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BVB-Transferüberblick: Wer kommt, wer geht?
Borussia Dortmund
Auf den BVB wartet eine verrückte Transferperiode. Die Corona-Krise sorgt auch dort für Ungewissheit. Ein Überblick.
Komplizierte Verhandlungen sind nicht zu erwarten, wenn Lukasz Piszczek und Borussia Dortmund dann demnächst über die Zukunft des Rechtsverteidigers sprechen, doch selbst diese Personalie liegt momentan auf Eis - die Corona-Krise sorgt weiterhin für Unklarheit auch in vielen Personalfragen und zerrt zunehmend an den Nerven. „Bald“, sagt nun der fast 35-jährige Langzeit-Borusse auf Anfrage dieser Redaktion, werde man sich zusammensetzen.
BVB-Sportdirektor Zorc kann Piszczek wohl schnell abarbeiten
Ob der Routinier noch ein Jahr dranhängt, bevor er seine Karriere beendet, das dürfte eine Personalie sein, die Sportdirektor Michael Zorc relativ zügig vom Tisch bekommen kann. Bei den meisten personellen Gedankenspielen allerdings hat der 57-Jährige derzeit nicht mehr als viele lose Fäden in der Hand.
Das gilt auch für die sieben im Sommer zurückkehrenden Leihspieler der Borussia. Eine Zukunft in Dortmund hat aus dieser Gruppe realistisch betrachtet niemand. Allenfalls bei Marius Wolf (24/Vertrag bis 2023) ist ein anderes Szenario denkbar. Das hängt mit seiner Position zusammen und auch mit der Tatsache, dass die 20 Millionen Euro, die der BVB gern bei einem Verkauf erzielen möchte, trotz ansprechender Leistungen Wolfs bei der Berliner Hertha kaum zu realisieren sind. Diese Summe, hat Hertha-Manager Michael Preetz schon klargemacht, sei nicht stemmbar.
BVB muss auf der rechten Seite nachlegen
Durchforstet man den BVB-Kader, lassen sich die Positionen, auf denen Borussia Dortmund unbedingt nachjustieren muss, leicht erkennen. Die rechte Seite ist auffallend stark betroffen. Die Rückkehr von Achraf Hakimi zu Real Madrid wird ziemlich sicher ein Loch reißen. Angesichts der zu erwartenden Ablöseforderung, sollten die Spanier tatsächlich nicht mit ihm planen, erscheint ein Verbleib beim BVB allenfalls über eine erneute Leihe realisierbar. In Thomas Meunier ist Dortmund dem Vernehmen nach mit der Suche nach einem möglichen Ersatz schon in weit fortgeschrittenen Verhandlungen. Es ist die Personalie, die derzeit am greifbarsten ist. Der 28-Jährige ist ablösefrei zu haben, nachdem er sich mit Paris nicht auf eine Vertragsverlängerung einigen konnte.
Das Loch auf der rechten Seite würde größer, wenn auch Jadon Sancho den BVB im Sommer verlassen sollte. Wie sich die Corona-Krise auswirkt auf Sanchos Wechselwilligkeit und die finanziellen Möglichkeiten der zahlreich interessierten Klubs, bleibt abzuwarten. An der Personalie Sancho hängen viele weitere: Erzielt Dortmund eine Ablöse, die trotz Corona in der Nähe des eigentlichen Marktwerts liegt, wäre ein kostspieliger Ersatz sowohl wirtschaftlich realisierbar als auch gesellschaftlich vermittelbar. Fast alle Klubs, die jetzt unter den Folgen der Pandemie ächzen und Probleme haben, ihre Mitarbeiter zu bezahlen, benötigen Transfereinnahmen in einem ähnlichen Volumen, um im Sommer auf dem Markt exorbitant teure Transfers realisieren und intern wie extern verkaufen zu können.
Ersatzkandidaten für Sancho beim BVB werden schon gehandelt
Mögliche Ersatzkandidaten für den 20-jährigen kommenden Superstar aus England werden seit Wochen in Dortmund gehandelt: Eine teure Lösung wäre Ferran Torres (20), der Rechtsaußen des FC Valencia wird auf 45 Millionen Euro Marktwert geschätzt. Auch wenn sein Vertrag nur noch bis zum Sommer 2021 läuft, wäre er kaum viel günstiger zu bekommen.
Für Isac Lihadji, 18-jähriges Talent von Olympique Marseille und dort vornehmlich noch in der B-Mannschaft aktiv, wäre aufgrund seines auslaufenden Vertrags nur eine Ausbildungsentschädigung fällig. Er würde aber nicht als Sofort-Ersatz durchgehen und wäre allenfalls eine Ergänzung. Bei Milot Rashica (23, Werder Bremen) deuten die Zeichen eher in Richtung Leipzig, das sich sehr bemüht um den zurückhaltenden Mann aus dem Kosovo. Die festgelegte Ablöse in Höhe von 38 Millionen Euro könnte RB durch den wahrscheinlichen Abgang von Timo Werner gegenrechnen. Pikantes Detail: Steigt Werder ab, wäre Rashica mit der dann festgeschriebenen Summe von 15 Millionen Euro quasi ein Schnäppchen.
BVB-Interesse an Bellingham ist bekannt
Andere gehandelte Namen sind eher Bestandteil langfristiger Planungen. Das große BVB-Interesse an Jude Bellingham, der im Juni 17 Jahre alt wird, ist seit langem bekannt. Bekannt ist auch, dass der BVB, der lange vorne lag im Werben um das englische Super-Talent vom FC Birmingham, starke Konkurrenz bekommen hat. Die Bayern und auch Manchester United sind hinter dem offensiven Mittelfeldspieler her, für den wohl ein zweistelliger Millionenbetrag fällig wird. Viel Geld für ein Versprechen in die Zukunft. ManU soll zuletzt sogar Klublegende Sir Alex Fergusson in das Werben um Bellingham eingebunden haben.
In die Reihe der vielversprechenden Talente ist auch Filip Marchwinski einzuordnen, 18-jähriger zentraler Mittelfeldspieler von Lech Posen. Mit dem polnischen Klub hat Borussia Dortmund beste Erfahrungen gemacht. Ein gewisser Robert Lewandowski verdiente sich dort seine ersten Sporen als Profi.
Malang Sarr einer für Borussia Dortmund?
Immer wieder taucht im Zusammenhang mit Borussia Dortmund auch der Name Malang Sarr auf. Den 20-jährigen Innenverteidiger hat Lucien Favre bei OGC Nizza unter seine Fittiche genommen, er wäre ablösefrei. Sofortiger Bedarf auf der Position ist allerdings nur dann vorhanden, wenn der BVB Manuel Akanji mitteilen würde, dass man nicht mehr mit ihm plant.
Auf Zorc wartet ein ungewöhnlicher und arbeitsreicher Sommer, vielleicht der schwierigste seit der Finanzkrise im Jahr 2005. Geduld, das Gefühl für das richtige Timing und schlagkräftige Argumente werden gefragt sein. In einem weiter unruhigen und aufgeregten Marktumfeld ist es dabei bestimmt kein Nachteil, dass Borussia Dortmund aus einer sehr starken Position in die Verhandlungen gehen kann. Zu Verkäufen ist der Klub trotz der finanziell angespannten Situation nicht gezwungen - und der aktuelle Kader ist auch so stark genug, um auf höchstem Niveau wettbewerbsfähig zu sein.
Dirk Krampe, Jahrgang 1965, war als Außenverteidiger ähnlich schnell wie Achraf Hakimi. Leider kamen seine Flanken nicht annähernd so präzise. Heute nicht mehr persönlich am Ball, dafür viel mit dem Crossbike unterwegs. Schreibt seit 1991 für Lensing Media, seit 2008 über Borussia Dortmund.
