Nach einem seiner schlechtesten Spiele im BVB-Dress, und einem seiner schlechtesten Profi-Spiele überhaupt, stellte sich Mats Hummels. Wer in der Öffentlichkeit kritisiert und als Meinungsführer vorangeht, sollte sich auch zeigen, wenn es persönlich hakt. Das beherzigte Hummels nach dem 2:4 in Mönchengladbach, als er bei Instagram schrieb: „Mein 400. Bundesliga-Spiel war leider ein (sehr) schlechtes. Was für eine miese Woche!“
Hummels erlebt einen BVB-Tiefpunkt
Der letzte Satz beschrieb treffend die Gefühlslage beim 33-jährigen Dortmunder Vize-Kapitän. Erst das 0:2 in Wolfsburg am Dienstag mit einem schon wenig souveränen Hummels-Auftritt. Am Mittwochabend dann das Telefonat mit Bundestrainer Hansi Flick und der Schock-Nachricht von der Nicht-Nominierung für die WM, die ein krönender Abschluss seiner DFB-Karriere hätte werden können.
Und zwei Tage später der Tiefpunkt in Gladbach. Die nächste Niederlage mit einer Hummels-Leistung, die man über weite Strecken der Hinrunde von ihm so nicht kannte und eine Fortsetzung seiner persönlichen Talfahrt – was auch die Vermutung nährt, dass Hummels vielleicht schon deutlich eher erfahren hat, dass der Bundestrainer die umstrittene Weltmeisterschaft in Katar ohne den formstärksten deutschen Innenverteidiger der Hinrunde spielen will.
DFB-Karriere für Hummels wohl beendet
Darüber wird wohl nur er selbst für Klarheit sorgen können. Das Gladbach-Spiel zumindest zeigte, dass es auch einem so erfahrenen Spieler wie Hummels nicht über Nacht gelingt, eine so große persönliche Enttäuschung zu verarbeiten und abzuschütteln. Hummels nimmt reichlich Denkarbeit mit in die WM-Pause: Welche Motivation bietet ihm der Bundesliga-Fußball noch, bevor im Sommer sein Vertrag in Dortmund ausläuft? Und ist die Flick-Entscheidung auch das unrühmliche Ende seiner großen Nationalmannschafts-Karriere? Davon ist zumindest auszugehen, wenn der Bundestrainer schon beim wichtigsten Turnier der Welt freiwillig auf einen der besten Verteidiger Deutschlands verzichtet. Dann wäre sein Einsatz beim 0:2 im EM-Achtelfinale gegen England vor eineinhalb Jahren sein letztes von 76 Länderspielen gewesen.
Die Spekulationen darüber, warum Flick den durch seine klaren Meinungsäußerungen öfter auch aneckenden Hummels nicht nominiert hat, sind seit der Bekanntgabe des WM-Kaders am Donnerstag ins Kraut geschossen. Bekannt ist, dass auch in Dortmund nicht alle Mitspieler glücklich darüber waren, wenn Mats Hummels öffentlich wieder den Finger in Wunden gelegt und Teammitglieder kritisiert hat.
Bierhoff-Anruf beim BVB wegen Hummels?
Auch beim DFB soll es Irritationen über Interviews des 33-Jährigen gegeben haben, die laut „Bild“ sogar in einem Anruf von DFB-Direktor Oliver Bierhoff beim BVB gegipfelt haben sollen. Hat sich Hansi Flick mit der Entscheidung gegen Hummels nur einen streitbaren Geist vom Hals halten wollen? Logisch wäre das kaum, denn eigentlich sollte der 57-Jährige wissen, dass es auch interne Reibung braucht, um maximalen Erfolg zu erzielen.
Eher spielten tatsächlich sportliche Argumente eine Rolle. Flick hat sich dem Vernehmen nach auf Niklas Süle und Antonio Rüdiger als Stamm-Paar in der Innenverteidigung schon weitgehend festgelegt. Bei der Wahl der weiteren Manndecker spielte vor allem die Flexibilität der Spieler eine Rolle. Zwar ist der Dortmunder Nico Schlotterbeck als nominelle Nummer drei ausschließlich innen einsetzbar, die nominierten Mathias Ginter und Lukas Klostermann können aber ebenso wie Thilo Kehrer auch außen oder vor der Abwehr spielen. Armel Bella-Kotchap soll das Turnier nutzen, um die DFB-Abläufe zu verinnerlichen, er stellt eher die Zukunft dar mit wenig Chancen auf Einsatzzeiten.
BVB-Gespräche mit Hummels völlig offen
Welche Rolle hätte Hummels da einnehmen sollen? Und trotz einer bis auf die letzten zwei Wochen der Hinrunde konstant guten Form gibt es bei Hummels auch erkennbare Defizite: Dass er fehlendes Tempo nicht immer durch gutes Stellungsspiel wettmachen kann, fällt dann auf, wenn der BVB selbst hoch presst und nach Ballverlusten in Konter läuft – so wie in Gladbach zigfach passiert. Und seine extreme Art der Vorwärtsverteidigung mit Tacklings auch jenseits der Mittellinie stellt seit Jahren ein Risiko dar. Gewinnt Hummels die Zweikämpfe, bringt das seinen Klub in eine gute Umschaltsituation. Verliert er sie, wie vor dem 1:3 am Freitag, öffnen sich für den Gegner im Zentrum riesige Räume. Es ist ein Vabanque-Spiel, das nicht immer gut ausgeht für Mats Hummels.

Hummels hat betont, dass er sich in der Pause neu sammeln und „wie immer mit harter Arbeit auf eine solche Erfahrung“ reagieren will. Gedanken über seine Zukunft werden diesen Prozess sicher begleiten. Die vergangene Woche hat nicht dazu beigetragen, dass eine Hummels-Zukunft in Dortmund wahrscheinlicher wird. Sowohl, was seine eigenen Pläne angeht als auch die des Klubs. Der Ausgang der für das Frühjahr angedachten Gespräche mit dem langjährigen Leistungsträger ist völlig offen.
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