Hinter Borussia Dortmund liegt eine turbulente erste Saisonphase. Zwar hat der BVB die Erwartungen in den Pokalwettbewerben erfüllt, doch in der Bundesliga ist die Mannschaft von Edin Terzic als aktuell Tabellensechster weit hinter den eigenen Ambitionen zurückgeblieben. In unserem Spielerzeugnis blicken wir auf die ersten Monate der Saison 22/23 zurück. Heute im Fokus: Niklas Süle.
So lief die erste Saisonphase für Niklas Süle: Muskelfaserriss im Pokalspiel bei 1860 München – Süle musste pausieren, da hatte die Saison für den Neuzugang aus München noch gar nicht richtig begonnen. Erst am dritten Spieltag feierte er sein Bundesliga-Debüt für den BVB, drei Kurzeinsätze folgten, ehe er in Leipzig zum ersten Mal in der Startelf stand. Geholt, um die Innenverteidigung zu stabilisieren, musste Süle im Hinrunden-Verlauf dann den Personal-Engpass auf der rechten Seite der Viererkette auffangen. Sechs seiner zwölf Liga-Partien bestritt er als Rechtsverteidiger. Nach holprigem Start fing sich der 27-Jährige, ein Highlight seiner Hinrunde war die blitzsaubere Partie in Manchester. Dieses Niveau aber brachte er zu selten auf den Rasen, Konstanz blieb auch bei ihm ein Fremdwort.
Das sagt die Statistik: Ein Tor, zwei Assists, diese Zahlen sind sicher ausbaufähig. 17 Mal schoss Süle aufs gegnerische Tor, seine neun Flanken als Rechtsverteidiger sorgten oft für mehr Gefahr als die Versuche mancher Positionskollegen. Am Ball hatte der 27-Jährige die Ruhe weg, das kannte man aus München. 90 Prozent seiner Pässe erreichen die Mitspieler, die 63,7 Prozent gewonnene Zweikämpfe sind für einen Verteidiger ein guter Wert. Süle hat auch im BVB-Trikot mit dem Vorurteil aufgeräumt, aufgrund seiner Statur nicht schnell unterwegs sein zu können. Seine Maximalgeschwindigkeit von 34,6 km/h übertrumpfen nur drei Kollegen. Dennoch brauchte er in der Vorbereitung, um sich in eine gute Verfassung zu bringen – auch das kannte man aus seiner Münchner Zeit.
Das sind die Stärken und Schwächen: Süle hat sich in seine Aufgaben hineingebissen und sporadisch gezeigt, dass er die erhoffte Verstärkung für die Defensive sein kann. Das Ausweichen auf die rechte Seite war ihm nicht fremd, vor allem die letzte Hinrunden-Woche mit den beiden Niederlagen in Wolfsburg und Mönchengladbach zeigte aber, dass dort kaum seine Idealposition liegt. Im Verteidigungsverhalten erfolgreich, wenn er wach und konzentriert war, dazwischen aber auch immer wieder mit kleineren und größeren Fehlern. Als der BVB im Verlauf der Hinrunde zunehmend Probleme hatte, die Gegner vom eigenen Tor fernzuhalten, gingen auch bei Süle Ordnung und der kühle Kopf verloren. Probleme im Stellungsspiel und Verteidigungsverhalten summierten sich.
Ausblick und Perspektive: Vom ablösefreien Neuzugang muss mehr kommen, da befindet sich der Innenverteidiger aber in guter Gesellschaft. Ihn fest auf seiner Stammposition zu etablieren ist das Ziel, auch wenn er sich klaglos in die Rolle als Rechtsverteidiger einfügte. Eine Dauerlösung sollte er dort nicht sein. Auch bei der WM war Süles Spiel nicht frei von groben Fehlern. Die Kritik fiel nach dem Ausscheiden heftig aus, er wird sie über die Winterpause verarbeiten müssen, um dann mit freiem Kopf in die Restserie zu starten.
RN-Note: 3,5
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