Wenn es funktioniert, so wie bei Pascal Groß, ist die Arbeit eines Trainers auf dem Papier ganz simpel. „Ich lasse ihn da spielen, wo er stark ist“, hat Niko Kovac nach einem nächsten sehr prägenden Spiel seines laufstarken Achters beim 3:2 gegen Mönchengladbach am Ostersonntag lapidar erklärt. „Und wenn ein Spieler Vertrauen spürt, hilft ihm das.“
BVB-Profi Groß mit mehr Freiheiten
So einfach war es in der Realität nun aber nicht. Wie etliche andere auch im Team von Borussia Dortmund machte der aus England geholte Nationalspieler im Winter ein veritables Formtief durch. In acht aufeinanderfolgenden Partien, nur durch eine Rotsperre und die kurze Winterpause unterbrochenen, bekam Groß für seine Leistungen keine bessere RN-Note als die 4,0. Ausreichend oder schlechter, das reichte dem 33-Jährigen natürlich nicht, dafür ist er viel zu ehrgeizig. Und als Kovac dem Dauerläufer durch eine taktische Umstellung mehr Freiheiten nach vorne gab, ging es sofort wieder bergauf.
Die Zeit, in der er wegen der hohen Zahl an Verletzten auf dem Feld als Lückenschließer benötigt wurde, war endlich vorbei. Vier Assists gegen Union Berlin dokumentierten den deutlich gestiegenen Wohlfühlfaktor auf dem Rasen – danach war der nun auf dem Feld offensiver platzierte Groß nicht mehr wiederzuerkennen.
Nun hat Groß eine unfreiwillige Pause vor sich. Er zog sich im Gladbach-Spiel eine „leichte Knieverletzung“ zu, wie der BVB am Dienstagmittag mitteilte. Diese freilich soll eine Zwangspause von nur wenigen Tagen zur Folge haben. Keine Chance für das wichtige Auswärtsspiel bei der TSG Hoffenheim am Wochenende, aber zum Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg soll der Routinier wieder einsatzbereit sein.

Dennoch gilt: kleine Verletzung, große Auswirkungen. Denn mit seiner klaren Formsteigerung in den vergangenen sechs Wochen lebt Groß auch seinen Führungsanspruch in der Dortmunder Mannschaft deutlich sichtbarer aus, er dirigiert, korrigiert und leitet an. Geschah dies in der Hinrunde noch oftmals im Verborgenen, weil Pascal Groß ein eher höflicher und stiller Vertreter und kein Lautsprecher wie ein Granit Xhaka oder gar einst ein Stefan Effenberg ist, nimmt der 33-Jährige mittlerweile auf dem Feld eine auch sichtbar aktivere Rolle ein.
Welche BVB-Alternativen gibt es?
Groß zu ersetzen, ist angesichts eines nach seiner Einwechslung am Sonntag sofort sehr präsenten Carney Chukwuemeka vordergründig keine unlösbare Aufgabe. Doch die Chelsea-Leihgabe ist auch weiterhin noch etliche Prozentpunkte von der gewünschten Wettkampfhärte entfernt. Man sah gegen Ende des Gladbach-Spiels, an dem er erst seit der 35. Minute teilgenommen hatte, wie ihm die Körner ausgingen, auch mehr als zwei Monate nach seiner Verpflichtung reicht es beim 21-Jährigen für maximal 60 Minuten.
Dass man mit Chukwuemeka aufgrund seiner Vorgeschichte mit sehr wenig Training und noch weniger Spielen in den vergangenen 15 Monaten auch weiterhin sehr vorsichtig und pfleglich umgehen müsse, sei ärgerlich, gestand Kovac. Pascal Groß ist sozusagen der Gegenentwurf. Mit einer ähnlichen Spielintelligenz ausgestattet, war Groß quasi nie verletzt und damit ein Dortmunder Dauerbrenner mit den zweitmeisten Spielminuten in der Liga hinter Serhou Guirassy, unter Kovac in allen zehn Liga-Partien und fünf der sechs Spiele in der Champions League in der Startelf. Nur in Barcelona fehlte er wegen einer Gelbsperre.
Neben Chuckwuemeka wäre Salih Özcan die deutlich defensivere Alternative als Groß-Ersatz. Nach den sehr ordentlichen Auftritten der Abwehrkette in den Partien gegen Barcelona und Gladbach hat Kovac zudem keinen Grund, die dort aufgebotene Dreier-Formation zu ändern. Der nach leichten muskulären Problemen schon gegen Gladbach wieder eingewechselte Emre Can stünde damit als weitere Alternative auch fürs defensive Mittelfeld zur Verfügung.
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