BVB-Youngster Wätjen zwischen Debüt und Abitur „Als Kind bin ich hier eingelaufen“

BVB-Youngster Wätjen zwischen Debüt und Abitur: „Als Kind bin ich hier eingelaufen“
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Die Südtribüne sei für ihn schon als Kind etwas ganz Besonderes gewesen. Die Lautstärke, die Kraft, die Wucht, der bedingungslose Zuspruch, der von ihr ausgeht, die hat Kjell Wätjen schon als kleiner Knirps gespürt. Insofern war es nur konsequent, dass der Blick des 18-Jährigen am Samstagnachmittag vor dem Heimspiel gegen den FC Augsburg beim Betreten des Rasens als Erstes genau dorthin wanderte – nach links, zur Gelben Wand.

Wätjen gibt sein BVB-Debüt gegen Augsburg

„Als Kind bin ich hier eingelaufen, mit Marco, Schmelle und anderen Spielern. Es ist ganz schwierig, Worte zu finden. Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, bekannte Wätjen bei Sky nach seinem gelungenen Profi-Debüt für Borussia Dortmund. Der 5:1-Triumph gegen einen in allen Belangen überforderten FC Augsburg hätte kaum besser für seine Premiere gewählt sein können.

„Wir haben ihn reingeworfen und er war natürlich ein bisschen aufgeregt. Aber so, wie das Spiel gelaufen ist, wie die Mannschaft ihm geholfen hat, mit welchen Szenen er selber auch recht schnell ins Spiel gekommen ist, hat er unglaublich schnell Sicherheit gefunden. Er war an vielen Umschaltmomenten beteiligt, hat immer wieder mutig Bälle gefordert, hat sich sehr wohl gefühlt. Ich finde, mit Felix Nmecha zusammen hat das im Mittelfeld sehr gut funktioniert“, erklärte Sportdirektor Sebastian Kehl.

BVB-Trainer Terzic setzt auf XXL-Rotation

Im Rahmen seiner XXL-Rotation hatte Trainer Edin Terzic auch dem U19-Youngster, der Ende März seinen ersten Profi-Vertrag beim BVB unterschrieben hat, von Beginn an das Vertrauen geschenkt. An der Seite von Nmecha agierte Wätjen auf der Doppelsechs – und gewann zunehmend an Sicherheit. Nach gerade einmal zwei Minuten erlebte er seine erste kleine Feuertaufe, als er gegen Phillip Tietz im eigenen Strafraum den ersten Zweikampf für sich entschied. Mit zunehmendem Spielverlauf entwickelte er einen immer stärkeren Vorwärtsdrang. Wätjen fügte sich gut ein bei der – gegen zugegebenermaßen harmlose Augsburger – immer besser in Wallung kommenden Borussia.

In der 29. Minute servierte der BVB-Youngster für den durchstartenden Donyell Malen, das hätte bereits ein Assist werden können, hätte der Niederländer diese Chance genutzt. Fünf Minuten später sammelte Wätjen dann tatsächlich seinen ersten Scorerpunkt, als er den Ball mit viel Gefühl in den Lauf von Marco Reus spielte und der Ex-Kapitän zum zwischenzeitlichen 4:1 traf.

Wätjen ist lauffreudigster BVB-Spieler

Es war ein Tag, wie gemalt für den BVB und für Wätjen. „Ich habe die ganze Woche über schon positives Feedback bekommen, auch während des Spiels. Die erste Aktion, da hat man glaube ich gesehen, was das war – sehr viel Nervosität. Im Laufe des Spiels legt sich das. Da spiele ich den Ball auf Marco tief. Kurz bevor Donny den Ball bekommen hat, habe ich ihn vorher in die Tiefe laufen sehen. Den macht er auch immer im Training“, berichtete Wätjen.

11,4 Kilometer spulte der Youngster ab und war damit lauffreudigster Dortmunder, hinzu kamen 23 Sprints. „Kjell hat mir extrem gut gefallen. Er hat sehr viel Spaß gemacht, war extrem mutig. Er hat nicht eine Minute gebraucht, um im Spiel zu sein, Bälle zu fordern, enge Situationen zu lösen. Er hat das Spiel beschleunigt im Zentrum“, sagte Terzic. Dessen Vororientierung lobte der BVB-Trainer zudem ausdrücklich. „Den ersten Kontakt denkt er nach vorne“, so Terzic. Das gestattet es Wätjen, sich aus dem Gegnerdruck zu befreien und die nächste Aktion einzuleiten.

Reus ist Wätjens BVB-Vorbild

Reus, gegen Augsburg bester Dortmunder, sei immer sein Idol gewesen, verriet Wätjen später. „Als ich klein war, bin ich mit ihm eingelaufen. Im Trainingslager habe ich ihm noch die Bilder gezeigt. Er ist ein Vorbild, mit den Laufwegen, die er macht, den Pässen, die er spielt, die Räume, die er sieht“, sagte Wätjen. Wie Reus ist auch er im Verein groß geworden, seit der U10 ist Wätjen im Klub, durchlief seither alle Teams des Nachwuchsleistungszentrums. Durch seine Adern fließt schwarzgelbes Blut. An diesem Nachmittag standen beide gemeinsam für den BVB auf dem Platz. Die Ära des einen, der Vereinslegende Reus, endet in wenigen Wochen. Die Reise des anderen hat dagegen gerade erst begonnen. „Kjell hat sich sehr viel zugetraut. Ich finde, ein besseres Debüt kann man eigentlich gar nicht haben“, befand Sebastian Kehl.

Am Dienstag (21 Uhr) im Halbfinal-Rückspiel der Champions League bei Paris Saint-Germain wird Wätjen allerdings fehlen. Die Gründe dafür liegen abseits des Rasens. Wätjen absolviert gerade die letzten Abiturprüfungen. „Daran sieht man, wie jung er ist“, sagte Terzic. In Kürze erwirbt Wätjen die allgemeine Hochschulreife. Die sportliche Reifeprüfung dürfte in den kommenden Wochen und Monaten für den frisch gebackenen BVB-Profi folgen.