen bewusst an ihre Grenzen stoßen.
In vielen Fußballern steckt nicht selten auch ein Spielkind. Soumaila Coulibaly dürfte jedenfalls zu dieser Sorte Mensch zählen. Am Rande des Trainingsplatzes in Brackel liegt ein Ball. Coulibaly hat ihn erspäht, er nimmt Anlauf und tut so, als würde er mit voller Wucht schießen. Kurz vorher aber bremst er ab und lacht, weil er die wenigen Zuschauer am Spielfeldrand, auf die der Ball geflogen wäre, erfolgreich genarrt hat.
BVB setzt auf dreifache Ausbildung von Coulibaly und Kamara
Während Coulibaly in dieser Woche am Übungsbetrieb der Profis teilnimmt und dort gefordert wird, weilt Abdoulaye Kamara bei der U23. Am Mittwoch hat er bei der 0:2-Niederlage in Saarbrücken in der Startelf gestanden. Deswegen strampelt er am Donnerstag lediglich ein bisschen auf dem Ergometer, um die Muskulatur aufzulockern. So ruhig geht es für Kamara aber nicht immer zu. Ebenso wie der 18-jährige Soumaila Coulibaly steht der 17-jährige Kamara seit Juli in Diensten von Borussia Dortmund. Beide sind - wie schon vor ihnen Dan-Axel Zagadou - von Paris Saint-Germain zum BVB gewechselt, wo man die Talente gerne gehalten hätte. Sowohl Innenverteidiger Coulibaly als auch der im defensiven Mittelfeld beheimatete Kamara gelten als hochveranlagt.
Warum er sich für Dortmund entschied, gab Coulibaly im Frühjahr offen zu: „Borussia Dortmund ist eine Mannschaft, die jungen Spielern vertraut.“ Bei PSG sei dies „nicht unbedingt der Fall“. Beim BVB sollen die beiden jungen Franzosen die nächsten Entwicklungsstufen erklimmen. Um sie an die technischen wie auch physischen Anforderungen des Profifußballs heranzuführen, kommen Coulibaly und Kamara sowohl bei der U19 in der Junioren-Bundesliga als auch bei der U23 in der 3. Liga zum Einsatz. Obendrein nehmen sie immer wieder am Training der Profis von Marco Rose teil.
BVB-U23-Trainer Maaßen spricht von „bewusster Überforderung“
Drei ambitionierte Teams, dreimal spezifische Anforderungen, dazu die Sprachbarriere - die tägliche (Trainings-)Arbeit ist eine echte Herausforderung für Coulibaly und Kamara. Aber eine, die Verein und Spieler bewusst gewählt haben. „Die Jungs möchten schnellstmöglich auf höchstem Level spielen. Deswegen ist es auch wichtig, sie immer wieder zu fordern und sie auch mal bewusst zu überfordern“, sagt Enrico Maaßen.

Abdoulaye Kamara erhält Instruktionen von BVB-Cheftrainer Marco Rose. © imago / Team 2
Der Coach der BVB-U23 sieht sich auf diesem Weg bestätigt. „Bei Abdoulaye Kamara sieht man klare Fortschritte. Er ist ein sehr selbstbewusster Junge und insgesamt auf einem guten Weg“, lobt Maaßen und fügt an: „Dennoch gibt es noch eine Menge Dinge, die er in seinem jungen Alter lernen muss.“ So sucht Kamara auf der Sechserposition beispielsweise noch zu häufig den Pass in die Breite statt den in die Tiefe.
BVB-Talent Kamara stellt neuen Drittliga-Rekord auf
Doch schon jetzt blitzen seine außergewöhnlichen Fähigkeiten immer wieder auf. Zudem hat Kamara, der im BVB-Jugendhaus wohnt, bereits einen Rekord aufgestellt. Als ihn Enrico Maaßen am 13. August beim SC Freiburg II einwechselt, avanciert Kamara mit 16 Jahren und 280 Tagen zum jüngsten Drittliga-Profi aller Zeiten. In der Hinrunde peu à peu aufgebaut, soll ihm in der zweiten Saisonhälfte eine bedeutendere Rolle bei der U23 zukommen. Darüber hinaus hat Rechtsfuß Kamara auch alle sechs Partien des BVB in der Gruppenphase der Youth League absolviert. „Überall, wo Abdou auf hohem Niveau Spielpraxis sammeln kann, soll er sie sammeln“, sagt BVB-U23-Teammanager Ingo Preuß.
Schwieriger verläuft der Start in Dortmund dagegen für Soumaila Coulibaly. Er spürt zunächst noch die Nachwirkungen eines im Frühjahr erlittenen Kreuzbandrisses. Doch Ende Oktober gibt auch er beim Auswärtsspiel bei Viktoria Berlin sein Drittliga-Debüt für die U23 der Borussia. Nur wenige Tage später steht der 18-Jährige auch in der Youth League gegen Ajax Amsterdam bei der BVB-U19 von Beginn an auf dem Platz. „Er ist ein richtiger Kerl“, schwärmt U19-Trainer Mike Tullberg angesichts der Präsenz, die Coulibaly mit 1,91 Meter als Abwehrspieler verkörpert.
Soumaila Coulibaly als Prototyp des modernen Innenverteidigers
Coulibaly aber verfügt über weit mehr als bloße Physis. Bei seinen Auftritten überzeugt er mit einem schnellen Antritt, viel Übersicht und einer ordentlichen Portion Spielintelligenz. Tullberg bescheinigt ihm obendrein noch Integrität: „Soumi ist charakterlich ein hervorragender Junge. Ich glaube, der Verein wird noch viel Freude an ihm haben.“

Sichtlich Spaß beim BVB-Training hat Soumaila Coulibaly, auch wenn in diesem Fall Axel Witsel am Ball ist. © imago / Revierfoto
Sieben Einsätze, drei davon über die vollen 90 Minuten, hat Coulibaly bereits in der U23 absolviert. Weitere dürften zeitnah folgen. Auch bei der Verständigung machen Coulibaly und Kamara deutliche Fortschritte. Der regelmäßige Deutschunterricht fruchtet. Bei Borussia Dortmund sind sie jedenfalls zufrieden, wie sich die beiden jungen Franzosen seit dem Sommer entwickelt haben.
BVB-Sportdirektor Michael Zorc gibt den Talenten Zeit
„Abdoulaye Kamara war vorab nicht für die Profimannschaft eingeplant. Er wird über die Jugend und teilweise über die U23 herangeführt. Soumaila Coulibaly hat der Kreuzbandriss vor etwa einem Jahr in seiner Entwicklung natürlich ausgebremst und zurückgeworfen. Es ist schön, dass er jetzt wieder regelmäßig auf dem Platz steht und in der U23 Spielpraxis bekommt. Im Training sind beide häufiger bei den Profis dabei. Wir machen ihnen aber keinen Druck. Beide bekommen die Zeit, die sie benötigen“, sagt BVB-Sportdirektor Michael Zorc im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten.
Beim BVB setzen sie darauf, dass ihre hochveranlagten Spielkinder künftig nicht nur die Zuschauer abseits des Rasens, sondern auch die Gegner auf dem Grün zum Narren halten.
Cedric Gebhardt, Jahrgang 1985, hat Germanistik und Politikwissenschaft an der Ruhr-Uni Bochum studiert. Lebt aber lieber nach dem Motto: „Probieren geht über Studieren.“ Interessiert sich für Sport – und insbesondere die Menschen, die ihn betreiben. Liebt Wortspiele über alles und kann mit Worten definitiv besser jonglieren als mit dem Ball. Schickt deshalb gerne humorige Steilpässe in die Spitze.
