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BVB startet in komplizierte Vorbereitung - Sancho-Entscheidung steht an
Borussia Dortmund
Der BVB schleppt einige Probleme mit in eine Vorbereitung, die unter dem Diktat der strengen Corona-Auflagen steht. Bei der Personalie Jadon Sancho bahnt sich eine Entscheidung an.
Der Blick von Lucien Favre ging einmal um die eigene Achse und über den gesamten Platz. Favre nickte unmerklich und schien zufrieden. 22 Feldspieler tummelten sich beim offiziellen Trainingsstart auf dem top gepflegten und satten Grün des Haupttrainingsplatzes in Dortmund-Brackel, dazu kamen die drei Torhüter. Einen Personalmangel muss Borussia Dortmunds Trainer in den wichtigsten Trainingswochen des Jahres diesmal nicht verwalten. Und es fehlten ja sogar noch vier Spieler aus Verletzungsgründen.
Mit Passlack, Wolf und Gomez wird beim BVB nicht geplant
Dennoch steht die Vorbereitung der Borussia in diesem speziellen Sommer nicht nur unter den Diktionen weiter geltender Corona-Bestimmungen. Sie wird in der Anfangsphase auch noch begleitet von einigen noch ungelösten Fragen. Da sind nicht nur die drei noch verbliebene Leihspieler Felix Passlack, Marius Wolf und Sergio Gomez, mit denen aktuell nicht geplant wird und für die daher noch Lösungen gefunden werden müssen, sowie zwei Talente (Tobias Raschl, Immanuel Pherai), bei denen abgewogen werden muss, welcher Weg für sie sportlich am meisten Sinn ergibt. Da ist auch noch die Sorge um den verletzten Marco Reus - und die weiter noch ausstehende Entscheidung in der Personalie Jadon Sancho.
Sancho hat seinen Dienst in Dortmund unbeeindruckt von allen Spekulationen um seine Zukunft pünktlich und motiviert angetreten. Eigentlich ist am Montag die Woche der Entscheidung angebrochen. Bis zum Start des Trainingslagers Anfang kommender Woche, das war die ursprüngliche Sprachregelung, wollte der BVB eigentlich Klarheit haben. Erfüllt Manchester United, weiterhin der einzige ernsthafte Interessent, die Dortmunder Transferbedingungen und erklärt sich bereit, das große Interesse an einer Verpflichtung des 20-Jährigen mit der Zahlung von 120 Millionen Euro zu dokumentieren, wird Sancho Borussia Dortmund nach drei Jahren den Rücken kehren. Gibt es keine Einigung, wird der Spieler in Dortmund bleiben. Was sicher nicht die schlechteste Variante aus Sicht der Borussia wäre.
Jadon Sancho: Ratenzahlung wäre durchaus üblich
Ob sich die nach Informationen der Ruhr Nachrichten gegenüber den Engländern intern ausgerufene „Deadline“ 10. August, wenn Dortmund nach Bad Ragaz aufbricht, halten lässt, steht auf einem anderen Blatt. Es wird zäh verhandelt hinter den Kulissen, natürlich noch um die Höhe der Ablöse, von der Dortmund aber nicht abrücken wird. Vor allem aber auch um verschiedene Zahlungsmodelle. Ratenzahlung ist durchaus üblich bei derartig hohen Summen, darauf ließ sich der BVB auch im Fall Ousmane Dembele ein. Als der zum FC Barcelona wechselte, floss ein Sockelbetrag von 105 Millionen Euro sofort an den Rheinlanddamm. Zweifellos wird auch ein Großteil der Summe für Sancho sofort fällig werden.
Für diesen Fall hat Sportdirektor Michael Zorc seine Hausaufgaben gemacht, die Suche nach einem Sancho-Ersatz würde nicht bei Null beginnen. Auch aus diesem Grund erscheint ein Wechsel nach der Rückkehr aus dem Trainingslager in der Schweiz nicht ausgeschlossen. Klar ist aber: Noch weit vor Saisonbeginn am zweiten September-Wochenende möchte Borussia Dortmund Klarheit und Planungssicherheit haben. Das bis in den Oktober deutlich verlängerte Transferfenster wird kein Interessent ausreizen dürfen.
Sancho und Hakimi: 59 direkte BVB-Torbeteiligungen
Obwohl die zu erwartende Ablöse die finanziellen Corona-Folgen deutlich abmildern und auch noch genügend Spielraum lassen würde, um den Wegfall des besten Spielers der vergangenen Saison mit einer Nachverpflichtung zumindest annähernd aufzufangen, wäre auch ein Verbleib Sanchos durchaus im Sinne der Dortmunder Sportverantwortlichen.
Sancho führte die Rangliste der Borussia in allen wichtigen offensiven Statistik-Bereichen (Tore, Vorlagen, Torschüsse, Torschussvorlagen) an. Sein Weggang würde das ohnehin schon klaffende Loch auf der rechten Seite durch den Wechsel von Achraf Hakimi zu Inter Mailand weiter vergrößern. Ohne Hakimi und Sancho würden dem BVB höchstes Tempo und höchste Qualität im Ballvortrag und nebenbei satte 59 direkte Torbeteiligungen der vergangenen Saison fehlen.
BVB müsste Sancho-Abgang im Kollektiv auffangen
Das ist eine Marke, die auch ein Sancho-Ersatz in Verbindung mit Neuverpflichtung Thomas Meunier wohl kaum erreichen könnte. Der Auftrag an die Offensivabteilung ist daher schon klar kommuniziert: Geht Sancho, muss der BVB die dann wegbrechende Torgefahr im Kollektiv auffangen.
Dirk Krampe, Jahrgang 1965, war als Außenverteidiger ähnlich schnell wie Achraf Hakimi. Leider kamen seine Flanken nicht annähernd so präzise. Heute nicht mehr persönlich am Ball, dafür viel mit dem Crossbike unterwegs. Schreibt seit 1991 für Lensing Media, seit 2008 über Borussia Dortmund.
