Diese Leistung hätte man dem BVB vor wenigen Wochen kaum zugetraut

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Diese Leistung hätte man dem BVB vor wenigen Wochen kaum zugetraut

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Der BVB genießt nach dem 2:2 gegen Sevilla den hart erkämpften Einzug ins Viertelfinale der Champions League und zeigt dabei eine Qualität, die man dieser Mannschaft bislang kaum attestiert hatte.

Dortmund

, 10.03.2021, 19:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Ganze 97 Minuten auf dem Feld und später noch im Kabinentrakt verteidigten die Borussen ihren hart erkämpften Sieg im K.o.-Duell. Rudelbildung hier, Rudelbildung dort - auch ohne 65.000 Zuschauer, die für eine explosive Stimmung an einem denkwürdigen Abend gesorgt hätten, steckten Zoff und Zunder in der Partie, die von „Trash Talk“, Zweikämpfen voller Leidenschaft und Biss dominiert wurde.

BVB-Trainer Edin Terzic findet den heißen Fight „ziemlich cool“

Schön war aus BVB-Sicht vor allem das Ergebnis - nach dem 3:2 im Hinspiel reichte am Dienstagabend im Rückspiel das 2:2. Trainer Edin Terzic fand dies nach dem heißen Fight „ziemlich cool“. Zu mehr als Wortgefechten kam es in der aufgeheizten Atmosphäre glücklicherweise nicht, und es steckt auch eine beachtenswerte Aussage darin, dass die Schwarzgelben diesmal nicht zurücksteckten. Nicht körperlich. Nicht emotional. Nicht mental. Den Einzug ins Viertelfinale der Champions League verdiente sich die Mannschaft mit einer kämpferischen Leistung, die ihr selbst vereinsintern vor wenigen Wochen nicht zugetraut worden wäre.

„Als Kind habe ich mir gewünscht, dass ich mit Fußball alt werde. So langsam befürchte ich, dass ich wegen Fußball alt werde“, gab der euphorisierte Terzic ein Bonmot zum Besten. Er hatte zuvor die Hände fest hinter dem Nacken verschränkt, als er die bangen Schlussminuten mehr auf als neben der Seitenlinie verfolgte, gefühlt muss er tausend Tode gestorben sein, als die fußballerisch und mental beeindruckenden Spanier trotz des 0:2-Rückstands nicht aufsteckten und fast noch die Verlängerung erzwangen. Als der für alle Seiten undurchschaubare Schiedsrichter Cüneyt Cakir endlich zum letzten Mal in seine Pfeife blies, schrie der Coach am lautesten.

BVB-Sportdirektor Zorc: „Wir haben entschlossen verteidigt“

„Ich bin jedem Einzelnen dankbar und, noch viel wichtiger, total stolz auf diese Leistung, die wir gezeigt haben“, sagte Terzic. Diese Hektik, die sich in der Nachspielzeit wie in einem echten Thriller zuspitzte, gehöre halt dazu: „Das sind die K.-o.-Spiele, da gibt es am Ende keine Regeln mehr. Die einzige Regel ist Weiterkommen, das haben wir geschafft und sind extrem glücklich.“ Mit weit ausgebreiteten Armen schrie der 38-Jährige seine Freude ausgelassen in den Dortmunder Nachthimmel.

Wenn es mit spielerischen Mitteln nicht reiche, werde es schwer für den BVB, Spiele zu gewinnen - Argumente für diesen Vorwurf hat Borussia Dortmund in der jüngeren Vergangenheit viele geliefert, und in der Nacht zu Mittwoch ein fulminantes Gegenbeispiel. 52 eroberte Bälle, 28 Klärungsaktionen, auch 17 Fouls gehörten zum schwarzgelben Arbeitsnachweis, der schwer nach Schweiß und Adrenalin roch. Nicht in allen Phasen spielte Dortmund guten Fußball. „Ich hätte mir in der ein oder anderen Phase gewünscht, dass wir konzentrierter nach vorne spielen“, gab auch Sportdirektor Michael Zorc am Tag nach dem Weiterkommen im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten zu. Sevillas Druckphase bereitete der Dortmunder Bank durchaus Kopfschmerzen. „Aber wir haben entschlossen verteidigt und wenig zugelassen.“

BVB-Boss Watzke: „Ein außergewöhnlicher Erfolg“

Die Mannschaft gab immer Vollgas. „Wir wollten nicht nur verteidigen, sondern auch aktiv bleiben und Tore schießen“, erklärte der unermüdliche Thomas Delaney schmunzelnd, „das hat nicht ganz nach Plan funktioniert.“ Aber das sei „kurz nach dem Abpfiff schon vergessen“, schließlich sei es „lange her“, dass der BVB im Viertelfinale stand. Vier Jahre, um exakt zu sein.

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„Das ist für Borussia Dortmund keine Selbstverständlichkeit, sportlich etwas Besonderes und wirtschaftlich natürlich hilfreich“, sagte auch Zorc. Und BVB-Boss Hans-Joachim Watzke erklärte: „Für unser Image und unsere Visitenkarte im internationalen Fußball ist das ein außergewöhnlicher Erfolg.“ Bei aller Freude über die finanziellen Annehmlichkeiten des Viertelfinals überwiege daher schon ganz klar die Freude, meinte Watzke, „dass wir endlich mal wieder zu den acht besten Mannschaften in Europa zählen“.

BVB-Blick richtet sich nun wieder auf die Bundesliga

Trotz allen Jubels richtete der BVB den Blick am Mittwoch schnell nach vorn. Über allem stehe schließlich, mahnte Watzke an, „dass wir uns in der Bundesliga wieder für die Champions League qualifizieren“. Zorc stufte das Viertelfinale als „noch weit weg“ ein. „Ich erwarte, dass wir Selbstvertrauen mitnehmen, die Champions League aber ansonsten zur Seite schieben. Unsere volle Konzentration muss auf der Bundesliga liegen, da sind wir in der Pflicht.“ Am Samstag geht es in der Liga gegen Hertha BSC darum, auch im nächsten Jahr auf der schillerndsten Bühne mitzuspielen. „Dazu“, so Lizenzspieler-Leiter Sebastian Kehl, „brauchen wir dieselbe Schärfe in unserem Spiel wie gegen Sevilla.“