Carney Chukwuemeka hat am Sonntag zumindest Teile des Spielersatztrainings der Dortmunder Profis nach dem 0:2 beim bis dato Tabellenletzten VfL Bochum mitgemacht. Das nährt die Hoffnung, dass die Winter-Leihgabe des FC Chelsea am Mittwoch im Playoff-Rückspiel in der Champions League gegen Sporting zumindest in den Kader des taumelnden BVB zurückkehrt.
BVB-Gebilde bricht in Bochum zusammen
Wie schnell der zentrale Mittelfeldspieler eine ernsthafte Option und Hilfe für Niko Kovac sein kann, ist für den neuen Trainer in den kommenden Tagen und Wochen eine zentrale Frage. Der sportliche Offenbarungseid im Bochumer Ruhrstadion, wo Dortmund den vielen Enttäuschungen der bisherigen Saison eine weitere hinzufügte, zwingt den 53-Jährigen zu entschlossenem Handeln.
Kovac ist nun seit zwei Wochen in Dortmund. Diese Zeit hat er sich genommen, um Verein und Kader kennenzulernen. Die Schwere seiner Aufgabe liegt nun klar vor ihm, die neunte Saison-Niederlage seiner Mannschaft und die fünfte im siebten Spiel des Jahres (!) lieferte letzte Indizien. Über die 90 Minuten sah Kovac in Bochum einen leidenschaftlichen Fight – aber nur des VfL, der das Revierderby durch einen Doppelschlag von Georgios Masouras binnen 120 Sekunden zu seinen Gunsten entschied. Wieder reichten wenige Szenen, um das fragile BVB-Gebilde zum Einsturz zu bringen.
BVB-Profi Sabitzer in Bochum indisponiert
Wie wenig wehrhaft sich die Dortmunder vor allem nach der Halbzeit präsentierten, das kann Kovac nicht so einfach durchgehen lassen. Doch welche Möglichkeiten hat der Trainer überhaupt, welche versprechen Erfolg? Im alles andere als üppig bestücktem Kader muss man die Spieler mit einer guten Form und Selbstvertrauen aktuell mit der Lupe suchen. Der lange Zeit zurecht in der Kritik stehende Kapitän Emre Can hat sich beeindruckend aus seinem Tief herausgekämpft. Nico Schlotterbeck unterlaufen Fehler, er gehört aber noch zu den Stabilsten. Torhüter Gregor Kobel hat in Bochum eine höhere und noch peinlichere Niederlage verhindert.
Der große Rest kämpft mit kleineren und größeren Problemen. In Bochum fehlte Julian Ryerson gesperrt, er wird auf seinen Stammplatz zurückkehren, Chukwuemeka kann nicht aus dem Stand die Lösung für die großen Probleme im BVB-Zentrum sein, er muss gesund werden und sich erst einmal integrieren. Blickte Kovac in Bochum hinter sich, sah er eine noch recht gut gefüllte Bank – aber kaum einen Spieler, der bei einer Einwechslung durchgreifende Impulse versprach. Salih Özcan ersetzte den indisponierten Marcel Sabitzer nach 45 Minuten, der Leih-Rückkehrer machte seine Sache immerhin ordentlich.
BVB-Youngster Gittens im Formtief
Auch Maximilian Beier kam noch vor der Stunden-Marke. So früh hatte Kovac in seinen vorherigen beiden Pflichtspielen noch nicht gewechselt, in Minute 63 brachte er in Julien Duranville und Yan Couto zwei weitere frische Kräfte. Besserung? Fehlanzeige! Weil bis auf Özcan alle eingewechselten Akteure ein dickes Formtief durchlaufen. Dass sich niemand von seinen Bankspielern aufdrängt, ist für Kovac ein Alarmzeichen. Bleiben marginale Möglichkeiten für eine Reaktion auf das Bochum-Spiel.
Dortmunds akuteste Baustelle liegt im Zentrum, aus dem der BVB zwar viel Ballbesitz, aber viel zu wenig Torgefahr produziert. Jamie Gittens ist einer der wenigen Spieler, der Chancen kreieren kann. Doch der Youngster bewegt sich mental und körperlich am Limit. Karim Adeyemi wäre ein Ersatzkandidat, der sich auf links auch deutlich wohler fühlt als auf der rechten Seite. Und ein Beier, von Kovac immer außen eingesetzt, ist ja ein Zentrumsspieler und hätte sich diese Chance verdient.
Zeit des BVB-Kuschelkurses ist vorbei
Dortmunds neuer Coach wird nicht alles in Schutt und Asche legen nach einem Spiel, das eine solche Reaktion zumindest rechtfertigen würde. Punktuelle personelle Änderungen sind gleichwohl zu erwarten, nach zwei Wochen Kennenlernen dürfte sich aber intern vor allem der Ton deutlich verschärfen. Kovac ist auch geholt worden, weil er auf seinen bisherigen Stationen in der Lage war, knallhart zu kommunizieren. Bislang hat er sich öffentlich immer klar vor seine neue Mannschaft gestellt, das war auch in Bochum so. Der Offenbarungseid hat allerdings auch Kovac die Augen geöffnet. Die Zeit des Kuschelkurses ist vorbei.