
Toptalente-Trainer Otto Addo hat ein Vier-Säulen-Konzept zur individuellen Verbesserung junger Spieler entwickelt, das bei Borussia Dortmund angewendet wird. © Kirchner-Media
BVB vergrößert Toptalente-Trainerteam: Verstärkung für Otto Addo
Borussia Dortmund
Bei Borussia Dortmund drängeln sich die Toptalente. Bislang hat sich Otto Addo allein um sie gekümmert. Das ändert sich jetzt. Der BVB hat ab sofort ein Trainerteam für Toptalente und verfolgt einen klaren Plan.
Am vergangenen Freitag gegen 22 Uhr im Europa-Park-Stadion: In Freiburg ist die 77. Minute angebrochen, als Jamie Bynoe-Gittens für den BVB mit seinem ersten Bundesliga-Treffer zum 1:1 ausgleicht und damit eine furiose Wende einleitet. Der gerade volljährig gewordene Engländer unterstreicht damit seinen Status als absolutes Toptalent. Und von denen gibt es beim BVB eine ganze Reihe. Es sind inzwischen so viele, dass Otto Addo als Toptalente-Trainer nun Verstärkung erhält.
BVB-Toptalente-Trainer Otto Addo erhält doppelte Verstärkung
Ab dieser Saison liegt diese Aufgabe nicht mehr allein beim 47-Jährigen. Ihm stehen ab sofort Daniel Rios und Eren Yilmaz zur Seite. „Wir haben deutlich über 20 Junioren-Nationalspieler und wir haben eine Verpflichtung gegenüber unseren Toptalenten. Es ist schwer für Otto, alles alleine zu händeln und nachhaltig zu managen, zumal er ja auch noch bei den Profis eingesetzt ist“, sagt NLZ-Direktor Lars Ricken im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten.
Addo, Rios und Yilmaz bilden ab sofort ein dreiköpfiges Toptalente-Trainerteam. Der 42-jährige Rios war früher selbst Spieler in der U19 und U23 des BVB. Als er 1998 nach Dortmund wechselte, lernten sich Rios und Addo kennen und schätzen. Seither verbindet sie eine enge Freundschaft. Seit sieben Jahren ist Rios nun Co-Trainer der U19. Diese Rolle wird er neben seiner Tätigkeit als Toptalente-Coach weiter ausfüllen. Eren Yilmaz wiederum widmet sich voll und ganz der neuen Stelle. Der 37-Jährige absolvierte im vergangenen Jahr die Ausbildung zum Fußball-Lehrer und machte dabei auch ein Praktikum beim BVB. Er steht im intensiven Austausch mit Cheftrainer Edin Terzic und Otto Addo. Jahrelang war Yilmaz zudem Assistent von Sebastian Geppert in der U17 des BVB und später auch deren Cheftrainer, als Geppert als Co von Edin Terzic zu den Profis aufrückte. Rios kennt die Spieler aus der U19, Yilmaz die aus der U17 genau.
BVB-Boss Watzke: „Das müssen alle bei Borussia Dortmund leben“
Der BVB hat ganz bewusst zwei Trainer aus den eigenen Reihen gewählt. Weil sie verinnerlicht haben, worauf es dem Verein ankommt, weil sie die Stärken und Schwächen der Spieler kennen und weil sie die Lust und den Ehrgeiz haben, sich selbst als Trainer weiterzuentwickeln. Es gebe viele große Klubs in Europa, die ihre 16-, 17-jährigen Talente „gar nicht mehr unterkriegen“, hat Hans-Joachim Watzke bereits im Mai konstatiert. Daher müsse der BVB versuchen, den einen oder anderen von ihnen nach Dortmund zu holen und hier weiter auszubilden. „Das müssen alle beim BVB leben. Der Sportdirektor, der Trainer, das muss mit absoluter Leidenschaft gefüllt werden“, unterstrich der BVB-Boss.

Eren Yilmaz (Mitte) war in seiner Rolle als Co-Trainer der U17 vor zwei Jahren auch im BVB-Trainingslager in Bad Ragaz unter Chefcoach Lucien Favre mit dabei. © Inderlied/Kirchner-Media
Otto Addo, Daniel Rios und Eren Yilmaz erfüllen genau diese Kriterien. Als Toptalente-Trainerteam sind sie gemeinsam für Video-Analyse, Training, Feedback und Dokumentation zuständig. Otto Addo behält dabei das große Ganze im Blick. Das allein ist eine Mammutaufgabe. Bei den Profis betreut er die Jungspunde Jamie Bynoe-Gittens, Youssoufa Moukoko und Tom Rothe. Bei der U23 ist die Liste noch umfangreicher. Neben dem von Ajax Amsterdam verpflichteten Prince Aning hat er auch die letztjährigen U19-Spieler auf dem Radar.
Otto Addos Vier-Säulen-Konzept für BVB-Toptalente
Unterhalb des Seniorenbereichs schlummern auch in der aktuellen U19, U17 und U16 viele hoffnungsvolle Talente. „Beim BVB haben wir sehr viele Junioren-Nationalspieler und wir wollen natürlich alle gleichermaßen gut betreuen. Dieser sehr hohen Dichte an Talenten möchten wir gerecht werden“, erläutert Otto Addo im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten.
Ermöglichen soll das ein von ihm erarbeitetes Vier-Säulen-Konzept. Das hat Addo in seiner Zeit in Dänemark beim FC Nordsjaelland vor sechs Jahren entwickelt. Das Wichtigste ist dabei, dass jeweils der einzelne Spieler im Fokus steht. Für jedes Toptalent gibt es zu Wochenbeginn eine Video-Analyse mit den prägnantesten Szenen vom Spiel des zurückliegenden Wochenendes. „In der Videobesprechung sagen wir den Jungs, was sie gut gemacht haben, worauf sie achten müssen und worauf wir Wert legen“, sagt Daniel Rios.
Vertrauen als Basis für ein wertschätzendes Miteinander
Im zweiten Schritt geht es raus auf den Platz. Dort sollen die vermittelten Erkenntnisse umgesetzt werden, auch hier individuell oder in Kleingruppen. „Im regulären Training geht es immer um die Mannschaft, um das Teamgefüge, die eigene Idee und den Gegner. Beim Toptalente-Training richten wir den Blick unabhängig davon auf jeden Einzelnen“, erläutert Eren Yilmaz. Positionsspezifisch arbeiten Trainer und Spieler daran, Möglichkeiten aufzuzeigen und bessere Entscheidungen zu treffen. Stimmt das Timing? Welche Räume gilt es zu schließen? Erkenne ich die Situation richtig? Dem BVB geht es darum, dass seine Talente auf dem Feld unter Handlungsdruck die bestmöglichen Lösungen erkennen.

Toptalent und Förderer: Youssoufa Moukoko (links) wird von Otto Addo auch bei den Profis unterstützt. © Kirchner-Media
Dabei helfen regelmäßige Feedback-Gespräche, in denen auch private Aspekte der Spieler eine wichtige Rolle spielen. „Einmal im Monat treffe ich mich außerhalb des Sportplatzes mit jedem Spieler. Es geht darum, eine vertrauensvolle Ebene aufzubauen. Wenn der Spieler weiß, dass wir nur das Beste für ihn wollen, geht er anders mit Feedback und Kritik um, weil er weiß, dass es einzig und allein darum geht, ihn besser zu machen“, sagt Otto Addo.
BVB-Training der Toptalente auch während Addos Abwesenheit gewährleistet
Und zu guter Letzt geht es auch darum, all das zu dokumentieren, um die Entwicklung jedes einzelnen Spielers nachvollziehen zu können. Eine extrem anspruchsvolle Aufgabe, die Addo nun nicht mehr allein bewältigen muss. „Neben allen fachlichen Kenntnissen, die beide mitbringen, sind Eren und Daniel auch charakterlich einfach klasse. Das ist das Wichtigste. Durch ihre Verstärkung haben wir noch mehr Zeit für jeden einzelnen Spieler. Und die beiden bringen unter Umständen auch noch mal einen anderen Blickwinkel mit ein“, sagt Addo. Ein weiterer Vorteil: Da er in den kommenden Monaten auch als Trainer der Nationalmannschaft Ghanas in der WM-Vorbereitung gefordert ist, ist die Versorgung der schwarzgelben Toptalente dank Yilmaz und Rios dennoch sichergestellt.

Daniel Rios ist bereits seit 2016 als Co-Trainer der U19 beim BVB an Bord. © imago images/Revierfoto
In der täglichen Arbeit muss stets eine enge Abstimmung mit den Trainern erfolgen. „Der Austausch ist immens wichtig. Das bedeutet auch, im Zweifelsfall lieber drei oder viermal mehr nachzufragen als einmal zu wenig. Am Ende darf kein Blatt Papier zwischen den Trainer, den Spieler und uns passen“, sagt Otto Addo.
BVB-Toptalente-Trainer Eren Yilmaz „Kleine Details machen den Unterschied“
Der Aufwand ist hoch. Der Ertrag im besten Fall auch. Dass er ein Unterschiedsspieler werden kann, hat Jamie Bynoe-Gittens bereits in der Jugend gezeigt. Nicht ohne Grund hat ihn der BVB bereits mit 16 Jahren von Manchester City nach Dortmund gelotst. Der Engländer ist ein ganz besonders funkelnder Rohdiamant, den sie beim BVB zum Vorschein bringen möchten. Aber er ist eben nicht der einzige, ihm sollen weitere folgen.
„Diesen Weg müssen wir gehen. Definitiv. Unsere Chance liegt darin, junge Spieler zu Weltklasse-Spielern zu formen“, betont Hans-Joachim Watzke. Mehr Manpower für die Toptalente dürfte darauf einzahlen. Eren Yilmaz sagt: „Wir können mit unserem Training noch mal ein paar Prozente rausholen. Es sind am Ende die kleinen Details, die den Unterschied ausmachen.“
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Cedric Gebhardt, Jahrgang 1985, hat Germanistik und Politikwissenschaft an der Ruhr-Uni Bochum studiert. Lebt aber lieber nach dem Motto: „Probieren geht über Studieren.“ Interessiert sich für Sport – und insbesondere die Menschen, die ihn betreiben. Liebt Wortspiele über alles und kann mit Worten definitiv besser jonglieren als mit dem Ball. Schickt deshalb gerne humorige Steilpässe in die Spitze.
