BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl im Winterstress Umbau der Mannschaft bleibt Mammutaufgabe

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Im Büro von Sebastian Kehl glühen auch in diesen Tagen die Telefondrähte. Mannschaft im Urlaub, Trainerteam im Urlaub – für den Sportdirektor der Dortmunder Borussia allerdings hat sich die intensive Phase aus dem Herbst verlängert. Frei? Höchstens über die Feiertage. Kehl hat ein voll beschriebenes Aufgabenheft.

Und er hat keine leichte Situation zu händeln. Weit vor dem offiziellen Start der „Transferperiode II“ Anfang Januar hat Kehl einige der offenen Personalien abgeklopft, das ist eigentlich ein über das gesamte Jahr laufender Prozess. Klarheit herbeizuführen ist aber gar nicht mal so einfach. Der aktuelle Stand: Acht Verträge laufen am Ende der Saison aus, eine endgültige Entscheidung ist aber nach Informationen der Ruhr Nachrichten noch in keiner der wichtigen Personalien gefallen.

Allenfalls Tendenzen sind erkennbar. Mit Kapitän Marco Reus und Abwehrchef Mats Hummels ist vereinbart, im Frühjahr Gespräche aufzunehmen, möglicherweise also erst, wenn absehbar ist, wie sich die Rückrunde entwickelt hat. Felix Passlack darf sich schon im Winter einen neuen Klub suchen. Mit Mahmoud Dahoud wird Kehl über eine Vertragsverlängerung sprechen, beide Seiten haben Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit signalisiert.

Andere Personalien stehen auf der Agenda weiter oben: So deutet sich ein Abschied von Raphael Guerreiro an (wir berichteten), der zwar immer wieder betont hat, sich mit seiner Familie in Dortmund wohl und heimisch zu fühlen. Doch Guerreiro ist 28, er könnte sich im Sommer seinen neuen Klub aussuchen – und als dann ablösefreier Spieler noch einmal kräftig verdienen. Seine guten Auftritte bei der Weltmeisterschaft haben seine Verhandlungsposition in jede Richtung verbessert.

Grundsätzliche Einigung zwischen BVB und Moukoko

Die Personalie Guerreiro verdeutlicht auch den Abwägungsprozess, den Kehl für den BVB aktuell bei mehreren Personalien durchläuft. Die spielerische Klasse des Portugiesen ist unbestritten, seine Schwächen im Defensivspiel allerdings auch. Könnte Guerreiro auf einer anderen Position als links in der Viererkette wertvolle Impulse liefern? Bestimmt, aber behindert man dann die Weiterentwicklung dort ansässiger Spieler? Die wirtschaftliche Komponente bei einem Spieler mit einem Marktwert von 20 Millionen Euro kommt noch hinzu. Unabhängig ist eine Entscheidung in dieser Personalie von der Entwicklung im Werben um Ramy Bensebaini. Beim Gladbacher Linksverteidiger ist Dortmund in der Pole Position, wie auch bei anderen interessanten Spielern aber nicht der einzige Bewerber.

Hermann Gerland spricht mit Youssoufa Moukoko.
Die Zukunft von BVB-Juwel Youssoufa Moukoko, hier während der WM im Gespräch mit Hermann Gerland, ist weiter offen. © picture alliance/dpa

Zumindest deutet sich an, dass in einer der wichtigsten Personalien der kommenden Wochen eine positive Entscheidung fallen dürfte. Youssoufa Moukoko steht nach Informationen dieser Redaktion vor einer grundsätzlichen Einigung über eine Verlängerung seines auslaufenden Vertrags, auch wenn sich die Interessenten nach der sehr ordentlichen Hinrunde des 18-Jährigen stapeln. Zuletzt wurde Moukoko mit dem FC Chelsea in Verbindung gebracht, einen ernsthaften Vorstoß haben die Londoner nach Informationen dieser Redaktion allerdings nicht unternommen. Offiziell vollzogen wird die Vertragsverlängerung mit Moukoko beim BVB in diesem Kalenderjahr aber nicht mehr.

Bellingham-Verbleib beim BVB eher unwahrscheinlich

Kehl hat etliche weitere lose Fäden in der Hand. Und muss das Gesamtkonstrukt im Auge behalten. Auf welche Spieler mit 2024 endendem Arbeitspapier will der BVB auch in Zukunft setzen, welchen legt die Borussia einen Sommerwechsel nahe, um den Umbruch weiter voranzutreiben? Gleich 13 (!) Verträge enden im Sommer der Heim-Europameisterschaft 2024.

Jude Bellingham blickt zur Seite.
Der Personalie Jude Bellingham kommt bei den BVB-Planungen eine entscheidende Bedeutung zu. © picture alliance/dpa

Das wichtigste Gespräch der kommenden Wochen werden Kehl und BVB-Boss Hans-Joachim Watzke mit Jude Bellingham und dessen Familie führen. Anders als bei Erling Haaland, der den BVB im Frühjahr 2022 lange im Unklaren ließ, hofft der Klub auf eine verlässliche Aussage des 19-Jährigen über seine Pläne für die kommende Saison – dabei ist beinahe egal, in welche Richtung sie dann ausfallen wird. Die Wahrscheinlichkeit für einen Bellingham-Abschied ist weiterhin größer als ein Verbleib. Beinahe allen Großklubs aus England und Spanien mit entsprechendem wirtschaftlichen Potenzial wird ein Interesse an den Diensten des Dortmunder Mittelfeld-Asses nachgesagt.

Bellingham-Entscheidung beeinflusst Umbruch

Von Bellinghams Entscheidung hängt auch ab, wie weit Borussia Dortmund den zweiten Teil des Umbruchs forcieren kann. Eine entsprechende Transfereinnahme, die brutto sicher weit jenseits der Marke von 100 Millionen Euro liegen und sich eher in der Größenordnung wie beim Transfer von Ousmane Dembélé zum FC Barcelona (140 Mio. Euro) bewegen würde, brächte entsprechenden Handlungsspielraum – auch über den reinen Ersatz für Jude Bellingham hinaus.

Emre Can und Thomas Meunier jubeln.
Die Leistungen von Emre Can (links) und Thomas Meunier unterliegen erneut starken Schwankungen. © picture alliance/dpa

Welche Spieler könnten auf der Zugangsseite die erkannten Problemstellen im Kader beheben? Auf beiden Außenverteidiger-Positionen besteht Handlungsbedarf, auch unabhängig von der Zukunft der dort aktuell eingesetzten Spieler. Auch auf den offensiven Positionen sind Veränderungen angezeigt. Thorgan Hazard dürfte mit seiner Rolle als Ergänzungsspieler kaum zufrieden sein, ohnehin läuft sein Vertrag nur bis 2024. Verlängerung beinahe ausgeschlossen. Auch ein Donyell Malen spielt nach einer schwachen Hinrunde auf Bewährung. Weitere Wechselkandidaten spätestens im Sommer: Mittelfeldspieler Emre Can und Rechtsverteidiger Thomas Meunier, auch die Verträge dieser beiden Spieler enden 2024. Der Umbau der Mannschaft bleibt für Kehl weiter ein Mammutprojekt.

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