Daniel Farke: "Ich habe einen Traumjob"
BVB-II-Trainer im Interview
Seit über einem Jahr ist Daniel Farke Trainer des BVB II. Seine Bilanz in der Regionalliga West liest sich herausragend. 2,10 Punkte holte er im Schnitt, von 41 Spielen verlor er nur drei und gewann 24. Im Interview spricht der 40-jährige Ostwestfale über die Gründe für den Erfolg des BVB II und seinen im Sommer auslaufenden Vertrag.

"Der Fokus liegt bei uns primär auf der Entwicklung der Spieler und nicht auf der Tabelle", sagt BVB-II-Daniel Farke über den Meisterschaftskampf in der Regionalliga West.
Wie zufrieden ist Daniel Farke, wenn er auf das Fußballjahr 2016 zurückblickt?
Total zufrieden. Zum einen, weil ich mal ein bisschen Urlaub habe und die Weihnachtstage mit meiner Familie genießen kann, zum anderen, weil wir als Mannschaft auf ein sehr gutes Jahr 2016 zurückblicken können. Die Rückrunde in der vergangenen Saison war schon außergewöhnlich gut. Und die Hinrunde in dieser Saison war vor allem was die Konstanz betrifft beeindruckend.
Wie leer ist der Akku am Ende des Jahres?
Es geht schon, alles gut (lacht). Natürlich ist es alles einfacher, wenn die Mannschaft so erfolgreich ist. Wir hatten keinen negativen Stress, mussten eigentlich keine Rückschläge verdauen. Trotzdem freue ich mich sehr, auch mal ein bisschen durchatmen zu können. Als Trainer kannst du dich nicht wie die Spieler auch mal ein oder zwei Tage über einen Sieg freuen, sondern du denkst eigentlich ab dem Schlusspfiff nur noch an das nächste Spiel. Du denkst an den kommenden Gegner, du denkst an die Spieler, die nicht so viel gespielt haben und vielleicht ein bisschen unzufrieden sind. Die Zeit des Genießens, die ich als Spieler hatte, habe ich als Trainer nicht. Da tun ein paar Tage Urlaub richtig gut.
Sind Sie überrascht, dass der neu zusammengestellte und junge Kader so schnell und so beständig gute Leistungen abgerufen hat?
Überrascht ist vielleicht das falsche Wort, weil wir im Trainerteam natürlich konkrete Vorstellungen hatten, wie es gelingen kann, gerade die jungen Spieler an den Seniorenbereich heranzuführen. Dennoch konnte man nicht erwarten, dass es so reibungslos und schnell klappen würde. Insbesondere die Konstanz, die wir gezeigt haben, ist nicht selbstverständlich. Da kann man die Mannschaft gar nicht genug loben. Mein Trainerteam und ich sind den Jungs wirklich sehr dankbar, wie sie ihre Aufgaben annehmen und mit welcher Geisteshaltung sie ihrem Beruf nachgehen.
Die Konstanz der Mannschaft hat dazu geführt, dass Sie und Ihre Mannschaft in der Liga als einziges Team noch ungeschlagen sind. Das geht nicht nur mit guter Geisteshaltung. Wo liegen die Gründe für den Erfolg?
In der Kaderzusammenstellung ist uns eine Menge gelungen. Die Typen in der Mannschaft passen extrem gut zusammen. Ich glaube, dass das Potenzial meiner Spieler für den Fußball, den wir spielen wollen, sehr hoch ist. Außerdem haben die Jungs einen sehr ausgeprägten Teamgeist entwickelt. Die Eigenmotivation jedes Einzelnen ist unheimlich hoch, sowohl was die eigene Leistung angeht als auch die Erfolge, die wir als Gruppe erreichen können. Und dabei denke ich vor allem auch an die Spieler, die vielleicht nicht so viel Einsatzzeit bekommen haben, wie sie es sich gewünscht hätten. Das ist die Grundlage dafür, Großes zu erreichen. Deswegen gehe ich jeden Tag sehr gerne zur Arbeit.
Das klingt nach Harmonie pur.
Ist es. Trotzdem kann es auch mal emotionaler werden in der Kabine. Wir bilden jetzt nicht jeden Tag einen Stuhlkreis, um uns selber zu sagen, wie toll wir alle sind. Die Tonlage ändert sich im Laufe einer Saison immer mal wieder. Wichtig ist, dass es immer respektvoll und zielgerichtet abläuft. Und das machen die Jungs überragend.
Lesen Sie auf Seite 2, was Daniel Farke zu seinen Saisonzielen, seinem auslaufenden Vertrag und Angeboten von anderen Vereinen sagt.
Unter dem Strich stehen elf Siege und acht Unentschieden sowie Platz drei in der Tabelle bei einem Spiel weniger als die Konkurrenten Borussia Mönchengladbach II und Viktoria Köln. Der Rückstand auf die Spitze beträgt vier Punkte. Noch spricht niemand offen über die Meisterschaft. Wie lautet das Ziel für die Rückrunde?
Es gibt bei uns definitiv keine verbotenen Wörter. Ich halte auch nichts von künstlichem Understatement. Ich halte nur was von realistischen Einschätzungen. Ich habe von Beginn an gesagt: Am liebsten würde ich jedes Spiel gewinnen – und wenn du jedes Spiel gewinnst, dann wirst du auch Meister. Das ist aber nicht das, was bei einer U 23 im Vordergrund stehen darf. Wir sind in unserer Entwicklung nicht so sicher wie eine erste Mannschaft, in der alles auf den Erfolg in der Tabelle ausgelegt ist. Das ist bei uns anders. Wir haben beispielsweise Hendrik Bonmann in die erste Mannschaft abgegeben, weil sich Roman Bürki verletzt hat. Das ist auch völlig okay so, dafür sind wir da. Der Fokus liegt bei uns eben primär auf der Entwicklung der Spieler und nicht auf der Tabelle. Trotzdem wollen wir natürlich das Maximum und werden uns nicht dagegen wehren, am Ende ganz oben zu stehen.
Ihr Vertrag beim BVB läuft noch bis zum Sommer. Der Erfolg der Mannschaft und des Trainers ist auch höherklassigen Klubs nicht verborgen geblieben. Wie ist der Stand in puncto Vertragsgesprächen?
Der Stand ist erstmal so, dass ich sehr froh und dankbar bin, hier in Dortmund für diesen Klub arbeiten zu dürfen. Ich fühle mich hier pudelwohl, bin glücklich mit meiner Aufgabe und weiß es zu schätzen, dass meiner Arbeit viel Wertschätzung entgegengebracht wird. Deswegen werden wir uns zu gegebener Zeit zusammensetzen und über die Zukunft ab dem 1. Juli 2017 sprechen.
Die Winterpause wäre dafür doch prädestiniert, oder nicht?
Wir werden die Pause sicherlich nutzen, um die Köpfe mal zusammenzustecken. Ich sehe jetzt allerdings auch keinen Zeitdruck. Wenn es etwas zu verkünden gibt, dann werden wir das tun.
Die von Ihnen angesprochene Wertschätzung ist so hoch, dass der Klub in den vergangenen sechs Monaten zwei Anfragen von Zweitligist Arminia Bielefeld einen Riegel vorgeschoben hat. Beeinflusst das die Gespräche?
Nein. Überhaupt nicht. Im Fußball wird immer viel über den Trainer spekuliert. Manchmal muss man um seinen Job fürchten, manchmal wird man mit noch höheren Aufgaben in Verbindung gebracht. Mein Lebensglück hängt nicht davon ab, dass ich irgendwann mal Bundesliga-Trainer werde. Ich mache nur Dinge, von denen ich total überzeugt bin und auf die ich wirklich Bock habe. Das heißt aber nicht, dass es mich nicht auch mal reizen könnte, in der Bundesliga zu arbeiten. Ausschließen sollte man im Fußball nie irgendwas. Fakt ist aber, dass ich im Moment einen absoluten Traumjob habe. Und da ändert auch keine Spekulation und und kein kolportiertes Interesse etwas daran.
Das klingt zumindest danach, dass eine Fortsetzung der Zusammenarbeit möglich ist...
Ja. Klar.