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Ablöse, Transfer-Deadline: BVB legt Bedingungen für Sancho-Wechsel fest
Borussia Dortmund
Jadon Sancho ist die spannendste Personalie dieses Sommers. Mittlerweile hat der BVB die Rahmenbedingungen für einen Wechsel festgelegt. Die Entscheidung wird schon bald fallen.
Dass Hans-Joachim Watzke und Michael Zorc knallharte Verhandlungspartner sind, haben die Sportverantwortlichen von Borussia Dortmund vor drei Jahren unter Beweis gestellt, als sie Ousmane Dembele kurz vor Transferschluss im August 2017 an den FC Barcelona verkauften und für die Borussia eine Rekordablöse aushandelten. Durch einen Trainingsstreik des Franzosen stand der BVB massiv unter Druck, eine Lösung zu finden, bei der auch der Klub sein Gesicht wahren konnte - was die Verhandlungsposition für die stark interessierten Katalanen aber nicht verbesserte.
Jadon Sancho startet beim BVB richtig durch
Am Ende setzten Watzke und Zorc trotz des Zeitdrucks ihre Vorstellungen durch. Barcelona musste für Dembele tief in die Tasche greifen, erstmals wurde bei einer Ablöse mit BVB-Beteiligung die Marke von 100 Millionen Euro übersprungen. Die Messlatte für künftige Transfers von Spielern mit ähnlichem Potenzial war gelegt.
In diese Kategorie hat sich sehr schnell auch Jadon Sancho gespielt, als er in seinem zweiten Jahr nach seinem Wechsel aus der Jugend von Manchester City im Sommer 2017 beim BVB so richtig durchstartete. Sancho spielte in allen 34 Bundesliga-Partien der Saison 2018/19, er stand in insgesamt 43 Pflichtspielen auf dem Platz, schoss 13 Tore und bereitete 19 weitere vor. In seiner Heimat überschütteten die Medien den Dribbelkünstler mit Lobeshymnen. Sancho wurde zum größten englischen Talent seiner Generation, er debütierte in der Nationalmannschaft und ist eins der Gesichter einer erfolgreichen Zukunft der „Three Lions“.
Sancho verlängert seinen Vertrag beim BVB bis 2022
Noch im Herbst 2018 wurde Sanchos Vertrag in Dortmund seiner explosionsartigen Entwicklung angepasst. Die Vertragsverlängerung bis 2022 kam überraschend, denn längst war klar, dass Jadon Sancho ein Rohdiamant ist, der sich seine Vereine würde aussuchen können. Mit dem Wunsch, irgendwann nach England zurückkehren zu wollen, hatte Sancho nie hinterm Berg gehalten, und angesichts seiner Leistungsentwicklung nahmen die Spekulationen über eine schnelle Rückkehr auf die Insel rasant an Fahrt auf. Im Frühjahr 2019 war Dortmunds Sportdirektor Zorc permanent im Dementier-Modus, er musste den Verbleib Sanchos über den Sommer hinaus quasi im Wochenrhythmus bestätigen.

Nach einer weiteren Spielzeit in Schwarz und Gelb, in der Sancho noch einmal zulegte und in 44 Pflichtspielen 20 Tore erzielte und 20 weitere vorbereitete, könnte es nun in diesem Sommer ernst werden - diesmal aber verhandelt Borussia Dortmund aus einer komfortablen Situation heraus, trotz der Auswirkungen der Corona-Krise. Und der BVB ist nicht gewillt, auch nur einen Deut von seinen Vorstellungen abzurücken.
Sancho kann BVB für Fixbetrag von 120 Millionen Euro verlassen
Einen Corona-Rabatt, hat Geschäftsführer Watzke in der vergangenen Woche erklärt, werde es nicht geben für Jadon Sancho, „nicht einen Euro“. Nach Informationen der Ruhr Nachrichten hat Borussia Dortmund die Rahmenbedingungen für einen Transfer mittlerweile auch beim einzigen echten Interessenten hinterlegt. Manchester United ist darüber informiert, dass Sancho für einen Fixbetrag von 120 Millionen Euro in diesem Sommer wechseln darf.
Weitere ernsthafte Interessenten für den 20-jährigen Shooting-Star haben bislang in Dortmund nicht angeklopft. Der FC Chelsea ist nach der Investition in Timo Werner aus dem Rennen, der FC Liverpool legt sein Augenmerk augenscheinlich eher auf eine Stärkung des defensiven Mittelfelds und hat Bayerns Thiago ins Visier genommen. Und eine Rückkehr zu Manchester City drei Jahre nach einem Abschied mit einigen Störgeräuschen, nachdem Sancho seinerzeit seinen Ausbildungsvertrag einseitig kündigte, hat der allmächtige Trainer Pep Guardiola bereits als nicht klug und ratsam eingestuft.
BVB will bei der Personalie Sancho bis Anfang August Gewissheit
Auch der Zeitfaktor spielt bei einem potenziellen Wechsel von Sancho eine gewichtige Rolle. Der BVB bräuchte Ersatz, wenn ihm direkte 40 Torbeteiligungen wegbrechen würden. Obwohl die UEFA das Fenster der Sommer-Transferperiode bis zum 5. Oktober ausgedehnt hat, ist ein später Sancho-Wechsel erst kurz vor Ende dieser Deadline daher ausgeschlossen. Sie liegt nach Informationen der Ruhr Nachrichten deutlich früher. Schon Anfang August möchte der BVB Klarheit haben, Manchester bleiben somit nur noch knapp vier Wochen, um den Transfer zu realisieren. Sollte Sancho mit im Charterflieger sitzen, wenn Borussia Dortmund am 10. August ins Trainingslager in die Ostschweiz nach Bad Ragaz reist, wird er mit der Borussia in die neue Saison gehen.

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Die Fakten liegen also auf dem Tisch. Doch noch ist längst nicht gesichert, ob ManU diesen Transfer stemmen kann. Englische Medien spekulierten in den vergangenen Wochen, dass der derzeitige Tabellen-Fünfte der Premier League bereit sei, maximal 50 Millionen Euro für Sancho zu zahlen. Die amerikanische Unternehmer-Familie Glazer, in deren Besitz Manchester United ist, scheint nicht gewillt, angesichts der ungewissen Auswirkungen der Corona-Krise massiv in diesen Transfer zu investieren.
Manchester United kämpft um Sancho - und die Champions League
Auch die noch fehlende sportliche Planungssicherheit spielt eine Rolle, nach derzeitigem Stand hätte Manchester Unitd die wichtige Qualifikation für die Champions League verpasst. Der Rückstand auf den Vierten Chelsea beträgt allerdings auch nur zwei Punkte. Klar ist hingegen: Die von englischen Medien ins Spiel gebrachte Summe wird auf keinen Fall reichen. Die vom BVB geforderten 120 Millionen Euro gelten als nicht verhandelbar.
Schließlich ist auch die Position des Spielers noch offen. Sanchos Vater soll im Juni in Dortmund auf der Geschäftsstelle gewesen sein. Signale, dass Jadon Sancho den BVB um jeden Preis verlassen möchte, hat der Klub bislang nicht vernommen.
Dirk Krampe, Jahrgang 1965, war als Außenverteidiger ähnlich schnell wie Achraf Hakimi. Leider kamen seine Flanken nicht annähernd so präzise. Heute nicht mehr persönlich am Ball, dafür viel mit dem Crossbike unterwegs. Schreibt seit 1991 für Lensing Media, seit 2008 über Borussia Dortmund.
