Als der VfL Wolfsburg im Mai in Dortmund mit 0:6 unter die Räder kam, war die Leistung der Niedersachsen spielerisch ähnlich dürftig. Ein Debakel wie vor viereinhalb Monaten drohte den Wölfen am Samstag jedoch nicht. Sie verteidigten das eigene Tor deutlich besser, dazu ist Borussia Dortmund aktuell, wie auch Trainer Edin Terzic vor dem Spiel erklärte, von der Leichtigkeit in der Endphase der vergangenen Saison ein gutes Stück entfernt. „Und die kommt nicht auf Knopfdruck.“ Das war auch am Samstag zu erkennen. So benötigte der BVB für einen Sieg, der am Ende glanzlos, aber immerhin verdient herausgespielt wurde, reichlich Geduld. Das einzige Tor des Tages entsprang einer der wenigen zielführenden Kombinationen.
BVB über weite Strecken ungefährlich
Terzic hob anschließend die geduldige Spielweise seiner Elf ausdrücklich hervor. Und es war ihm wichtig, auf die seiner Meinung nach erkennbare Steigerung und weitere positive Aspekte des Dortmunder Auftritts hinzuweisen. „Kontrolle von Anfang an“ hatte er gesehen, damit lag Terzic richtig. Vor allem verlor seine Mannschaft sie nicht im Laufe der 90 Minuten, wie das in einigen Partien zuvor passiert war.
Die Frage war daher nicht, ob am Ende ein Glückstreffer der Gäste nicht sogar noch für eine bittere Niederlage hätte sorgen können. Sie war aber gleichwohl, ob der über weite Strecken zu ungefährliche BVB einmal so klar vor das Wolfsburger Tor kommen würde, wie das dann beim Reus-Treffer in der 69. Minute der Fall war. Kurz zuvor war Julian Brandt aussichtsreich zum Abschluss gekommen, es war die kurze Phase im Spiel, in der Dortmund am klarsten auf das Siegtor drängte. Viel zu lange angesichts der schwachen Darbietung der Gäste stand das 0:0 auf der Anzeigetafel.
Zu geringes BVB-Spieltempo
Bei allem Terzic-Lob: Die Borussia spielte auch am Samstag erkennbar unterhalb ihres Leistungslimits. Wenn die Rückrunde der vergangenen Spielzeit der Maßstab sein soll, was im Klub die einhellige Meinung zum Saisonstart war, fehlt bis dahin noch eine Menge. BVB-Fußball blitzt aktuell allenfalls sporadisch auf.
Vielleicht darf man das in der aktuellen Verfassung der Mannschaft auch nicht erwarten. Das Spieltempo ist weiterhin zu niedrig, dadurch gelang es auch den Wolfsburgern, sich immer wieder defensiv zu formieren und die eigenen Reihen zu schließen. Wie hingegen sofort Lücken entstehen, wenn man den Ball schnell und schnörkellos zirkulieren lässt, dafür lieferte der Reus-Siegtreffer einen eindrucksvollen Beleg. Auch die Eins-gegen-Eins-Situationen, die Jamie Bynoe-Gittens permanent provozierte, stellten die Gäste vor Aufgaben.
BVB muss mit mehr Zielstrebigkeit zeigen
Dass Terzic nach dem Spiel von der „vielleicht bislang besten Leistung“ in dieser Spielzeit sprach, dieser Wertung konnte nicht jeder folgen. Die Sichtweise kann man ihm freilich nicht verdenken. Terzic will Positivität ausstrahlen, auch wenn es nur mit kleinen Schritten vorangeht. Dazu stellen sich Trainer gern schützend vor ihre Mannschaft, wenn der öffentliche Druck so spürbar war wie in Dortmund. Der Trainer wird aber wissen, dass größere Sprünge folgen müssen. Im Herbst stehen für die Borussia noch sämtliche Spiele gegen die Konkurrenten um die Champions-League-Plätze an, dann geht auch die Königsklasse in ihre heiße Phase.
Pfiffe wie nach dem 2:2 gegen Heidenheim gab es am Samstag nicht, der ungeschminkte und erarbeitete Sieg reichte den Anhängern. Niederlagen und schlechte Spiele, meinte Ex-Kapitän Marco Reus, angesprochen auf die angespannte Stimmung, seien im Signal Iduna Park nicht gern gesehen, wenig produktives Ballgeschiebe ist es ebenso wenig. Die Erfolge der Vergangenheit, die oft mit spektakulärem Fußball einhergingen, mögen das Anspruchsdenken auf den Tribünen in die Höhe getrieben haben – etwas mehr Zielstrebigkeit, zumal gegen einen so schwachen Gegner, muss aber das Ziel sein.
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