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Der BVB und sein neues Wunderkind – große Pläne mit Gio Reyna
Borussia Dortmund
Gio Reyna ist der Gewinner der BVB-Rückrunde. Offiziell steht er bis 2021 bei Borussia Dortmund unter Vertrag, inoffiziell länger – der BVB will dennoch schnellstmöglich mit ihm verlängern.
Michael Zorc steht nicht unbedingt im Verdacht, eine besondere Vorliebe für öffentliche Schwärmerei zu besitzen. Der Dortmunder Sportdirektor hält es eher mit der Sachlichkeit, gerade in der Öffentlichkeit. Bei Gio Reyna, den laut eigener Aussage nur dessen Großmutter noch Giovanni nennt, bricht Zorc in letzter Zeit allerdings auffallend regelmäßig mit seinen Gewohnheiten. Das war schon am vergangenen Wochenende so.
Reyna hatte beim 2:0-Sieg des BVB in Leipzig sein Startelf-Debüt für Borussia Dortmund gefeiert, und Zorc fand, der junge US-Amerikaner habe ein „Super-Spiel“ gemacht und seine Vorarbeit zum 1:0 sei „einfach großartig“ gewesen.
Reyna beim BVB: Zorc legt mit Lob nach
Am Donnerstag nun legte Zorc noch einmal nach. Reynas Entwicklung in den vergangenen zwölf Monaten sei „eine absolute Erfolgsgeschichte“. Er und Trainer Lucien Favre seien sich „sehr einig“, was die Perspektive des offensiven Mittelfeldspielers betreffe. „Wir glauben, dass er eine sehr gute und große Zukunft vor sich hat.“
Die große Zukunft soll in Dortmund liegen, die Weichen dafür sind längst gestellt. Offiziell läuft Reynas Vertrag beim BVB am 30. Juni 2021 aus. In Wahrheit aber herrscht bereits jetzt Klarheit darüber, dass Reyna länger für Borussia Dortmund spielen wird, auch wenn Zorc das nicht bestätigen kann und will. Ein Anschlussvertrag ist längst ausgehandelt, es greift ein sogenanntes „3+2-Modell“. Der Kicker hatte bereits im Mai darüber berichtet.
Reyna und der BVB – Vertrag ist speziell
Hintergrund ist, dass Reyna, der zwar erst im Sommer 2019 von der Fußballakademie des New York City Football Club nach Dortmund kam, aber nach Informationen der Ruhr Nachrichten bereits seit seinem 16. Geburtstag am 13. November 2018 beim BVB unter Vertrag steht, als minderjähriger Spieler damals maximal einen Vertrag über drei Jahre unterzeichnen durfte, sich darüber hinaus allerdings auf einen Anschlussvertrag über zwei weitere Jahre bis 2023 verständigte. Es ist ein handelsüblicher Trick im Kampf um die besten Talente – und er greift offiziell natürlich erst, sobald Reyna volljährig ist. Bei Jadon Sancho verhielt es sich nach seinem Wechsel von Manchester City zum BVB im Jahr 2017 ganz ähnlich.
Doch ein Anschlussvertrag ist in der schnellen und verrückten Welt des Fußballs nicht genug, zumindest nicht, wenn sich ein Verein so viel von einem jungen Spieler verspricht wie Borussia Dortmund von Gio Reyna. Der BVB will mit dem 17-jährigen Supertalent, das erst seit dem vergangenen Winter fest zu Favres Profikader gehört, aber schon auf 17 Pflichtspiel-Einsätze kommt, so früh und so lange wie irgendwie möglich verlängern. Zu verbesserten Bezügen freilich, dafür aber mindestens bis 2024, gerne auch noch ein Jahr länger.
BVB-Sportdirektor Zorc führt Gespräche mit Reyna
Es war also kein Zufall, dass Zorc am Donnerstag verkündete: „Gio ist ja noch minderjährig, aber wir sind in sehr guten Gesprächen mit ihm, dass wir ihn, wenn er denn dann 18 wird (13. November 2020, Anm. der Red.), so lange wie möglich an den BVB binden.“ Gio wisse, sagte Zorc, welche rasante Entwicklung er in Dortmund genommen habe, erst in der Jugendabteilung, dann unter Favre. Es sei die bereits erwähnte „absolute Erfolgsgeschichte“ – und die „werden wir weiter fortsetzen“.
Für Zorcs Verhältnisse war diese Ansage auf einer Pressekonferenz ungewohnt deutlich. Die größten Klubs dieser Welt dürfen offenkundig gerne wissen, dass der Borussia Dortmund in der Personalie Reyna mehr als rechtzeitig seine Hausaufgaben erledigt hat.
Reyna findet beim BVB seinen Spielplatz
Und tatsächlich scheint Reyna in Dortmund aktuell den perfekten Spielplatz vorzufinden, um seine persönliche Entwicklung bestmöglich voranzutreiben. Im März sagte er im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten, seinem ersten großen Interview in Deutschland, beim BVB gebe es „alles, was ich mir erhoffen konnte“. Borussia Dortmund sei eine großartige und perfekte Wahl für ihn. „Es hat sich bis jetzt alles bestätigt.“ Der Trainer vertraue ihm, „dafür bin ich sehr dankbar“.
Wahrscheinlich ist es mehr als nur Vertrauen, dass Favre dem angehenden US-Nationalspieler entgegenbringt, wenn er sagt: „Gio bewegt sich sehr, sehr gut. Er ist ein Riesen-Riesen-Talent. Er ist erst 17 Jahre alt, aber er kann fast alles machen. Ich freue mich, mit ihm zu arbeiten. Er versteht Fußball, offensiv und defensiv. Er ist sehr clever für sein Alter. Er läuft richtig, er verteidigt richtig. Was er mitbringt, ist fantastisch.“ Es klingt eher nach Bewunderung.
Reyna soll den nächsten Schritt beim BVB gehen
In der kommenden Saison soll Reyna, Sohn des früheren Bundesliga-Profis Claudio Reyna, unter Favre den nächsten Schritt hin zum Stammspieler gehen. Der Teenager traut ihn sich durchaus zu. „Ich bin ein ziemlich selbstbewusster Junge“, sagte er im März. „Ich fühle mich bereit für diese Herausforderung“. Und dann stellte er noch eine Frage: „Wie viele 17-Jährige bekommen bei Borussia Dortmund schon Spielzeit bei den Profis?“
Die Antwort darauf kennt Reyna freilich: Nicht viele – es sei denn, sie sind außergewöhnlich gute und talentierte Fußballer.
Tobias Jöhren, Jahrgang 1986, hat an der Deutschen Sporthochschule in Köln studiert. Seit 2013 ist er Mitglied der Sportredaktion von Lensing Media – und findet trotz seines Berufes, dass Fußball nur die schönste Nebensache der Welt ist.
