Ein lauter Pfiff hallt über das Trainingsgelände in San Diego. Zum x-ten Mal unterbricht Edin Terzic die Spielform, bei der auf verkürztem Feld der Spielaufbau immer und immer wieder durchexerziert wird. Diesmal schnappt sich der 40-Jährige Julian Brandt, zeigt ihm den am Reißbrett entworfenen Laufweg noch einmal genau auf. Er spricht mit Salih Özcan, erklärt ihm seine exakte Positionierung. Bei der Spielgestaltung von Borussia Dortmund soll nichts dem Zufall überlassen werden. Alles und alle haben klaren Mustern zu folgen.
BVB benötigt bessere defebsive Stabilität
Viele davon kommen einem bekannt vor. Schließlich funktionierten sie in der erfolgreichen Rückrunde streckenweise sehr gut. Daher gehe es in der Vorbereitung nicht ausschließlich darum, alles zu erneuern, sondern darum, „die Jungs an ganze viele Dinge zu erinnern“. Diese altbekannten Abläufe zu verinnerlichen und gezielt neue zu integrieren, sodass der BVB für bestmöglich jede Art des Gegnerverhaltens eine Lösung parat hat, lautet das Ziel. „Wir wollen peu a peu neue Muster einführen, um noch besser, noch aktiver und noch gefährlicher in der Offensive zu sein und gleichzeitig die defensive Stabilität zu vergrößern“, meint Terzic.
Eines dieser neuen BVB-Muster sieht seit dem Winter einen abkippenden Sechser vor. Im Spielaufbau lässt sich Emre Can zwischen oder sogar hinter die beiden Innenverteidiger fallen. Im eigenen Ballbesitz wird so für kurze Zeit aus einer Vierer- eine Fünferkette, die Außenverteidiger schieben entgegengesetzt deutlich höher. Durch die Positionierung schafft Dortmund Breite sowie Tiefe und zieht den Gegner aus seiner angestammten Formation. Die Wege werden für die verteidigende Mannschaft weit, durch schnelle Verlagerungen öffnen sich immer wieder Räume. Soweit die Theorie.
Terzic spricht BVB-Probleme deutlich an
Die Praxis sah während der bisherigen Vorbereitung allerdings etwas anders aus. Durch mutiges und konsequentes Pressing erzwang San Diego Loyal im Testspiel am Donnerstag Fehlpass um Fehlpass, der Raum zwischen Defensivkette und Offensivreihe war in vielen Situationen deutlich zu groß, die aufgezeigten Wege wurden oft nur zu halbherzig belaufen. Dennoch verzichtete der BVB – auf Ansage von Terzic – bewusst auf langgeschlagene Bälle, versuchte sich trotz hohen Gegnerdrucks spielerisch zu lösen. Mit mäßigem Erfolg.
„Wir haben unzählige Bälle verloren im Spielaufbau, sehr viele technische Fehler gemacht“, analysierte Terzic hinterher. Die Gründe dafür hatte er schnell ausgemacht. „Wir haben uns versteckt, nicht mehr freigelaufen, in den Positionen geparkt und unsere Mitspieler alleingelassen.“
Wenig Zeit für BVB-Trainer Terzic
Vereinzelt blitzte aber auch schon im Snapdragon Stadium auf, welche Vorteile der taktische Kniff bringen kann. Phasenweise gelang es Borussia Dortmund, im Zentrum mit nur einem Pass rund 40 Meter grüne Wiese und zwei Pressinglinien des Gegners zu überspielen. Als Empfänger dieser öffnenden Bälle fungierten Brandt und Marco Reus, die dann die startenden Außen Karim Adeyemi oder Julien Duranville/Donyell Malen in die Tiefe schickten. In Sekunden ging es so vom eigenen Sechzehner zum gegnerischen Tor.
Nachdem die Grundlagen in Sachen Fitness und Kondition im Rahmen der Vorbereitung gelegt wurden, liegt der Fokus in den kommenden zwei Wochen nun komplett auf der taktischen Ausrichtung. Bis zum Saisonstart werden Terzic und sein Trainerteam weitere Maßnahmen implementieren. Spätestens dann müssen sie sitzen. Denn anders als im Training kann er ein Spiel nicht mit einem lauten Pfiff unterbrechen.
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