BVB-Präsident Reinhard Rauball: Fans werden bei uns nicht instrumentalisiert
Borussia Dortmund
BVB-Präsident Reinhard Rauball spricht auf dem Kirchentag über die Bedeutung der Fans im Fußball. Natürlich geht es auch um Borussia Dortmund, aber eben nicht nur.

„Wir haben zu unseren Fans ein sehr kommunikatives Verhältnis, auch wenn wir vielleicht nicht immer dieselbe Meinung vertreten.“ - Reinhard Rauball © imago
Ein Heimspiel auf der anderen Seite der Strobelallee: Es gab viel Applaus, als Dr. Reinhard Rauball das Eissportzentrum in Dortmund betrat. Das Pippi-Langstrumpf-Lied wurde auch noch gesungen. Viel BVB-Anstrich für einen Programmpunkt des Kirchentags. Rauball machte gute Miene zum lauten Spiel. Danach ging es um Fußball und es war Schluss mit gut gemeinten Nettigkeiten.
Der BVB-Präsident sprach unter anderem mit Radio-Reporter Manfred „Manni“ Breuckmann auf offener Bühne zum Programmpunkt „Die Bedeutung der Fans für den Sport und die Vereine“ – und es wurde fast schon überraschend kontrovers diskutiert. Der Journalist und Fußball-Traditionalist Breuckmann gegen den Juristen und Präsidenten Rauball, das hatte mit Kirche und Glaube nicht allzu viel zu tun, hatte dafür aber durchaus Unterhaltungswert.
BVB-Präsident Dr. Reinhard Rauball bezog unter anderem Stellung …
… zum Vorwurf, Fußball-Fans würden instrumentalisiert: „Die Vermarktung der Vereine ist weit vorangeschritten. Das muss irgendwo Grenzen haben, das räume ich durchaus ein. Die Fans werden bei uns in Dortmund aber nicht instrumentalisiert. Wir haben zu unseren Fans ein sehr kommunikatives Verhältnis, auch wenn wir vielleicht nicht immer dieselbe Meinung vertreten.“

„Es ändert sich alles und der Fußball ändert sich auch“, sagt BVB-Präsident Reinhard Rauball. Das Verhältnis zwischen dem BVB und den Fans sei dennoch sehr kommunikativ. © imago
… zu den Grenzen im Umgang mit Fans: „Man kann mit den Fans nicht machen, was man will – und das will auch niemand. Man kann natürlich alles populistisch aufbereiten, aber man darf auch nicht alles in einen Topf schmeißen. Als ich vor 40 Jahren Präsident war, da war ich ein anderer Präsident als heute. Und Borussia Dortmund war ein ganz anderer Klub, als er es heute ist. Damals waren wir nur ein eingetragener Verein, heute gibt es zusätzlich eine GmbH & Co. KGaA.
Es ändert sich alles und der Fußball ändert sich auch. Man darf nur keinen Missbrauch damit treiben. Schauen wir doch mal nach Barcelona, Madrid oder nach Liverpool. Das sind alles Aktiengesellschaften und dort werden noch ganz andere Millionengehälter gezahlt. Sicherlich findet man im internationalen Fußball viele Ansatzpunkte, die man hinterfragen kann. Punkte, bei denen die Frage erlaubt ist, was denn eigentlich los ist und ob das so sein muss.
Aber deswegen lasse ich mir unser Verhältnis hier in Dortmund zu unseren Fans nicht kaputt reden. Das Verhältnis ist in Ordnung. Wenn es eine Choreografie gibt, dann kommen die Fans vorbei und es werden Gespräche geführt. Das ist ein ganz sauberes Verhältnis, auch wenn es vielleicht nicht immer einfach ist. Aber wir stehen im Dialog – und das lassen wir uns auch nicht nehmen.“
… zur 50+1-Regel: „Es wird ja gerne auf die Verbände geschimpft, aber sowohl DFB als auch DFL haben sich dazu erklärt, dass 50+1 bestehen bleiben soll. Das steht bei Borussia Dortmund in der Satzung und es steht auch beim FC Schalke 04 in der Satzung. Und in beiden Vereinen gibt es niemanden, der 50+1 kippen will.
Wir kämpfen mit der DFL seit längerer Zeit gegen eine Klage von Hannover 96 und Martin Kind, der 50+1 im Endeffekt kippen möchte. Das haben wir bislang durchgehalten – und so wie es aktuell aussieht, wird es auch nicht zu einem Schiedsspruch kommen, der 50+1 kippt. Wir wollen 50+1 halten, nicht zuletzt wegen der Fans, die weiterhin das Sagen haben sollen. Das Mitspracherecht soll in den Statuten der Klubs verankert sein.
Nehmen wir den BVB: Die Mitgliederversammlung wählt unter anderem den Präsidenten, den Vize-Präsidenten und den Schatzmeister, die am Ende bestimmen, wer in der GmbH & Co. KGaA das Sagen hat. Der eingetragene Verein hat also auch in Dortmund nach wie vor das Sagen. Deswegen hat sich bei Borussia Dortmund unter dem Strich, was die Fan-Beteiligung angeht, gar nicht so viel verändert.“
… zu Montagsspielen: „Diese Anstoßzeit ist geschaffen worden für diejenigen Vereine, die den deutschen Fußball in der Europa League vertreten. Wenn Eintracht Frankfurt an einem Donnerstagabend in Russland spielt und freitags zurückkehrt, dann kann Eintracht Frankfurt kein Bundesliga-Spiel am Samstag bestreiten – und wenn man den Trainer fragt, dann noch nicht einmal am Sonntag. Deswegen gibt es den Montagstermin in der Bundesliga für eine begrenzte Anzahl an Spielen.“
… zum Dialog mit Fangruppen: „Das Gefühl, nicht immer zur anderen Seite durchzudringen, ist ein wechselseitiges. Die Ultras haben dieses Gefühl manchmal, wir haben es auch manchmal. Es gibt zwei Knackpunkte, über die wir bislang nicht hinwegkommen. Der eine Punkt ist die Pyrotechnik, der zweite Punkt ist die Gewalt. Von beiden Punkten nehmen die Ultras nicht genügend Abstand, obwohl wir sie dazu aufgefordert haben, um ihnen im Umkehrschluss andere Dinge einzuräumen.
Und da sage ich klipp und klar: Pyrotechnik im Stadion ist lebensgefährlich für andere. Das können wir als Veranstalter eines Fußballspiels nicht genehmigen. Und da sage ich als Jurist auch: Ich stehe eines Tages am Pranger, wenn beispielsweise ein Kind durch Pyrotechnik verletzt wird.“
… zu Sanktionsmöglichkeiten, um Fans Grenzen aufzuzeigen: „Das ist nicht so einfach. Wenn man in zwei Punkten derart weit auseinander liegt, ist es kompliziert. Jetzt sprechen wir über sogenannte kalte Pyrotechnik, die aber immer noch 250 Grad Celsius heiß ist. Wenn ich mich bei 40 Grad in die Badewanne lege, dann verbrühe ich mich. Also möchte ich auch 250 Grad niemandem zumuten.
Die Sanktionsmöglichkeiten liegen am Ende bei den Verbänden und werden ja auch ausgesprochen. Geldstrafen, Blocksperren, Geisterspiele – haben wir leider alles schon gehabt. Aber ob das der richtige Weg ist, das bezweifle ich. Denn es trifft natürlich immer auch jemanden, der mit den Geschehnissen nichts zu tun gehabt hat.“