Nach 64 Minuten erlebte die ohnehin schon ausgelassene Stimmung im Signal Iduna Park ihren vorläufigen Höhepunkt. Nach getaner Arbeit verließ Marco Reus den Rasen. Zwei Tore vorbereitet, eins selbst erzielt. Die Bilanz der BVB-Legende beim 5:1 (4:1)-Triumph gegen den FC Augsburg konnte sich sehen lassen. Mit donnerndem Applaus und Standing Ovations verabschiedeten die BVB-Fans den 35-Jährigen, der tags zuvor seinen Abschied im Sommer bekanntgegeben hatte. Entsprechend emotional verlief die Partie für Reus, der er wie in besten Zeiten seinen Stempel aufdrückte.
BVB-Trainer Terzic wechselt komplett durch
Borussia Dortmund kam gegen den FC Augsburg zu einem ebenso ungefährdeten wie verdienten 5:1 (4:1)-Heimsieg. Die Fuggerstädter verkamen dabei zu einem Spielball der Schwarzgelben. Und das trotz einer XXL-Rotation. Edin Terzic hatte gegenüber dem 1:0-Sieg im Champions-League-Halbfinale gegen PSG sämtliche zehn Feldspieler ausgetauscht, um Kräfte für das Rückspiel am Dienstag zu sparen. Besser hätte dieser Plan angesichts einer über weite Strecken vollkommen einseitigen Begegnung kaum aufgehen können.
Youngster Kjell Wätjen gab sein Bundesliga-, Innenverteidiger Antonios Papadopoulos sein Startelf-Debüt für den BVB. Zudem spielte Mateu Morey (auf ungewohnter Position als Linksverteidiger) erstmals seit April 2021 wieder von Beginn an für den personell durcheinander gewirbelten BVB. Das mit dem Durcheinanderwirbeln beschränkte sich aber nicht nur auf die Aufstellung der Borussia. Denn genauso sollte sie auch mit ihrem bemitleidenswerten Gegner verfahren. Der in allen Belangen biedere FC Augsburg ließ Schwarzgelb gewähren, blieb förmlich auf Sicherheitsabstand. Das nutzte die Borussia, die die Räume mit viel Tempo und Esprit bespielte. Der BVB konnte sowohl im Zentrum als auch den Flügeln nahezu nach Belieben kombinieren. Das mündete bereits nach vier Minuten in der Führung.
Moukoko bringt den BVB in Führung
Felix Nmecha setzte sich gleich gegen zwei Gegenspieler durch, bediente Donyell Malen mit einem Steilpass. Nach dessen weicher Hereingabe auf Jamie Bynoe-Gittens servierte der Engländer für Marius Wolf, der aber nicht an den Ball kam. Die Kugel rutschte durch, wo sie Mads Pedersen noch abfälschte und Youssoufa Moukoko mit der Hacke für das 1:0 (4.) sorgte. Es war der früheste Saisontreffer des BVB, dem weitere folgten. Beim nächsten Versuch per Hacke nach feiner Vorarbeit durch Moukoko und Malen scheiterte Reus (9.) an Tomas Koubek. Der FCA-Torwart war auch gegen Malen (15.) zur Stelle, der zuvor von Debütant Wätjen fein in Szene gesetzt worden war. Nach einer Viertelstunde hatte Dortmund 60 Prozent Ballbesitz und eine ebenso klares Plus bei den Zweikämpfen.
Die erste Gäste-Chance kam daher einigermaßen überraschend: Den Schuss von Arne Maier (19.) fälschte Papadopoulos aber mit dem Rücken ab. Quasi im Gegenzug hieß es 2:0 (20.). Bynoe-Gittens‘ Vorstoß über links folgte lediglich mit freundlichem Augsburger Geleitschutz, seine unbedrängte Flanke vollstreckte Malen – mit 55 km/h schlug der Kopfball des Niederländers im Netz ein. Zehn Minuten später folgte auch schon der dritte Treffer: Eckball Reus, Uduokhai und Koubek behinderten sich gegenseitig, Moukoko bedankte sich mit dem 3:0 (30.). Die Gäste aber hatten eine rasche Antwort parat. Deren ersten Versuch blockte Morey noch vor der Linie, doch den zweiten von Ruben Vargas nach Maier-Zuspiel fälschte Papadopoulos ab – 1:3 (32.).
Das Stadion feiert BVB-Legende Reus
Keine zwei Minuten später war der alte Drei-Tore-Abstand wiederhergestellt. Wätjen bediente Reus – der Rest war Formsache. Der Ex-Kapitän, der tags zuvor seinen Abgang im Sommer verkündet hatte, überwand FCA-Keeper Koubek zum 4:1 (34.) und wurde vom gesamten Stadion (wie auch schon während des Aufwärmens) frenetisch gefeiert.
Mit Wiederanpfiff bröckelte die schwarzgelbe Dominanz. Die Gäste entwickelten nun etwas mehr Zielstrebigkeit. Ermedin Demirovic (52.) und Arne Maier (58.) näherten sich dem Tor an. Den Kopfball von Demirovic lenkte Kobel über die Latte (62.). Doch das zarte Aufbäumen machte Nmecha mit dem 5:1 (64.) nach Pass von Reus rasch wieder zunichte. Jetzt drückte wieder der BVB. Der kurz zuvor eingewechselte Karim Adeyemi bediente abermals Reus, dessen Schuss Koubek aber noch an die Latte lenkte (65.). Direkt im Anschluss war Reus‘ Arbeitstag beendet.
Der BVB ist bereit für Paris
Bis zu seiner Auswechslung mit 8,8 Kilometern laufstärkster Borusse, dazu drei Torbeteiligungen – Reus‘ vorletzter Auftritt vor heimischer Kulisse geriet zu einer Gala-Vorstellung. Entsprechend frenetisch feierten ihn die BVB-Anhänger auf den Rängen. Die ausgelassene Stimmung setzte sich bis zum Schlusspfiff fort. Borussia Dortmund kam im Schongang zum Sieg, geht mit breiter Brust und dem wohligen Gefühl eines ungefährdeten Kantersiegs ins Halbfinal-Rückspiel der Königsklasse am Dienstag bei Paris Saint-Germain.