Die Hoffnungen, den vorzeitigen Klassenerhalt bereits am Sonntag im Hotel feiern zu können, blieben unerfüllt. Der VfB Oldenburg (35 Punkte) hat dieses Szenario mit seinem 3:1-Sieg bei Waldhof Mannheim verhindert. Dennoch ist der Verbleib von Borussia Dortmunds U23 (41) in der 3. Liga vor dem Auswärtsspiel heute Abend (19 Uhr) beim FC Erzgebirge Aue bei sechs Zählern Vorsprung auf einen Abstiegsplatz und dem besten Torverhältnis aller potenziellen Abstiegskandidaten so gut wie gesichert. Dass der Klassenerhalt nur noch Formsache ist, resultiert aus einer enormen Leistungssteigerung in der zweiten Saisonhälfte unter Jan Zimmermann. Ihren Ausgangspunkt nahm die Trendwende im Winter in Düsseldorf.
BVB-Treffen mit Zimmermann in Düsseldorf
„Ich habe mich mit Jan in einem Restaurant in Düsseldorf getroffen. Dabei hat er mir auf dem Laptop einige Inhalte und Statistiken zu unserer Mannschaft gezeigt, die mich überzeugt haben. Was er mir anhand der Daten aufgezeigt hat, war sehr interessant und aufschlussreich“, sagt Teammanager Ingo Preuß über die erste Begegnung mit dem neuen Trainer, der Anfang Februar auf Christian Preußer folgte. Zimmermann hat anders als sein Vorgänger schnell einen Draht zu den Spielern gefunden.
„Ich versuche, immer mit den Jungs im Austausch zu sein und sie zu verstehen. Je mehr ich über sie weiß, desto besser kann ich sie bewerten und einordnen, warum manche Sachen funktionieren oder auch nicht funktionieren. Am Ende geht es für mich auch darum, einen Rahmen zu schaffen, in dem sie sich wohl fühlen, indem sie gerne und selbstbewusst Fußball spielen“, sagt Zimmermann.
BVB will U23 in der 3. Liga etablieren
Es ist ihm in wenigen Wochen gelungen, die Mannschaft in Kernbereichen zu verbessern. Der BVB-Trainer hat sie in erster Linie defensiv kompakter verschweißt und ihr in zweiter Instanz einen taktischen Plan vermittelt, wie sie über schnelle Umschaltsituationen nach Balleroberungen offensiv zum Erfolg kommen kann. Beides zusammen hat funktioniert, so dass die BVB-U23 unter Zimmermann in 14 Spielen 20 Punkte gesammelt hat. Der Klassenerhalt in der 3. Liga ist fast geschafft. Für Borussia Dortmund ist es elementar wichtig, die U23 dort dauerhaft zu etablieren. Der BVB sieht den Unterbau der Profis ganz bewusst dort an der richtigen Stelle und nicht in der Regionalliga West.

„Für die Erfahrung gerade der jungen Spieler ist sie ein großer Mehrwert. Von außen wird die 3. Liga häufig unterschätzt, aber sie ist eine absolute Profiliga, in der gerade unsere jungen Spieler sich mit abgezockten Spielern messen müssen und in der jeder Fehler hart bestraft wird. Es ist natürlich immer ein schmaler Grat zu sagen, was für die Entwicklung junger Spieler besser ist – ob sie um den Aufstieg oder gegen den Abstieg spielen. Aus meiner Sicht ist es aber absolut sinnvoll, die Spieler auf höchstem Niveau spielen zu lassen. Daraus können sie ganz viel ziehen“, betont Zimmermann.
BVB-U23 als zweiter Bildungsweg
Dieselbe Ansicht vertritt Preuß: „Die Spieler, egal wie alt sie sind, die über einen längeren Zeitraum in der 3. Liga den Kopf rausstrecken aus der Masse, die schaffen es auch in die Bundesliga. Dafür gibt es bei uns genügend Beispiele. Ich denke an Steffen Tigges, Ansgar Knauff, Kerem Demirbay, Jonas Hofmann oder Marcel Halstenberg. Die Sicherheit, sagen zu können, dass ein Spieler für die Profis geeignet ist, ist in der 3. Liga einfach höher als in der Regionalliga West“, unterstreicht der Sportliche Leiter der BVB-U23.

Ein geeignetes Beispiel sei Knauff. „Ansgar hat schon in Jugend viele Jahre für den BVB gespielt und ist dann zu uns in die U23 gekommen. Wenn man wie in seinem Fall eine Entwicklung begleiten kann, so dass sie am Ende zu den Profis führt, dann ist das genau das, wofür unsere U23 stehen soll“, erläutert Preuß. Toptalente wie Jamie Bynoe-Gittens haben direkt den Sprung aus der U19 zu den Profis geschafft. Der aber ist gewaltig und deshalb nicht für alle BVB-Youngster gleichermaßen geeignet. Genau hier setze die U23 in der 3. Liga an. „In der Regel haben wir in der U23 nicht die Spieler, die direkt in den Profikader kommen, sondern die, die sich über den sogenannten zweiten Bildungsweg höhere und bessere Ligen erarbeiten können“, sagt Preuß.
BVB-Talente fassen nur schwer Fuß in der U23
Auch deshalb sammeln BVB-Talente wie Nnamdi Collins und Tom Rothe in der Rückrunde bei der U23 wertvolle Erfahrungen, um sich für die nächsthöhere Anforderung zu wappnen. Dasselbe gilt für Göktan Gürpüz, Lion Semic, Prince Aning und Dennis Lütke-Frie, für die die aktuelle Saison auch Enttäuschungen aufgrund fehlender Berücksichtigung im Kader bereithielt.
„Für Außenstehende ist oft schwer nachzuvollziehen, dass unsere U19 in den vergangenen Jahren immer sehr erfolgreich ist, es aber trotzdem schwer für diese Jungs ist, in der 3. Liga Fuß zu fassen. Da kann man sich schon die Frage stellen: Wäre die Regionalliga als nächster Schritt einfacher für diese Spieler?“, sagt Zimmermann. Dortmunds U23-Trainer gibt aber sogleich selbst die Antwort: „Dann muss man sich aber auch fragen: Will man als Borussia Dortmund für andere Klubs ausbilden oder will man schauen, welche Spieler wirklich das Zeug haben, in Dortmund bei den Profis zu spielen? Der Sprung aus der U19 zu den Profis ist natürlich sehr groß, aber dann ist die 3. Liga als Zwischenstation in der U23 absolut sinnvoll.“
Heute Abend bei Erzgebirge Aue kann die BVB-U23 den letzten Schritt Richtung Klassenerhalt machen. Das Saisonziel wäre damit erfüllt. Der übergeordnete Auftrag – die Entwicklung der Spieler – geht weiter.
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