Wie auch immer diese aberwitzige Fußballsaison für den Ballspielverein Borussia 09 aus Dortmund in vier Wochen endet, das Drehbuch der Spielzeit dürfte sich an dramatischen Wendungen kaum noch steigern lassen. Im Wochenrhythmus hüpft die Stimmungslage mit trampolinartigen Ausschlägen vom Keller in den Himmel und zurück, selbst die emotional vorgeprägten BVB-Anhänger schwimmen in einem Wechselbad der Gefühle. Am Wochenende fielen die Gedanken nach dem tragischen Freitagabend in Bochum grauer aus, als es das Ruhrgebiet jemals war.
BVB-Chancenwucher in Bochum
„Dieses Unentschieden ist ein Rückschlag“, gab Gregor Kobel nach dem 1:1 in Bochum zu. Wie alle Borussen haderte er mit dem schwachen Schiedsrichterteam um Sascha Stegemann. „Wahnsinn!“, meinte der Torhüter, als er die Szene des nicht gegebenen Strafstoßes nach Foul an Karim Adeyemi in der Wiederholung sah. Doch in der Fehleranalyse tauchte noch ein weiterer Punkt auf: schwarzgelber Chancenwucher, reloaded!
Unvermögen lässt sich schwer gewichten und nach dem Revierderby kanalisierte sich der Ärger in Richtung des Unparteiischen. Im Netz verbreiteten sich sogar Verschwörungstheorien – der Video Assistant Referee Robert Hartmann soll einmal ein Bayern-Trikot als Geschenk in Empfang genommen haben. Viel verständlicher sind die grundsätzlichen Zweifel, ob sich Fußball-Deutschland aufgrund der seit Jahren schlechten Leistungen der Schiedsrichtergilde und der der willkürlichen Nutzung der technischen VAR-Möglichkeiten bei den aktuellen Regelhütern noch gut aufgehoben fühlt.
BVB-Trainer Terzic spricht von „einmaliger Chance“
Edin Terzic fühlte sich in Bochum jedenfalls betrogen. Fehlentscheidungen, nur ein Punkt statt möglicher drei Zähler, dazu das flaue Wabern in der Magengrube, dass es vielleicht nicht reichen könnte für den Titel: „Es ist für uns eine einmalige Chance, es ist vielleicht für mich eine einmalige Chance in meinem Leben, so nah an die Meisterschale zu kommen“, sagte der 40-jährige Cheftrainer mit belegter Stimme. „Und dann gibt es solche Entscheidungen, wo so viel auf dem Spiel steht …“
Rückschläge hat der BVB in dieser Saison fast so viele erlebt wie unnötige Punktverluste. Aktuell drückt der Schuh wieder mal bei den Gastspielen. Drei Remis bei den Kellerkindern Schalke, Stuttgart und Bochum – ist das dann zu wenig für Platz eins? „Überall, wo man Punkte liegenlässt, kann man nachher mit dem Finger drauf zeigen“, sagte Kobel, der wie einige Teamkollegen neben der angebrachten Kritik am Schiedsrichter auch die eigenen Unzulänglichkeiten in der Fehleranalyse hervorhob. „Es war ja nicht nur diese Elfmeterszene“, sagte der 25-Jährige, „wir hatten ja genug Chancen, noch zu treffen.“
Der BVB zwischen Frust und Trotz
Doch anders als in den bisherigen Spielen in 2023, als der BVB laut „xGoals“ 14 Treffer mehr als erwartbar erzielt hatte, gelang in Bochum nur ein mickriges Törchen. Bei rund 20 potenziell gefährlichen Torschüssen reicht das kaum aus. „Wir waren einfach nicht effizient genug“, sagte Jude Bellingham, der selbst vier gute Gelegenheiten auf dem Fuß und in letzter Sekunde auch auf dem Kopf hatte. „Wir müssen die Spiele entscheiden, wenn wir so viele große Chancen haben. Das haben wir wieder nicht geschafft.“

Aufgeben sei aber keine Option, meint Bellingham. So schwer es manchen nach dem Revierderby auch fallen mag, an den nächsten Wendepunkt der Saison zu glauben, der junge Engländer hat mehrfach betont: „Die Lage ändert sich so schnell.“ In einer Mischung aus Frust und Trotz zeigte Terzic den Fans im Ruhrstadion vier Finger. Soll heißen: Es sind noch vier Spiele. Und wie nach jedem Wochenende mag man orakeln: Es ist alles möglich.
BVB am nächsten Sonntag gegen Wolfsburg
Bis zum Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg am kommenden Sonntag (17.30 Uhr) – der FC Bayern ist knapp 24 Stunden zuvor bei Werder Bremen gefordert – bleibt dem BVB viel Zeit, den neuerlichen Rückschlag zu verdauen. Nach dem Auslaufen am Samstagvormittag verabschiedeten sich die Spieler ins lange Wochenende. Erst am Dienstag steht die nächste Einheit auf dem Programm. Die wenigen Fans in Brackel durften sich immerhin über Autogramme und Selfies von Karim Adeyemi und Youssoufa Moukoko freuen. Parallel dazu trafen sich Sportdirektor Sebastian Kehl und das Trainerteam um Edin Terzic zur Bestandsaufnahme nach dem 30. Spieltag.
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