Borussia Dortmund

BVB-U19-Coach Mike Tullberg: „Diesen Druck möchte ich als Trainer spüren“

Mike Tullberg geht bei Borussia Dortmund in seine vierte Saison. Im Interview verrät der U19-Trainer, warum der BVB für ihn der perfekte Klub ist und was die neue Saison besonders herausfordernd macht.

Dortmund

, 02.07.2022 / Lesedauer: 5 min

Seit 2019 arbeitet Mike Tullberg als Trainer bei Borussia Dortmund. Der Däne ist für seine Leidenschaft auf dem Trainingsplatz und auch am Spielfeldrand bekannt. Im Sommer feierte er mit der U19 des BVB durch einen 2:1-Sieg im Finale gegen Hertha BSC die Deutsche Meisterschaft. Es war der Höhepunkt einer intensiven Saison, bei der sein Team auch im DFB-Pokal-Finale und im Viertelfinale der Youth League stand und jeweils gegen den VfB Stuttgart und Atletico Madrid nur knapp den Kürzeren zog. Viele seiner Leistungsträger - wie etwa Jamie Bynoe-Gittens, Lion Semic oder Bradley Fink - zählen künftig nicht mehr zum Kader. Mike Tullberg muss ein neues Team formen, das den hohen (eigenen) Ansprüchen gerecht wird. Unter anderem darüber sprach der 37-Jährige mit RN-Redakteur Cedric Gebhardt.

Herr Tullberg, die vergangene Saison war intensiv und anstrengend. Sie hatten zuletzt vier Wochen Pause. Sind Ihre Akkus wieder voll geladen?

Mir hätten auch zwei Tage Pause gereicht. Ich habe mich gedanklich schon sehr früh mit der neuen Mannschaft beschäftigt. Wir müssen ja einige neue Jungs aus der U17 einbauen.

In Ihrem Urlaub wurde Ihre vorzeitige Vertragsverlängerung bis 2026 vermeldet. Bei der Bekanntgabe wurden Sie mit folgenden Worten zitiert: „Für mich ist dieser Klub eine zweite Familie geworden.“ Wie gelingt es dem BVB, maximal ambitioniert zu sein und gleichzeitig eine familiäre Atmosphäre zu erzeugen?

Hier ist alles auf Augenhöhe. Das ist genau das, was mir hier gefällt. Ob es die Gespräche mit Sebastian Kehl, Edin Terzic oder Lars Ricken sind, egal mit wem du sprichst, es ist alles auf Augenhöhe. Gleichzeitig gefällt es mir, diesen Druck zu haben, Spiele gewinnen zu müssen – in der Bundesliga, im DFB-Pokal, in der Youth League. Diesen Druck möchte ich als Trainer spüren.

Klingt so, als hätten Sie den für sich idealen Arbeitgeber gefunden.

Das Wichtigste ist, dass meine Familie und ich uns hier wohlfühlen. Und dass ich gemeinsam mit meinem Trainerteam hier einen Unterschied machen kann. Beim BVB kann ich mich auch persönlich weiterentwickeln. Ich bin seit drei Jahren hier und sehr, sehr glücklich, dass mein Vertrag noch vier Jahre läuft. Das heißt nicht, dass ich keine Ambitionen habe, irgendwann einmal im Herrenbereich zu arbeiten.

BVB-U19-Trainer Mike Tullberg ist auf dem Trainingsplatz in seinem Element. © Florian Groeger

Aber?

Aber ich bin hier einfach glücklich. Insgesamt passt es einfach. Ich bin sowieso niemand, der andauernd darüber nachdenkt, was morgen oder übermorgen ist. Ich versuche, heute zu leben. Das ist auch wichtig für die Arbeit im Jugendbereich. Es ist wichtig, dass du heute da bist und versuchst, aus dem Tag das Maximale rauszuholen. Sonst lässt du über eine Woche, ein Monat oder ein Jahr viel zu viel liegen. Ich freue mich über jeden Tag, den ich hier bin. Denn es ist etwas Besonderes, für den BVB arbeiten zu dürfen.

Ihr Erfolg hat Begehrlichkeiten geweckt. Zuletzt gab es auch Anfragen anderer Klubs. War gar kein verlockendes Angebot dabei?

Ich sehe das so: Wenn man irgendwo glücklich ist, muss man nicht gucken, was man noch machen könnte. Für mich war das deshalb gar kein Thema. Ich habe mich mit nichts anderem als dem BVB beschäftigt.

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Im Sommer haben Sie sogar Ihr Haus in Dänemark verkauft. Heißt das, dass Sie Ihre Zukunft zumindest vorerst auf jeden Fall in Deutschland sehen?

Dieser Schritt war für uns durchaus emotional, weil wir das Haus damals gebaut und in unserem Garten geheiratet haben. Aber wir sind jetzt seit drei Jahren hier und wir sehen unsere Zukunft in Dortmund, auch wenn das Fußballgeschäft sehr schnelllebig ist. Aber ich glaube, die Leute hier merken, dass ich sehr viel Bock habe und sehr ehrgeizig bin, um noch viel mit dem BVB zu erreichen.

In der vergangenen Saison hat Ihre Mannschaft in der Junioren-Bundesliga im Schnitt 2,75 Punkte pro Spiel eingefahren. Inwieweit kann und inwieweit muss das auch der Maßstab für Ihre Mannschaft in der neuen Spielzeit sein?

Das ist das Schwierige im Jugendbereich: Je besser es läuft, desto schwerer wird es im Jahr danach, weil die Talente durch gute Leistungen oben ins Rampenlicht geraten und du dann unter Umständen ohne sie spielen musst. So wie es jetzt bei Jamie Bynoe-Gittens und eventuell Tom Rothe der Fall ist. Aber das macht es für uns natürlich auch spannend. Und als Borussia Dortmund werden wir das nie als Ausrede benutzen. Wir haben auch diesmal wieder eine gute Mannschaft.

Sie haben bereits vor einigen Wochen gesagt, dass die U19 künftig eine andere Art von Fußball spielen müsse, da sich das Gesicht der Mannschaft verändert hat. Wie soll Ihr Fußball künftig aussehen?

Wenn man den aktuellen Kader und den der Vorsaison miteinander vergleicht, haben wir mehr Fußballer in unseren Reihen, aber etwas weniger Power. Darauf müssen wir reagieren, daraus müssen wir einen etwas anderen Fußball entwickeln. Dass wir anders Fußball spielen müssen, heißt aber nicht, dass wir irgendwelche Kompromisse eingehen, was die Intensität oder unsere Philosophie angeht. Wir wollen flexibel sein und verschiedene Systeme beherrschen. Das hat schon in der vergangenen Saison einige Spiele zu unseren Gunsten entschieden. Wir klammern uns aber nicht an ein bestimmtes System. Wichtiger sind unsere Prinzipien.

Was sind das für Prinzipien?

Wir wollen grundsätzlich gerne Intensität mit und gegen den Ball sehen. Wir wollen gerne Mut sehen. Wir reden von drei Räumen auf dem Platz in der Breite und in der Länge, in denen es ganz klare Regeln gibt, wie sich die Spieler in Über-, Gleich- oder Unterzahl verhalten. Solche Dinge. Es geht darum, dass wir uns an unsere Prinzipien halten und dann ist das System gar nicht so wichtig.

Zu Ihren persönlichen Prinzipien zählt die 25:50:25-Leitlinie. Gilt die auch weiterhin?

Diesen Ansatz habe ich aus meiner Zeit in Dänemark mitgenommen. Ich arbeite gerne mit jungen Spielern. Unser Auftrag lautet, sie zu entwickeln. In 25 Prozent von dem, was sie tun, dürfen sie die Besten sein. In 25 Prozent sollen sie bewusst überfordert werden. Das ist vielleicht das Allerwichtigste, denn sie wollen sich ja verbessern. Und 50 Prozent soll auf ihrem Niveau stattfinden, denn gerade darüber holen sie sich die nötige Sicherheit. Von dieser Leitlinie werde ich auch nicht abweichen.

Wie schon in der Vorsaison wird die Junioren-Bundesliga wieder in einer Einfachrunde ausgetragen. Im letzten Jahr waren Sie davon nicht sonderlich angetan.

Und ich bin auch diesmal nicht davon begeistert. Um eins klarzustellen: Bei uns beim BVB ist das Meckern auf hohem Niveau, denn wir haben die zusätzlichen Spiele im DFB-Pokal und der Youth League. Aber diese Möglichkeit hat ja nicht jeder Verein. Viele Vereine spielen nur ihre Meisterschaft und das sind dann vielleicht 15 Spiele in einem Jahr, das ist natürlich nicht ausreichend. Das geht gar nicht. Die Vereine müssen Spieler für die erste, zweite, dritte und vierte Liga ausbilden. Deshalb habe ich für die Entscheidung einer erneuten Einfachrunde gar kein Verständnis. Das ist einfach nur sehr schade für die jungen Spieler.

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