BVB plant neue Saison ohne Europapokal Dortmunder Mangel an Siegermentalität

BVB plant neue Saison ohne Europapokal: Dortmunder Mangel an Siegermentalität
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Den musikalischen Abschiedsgruß hörten die BVB-Profis gar nicht mehr. Frisch geduscht und bevorzugt mit Kopfhörern auf dem Ohr bestiegen die Besiegten in Leipzig wahlweise den Mannschaftsbus oder bereitstehende Vans. In der Heldenstadt hatten sie nur die Rolle der Verlierer eingenommen, als in der Arena der 80er-Jahre-Klassiker „Don‘t stop believin‘“ von Journey aus den Boxen schepperte. Hör nicht auf zu glauben? Das fiel schwer, nach dem 0:2 bei RB ist nicht nur das Minimalziel Champions-League-Qualifikation für Borussia Dortmund außer Reichweite geraten.

Der BVB und die anderen Erwartungen

„Fast unmöglich“ sei es, noch Platz vier zu erreichen, meinte Abwehrchef Nico Schlotterbeck, „die Chance ist sehr gering.“ Routinier Pascal Groß schloss sich an: „Langsam wird es auch unrealistisch, sich für die Champions League zu qualifizieren. Es wäre positiv, wenn wir noch Fünfter oder Sechster werden.“ Hadernd ergänzte der 33-Jährige: „Ich bin mit anderen Erwartungen hierhergekommen.“ Die Realität lautet Platz elf in der Bundesliga für die Schwarzgelben, deren desaströse Bilanz im Jahr 2025 nur die absoluten Kellerkinder unterbieten.

Das Topspiel hätte in Leipzig einen anderen Ausgang nehmen können, sogar „müssen“, betonte Trainer Niko Kovac. 21 Torschüsse, mehr als ein halbes Dutzend klarster Einschussmöglichkeiten und kein einziger Treffer: Selten standen Leistung und Ertrag so sehr im Widerspruch wie in den zweiten 45 Minuten. Eine Angriffswelle nach der anderen rollte auf das RB-Tor, eine nach der anderen versandete.

Dortmund ist zu doof für Europa

Als sei die Partie ausgewählt, ein Slapstick-Potpourri aufzuführen, vergeudeten Serhou Guirassy, Maximilian Beier, Karim Adeyemi oder Groß ihre Chancen, scheiterten an Latte und Pfosten, Torhüter Peter Gulacsi oder ihren Nerven. „Ein Stück weit Qualität, ein Stück weit Pech“, machte Groß dafür verantwortlich. Zu wenig Entschlossenheit, mangelhafte Konzentration im Abschluss, fehlende Gier und groteskes Unvermögen hätte er noch ergänzen können. Zusammengefasst: Dortmund ist zu doof für Europa.

Wieder einmal ließ der BVB seine Anhänger kopfschüttelnd zurück. Diesmal nicht wegen komplett abhandengekommener Torgefahr wie vor einer Woche gegen Augsburg, sondern wegen der miserablen Verwertung exorbitant vieler Chancen. Bis weit in den zweiten Durchgang wäre es möglich (und verdient) gewesen, mindestens auszugleichen. Doch weil Fußball letzten Endes Ergebnissport ist, standen die Borussen mit leeren Händen da, was sie sich selbst zuzuschreiben hatten.

Besondere Sicht von BVB-Sportdirektor Kehl

Zur Fahrlässigkeit vor dem gegnerischen Tor gesellte sich zum x-ten Mal eine weitgehend verkorkste erste Spielhälfte, in der BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl („Ich habe uns nicht unterlegen gesehen“) als einer von wohl nur sehr wenigen Beobachtern nicht die Leipziger Dominanz anerkannte. Dortmund blieb schläfrig gegen den Ball und viel zu langsam mit der Kugel am Fuß.

Vor allem über die schwache rechte Dortmunder Seite, wo Waldemar Anton konfus agierte und Karim Adeyemi die Defensivarbeit verweigerte, kam RB mit seinen vertikalen Spielverlagerungen immer wieder gefährlich vor das Tor. So entstanden das 1:0 durch Xavi Simons (18.) und zwei Lattentreffer. Bedenklich: Drei Minuten nach Wiederanpfiff war es erneut eine Standardsituation, in der die BVB-Abwehr aussetzte. Lois Opendas Volleyschuss genügte höchsten Ansprüchen, wäre aber bei einem Hauch von Gegenwehr in dieser Form unmöglich gewesen (48.).

Schlimme BVB-Bilanz in der Bundesliga

Zu diesem Zeitpunkt waren die Gäste zwar besser in der Partie, nachdem Kovac nach einer halben Stunde auf Dreierkette umgestellt und das Leipziger System gespiegelt hatte. Das Lob für die guten zweiten 45 Minuten schmeckte wegen des ineffizienten Vortrags bitter. „Wir können gefühlt acht Dinger machen, dann sagt jeder: „Wie toll!“, aber am Ende geht es um Siege. Ich weiß, wo wir in der Tabelle stehen, wir brauchen nicht über Europa zu reden“, sagte Emre Can.

Statt in der Königsklasse zu sitzen, braucht es Förderunterricht in Siegermentalität und Erfolgshunger. Nur zwei Siege in der Bundesliga folgten auf die zwölf Spiele im Europapokal, eine statistische Ohrfeige. Öffentlich wird niemand beim BVB diese Spielzeit abschreiben. Intern kalkuliert man nach Informationen der Ruhr Nachrichten längst auch mit einer Saison ohne Europapokal. „In der Situation, wo wir sind, müssen wir kleine Brötchen backen“, sagte Groß über einen Klub, in dem es die Spieler und Bosse gewohnt sind, mit goldenen Löffeln zu speisen.