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BVB-Frauenfußball: Wann möchte der Verein in der Bundesliga spielen, Svenja Schlenker?
Borussia Dortmund
Seit 2020 gibt es die Frauenfußball-Abteilung von Borussia Dortmund. Zum großen Interview haben wir mit Abteilungsleiterin Svenja Schlenker gesprochen. Unter anderem über Zuschauerzahlen und das Ziel in die Bundesliga zu kommen.
Seit 2020 gibt es die Frauenfußball-Abteilung von Borussia Dortmund. Sportlich liegt das Team in der Kreisliga A oben auf und marschiert gerade in Richtung Aufstieg in die Bezirksliga.
Wo das Team langfristig hin soll, wie gut die Mannschaft aktuell ist und ob es die richtige Entscheidung war, die Frauenfußball-Abteilung bei Borussia Dortmund ins Leben zu rufen, verriet Svenja Schlenker, Abteilungleiterin, im ersten Teil des großen Interviews.
Erstes Pflichtspiel für die neu gegründete Frauenfußball-Abteilung von Borussia Dortmund im Stadion Rote Erde. 1625 Zuschauer neben Ihnen. Darunter BVB-Präsident Reinhard Rauball und Profi Mats Hummels und Marcel Schmelzer. Was hat das für ein Gefühl ausgelöst, Frau Schlenker?
Das war ein unbeschreibliches Gefühl. Mit einer so hohen Zahl und dem damit verbundenen großen Zuspruch habe ich nicht gerechnet. Das war wirklich surreal. Ich erinnere mich noch genau. Ich bin damals von zu Hause losgefahren und war sehr aufgeregt, weil ich nicht wusste, was auf uns zukommt. Ich habe mich eine Stunde vor dem Spiel etwas zurückgezogen, saß in der Gaststätte im Stadion Rote Erde und habe versucht, mich ein wenig abzulenken. Meine Familie war auch da, was mich wirklich sehr gefreut hat. Kurz bevor die Spielerinnen ins Stadion gekommen sind, bin ich auf die Tribüne gegangen und konnte meinen Augen nicht trauen. Dort saß ich dann 90 Minuten mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
Es waren sogar mehr Zuschauer, als der BVB II zwei Tage zuvor in der Dritten Liga hatte.
Die Zuschauerzahlen sind natürlich nicht mehr auf dem Niveau der ersten beiden Spiele. Damals war es vor allem die Neugier der Fans, bei etwas Neuem dabei zu sein. Das Verlangen nach schwarzgelben BVB-Frauen kam ja aus der Fanszene. Aber wir kommen bei Heimspielen noch immer auf rund 600 bis 700 Zuschauer – in der Kreisliga! Auswärts ist es ähnlich, da sind es meist um die 500 Zuschauer. Es gibt Bratwurst, es gibt Bier. Das war und ist Amateurfußball, wie man ihn will (lacht).
Wie sind Sie eigentlich an den Vorsitz der Abteilung gekommen?
Begonnen hat alles bei unserer Mitgliederversammlung 2019. Zwei Mitglieder hatten den Antrag gestellt, dass der Verein sich Gedanken über ein Frauenteam machen soll. Carsten Cramer als einer der Geschäftsführer hat damals versprochen, dass wir uns dieses Themas annehmen werden. Ich habe mich unmittelbar bemerkbar gemacht und bekundet, dass ich richtig Bock darauf habe, an den Überlegungen mitzuwirken. Carsten Cramer und ich haben uns dann zusammengesetzt und eine Projektgruppe gegründet, der ich schließlich vorstehen durfte. Mit Gründung der Abteilung wurde mir dann auch die Verantwortung übertragen.
Kann man heute schon sagen, dass es die richtige Entscheidung war, ein BVB-Frauenteam zu installieren?
Auf jeden Fall! Wir fühlen uns bestätigt. Es macht richtig viel Spaß, und wir fühlen uns intern wie extern wertgeschätzt.
Die aktuelle ungeschlagene Mannschaft scheint aber unterfordert zu sein in dieser Liga, oder?
Wenn man die Spiele sieht, merkt man, dass wir häufig nicht unterfordert sind. Wir sind manchmal einfach disziplinierter. Wir stehen unter Druck, der Gegner hat nichts zu verlieren. Wir haben ja nie damit hinterm Berg gehalten, dass wir aufsteigen möchten.
Sie haben in Annike Krahn, Christian Timm und Johannes Focher ehemalige Profis im Staff, vor der Saison ein Trainingslager absolviert, zuletzt eine Leistungsdiagnostik. Sind es ungleiche Bedingungen im Vergleich zur Kreisliga-Konkurrenz?
Ja, natürlich. Da müssen wir nicht drum herumreden. Wir sind froh darüber, die fantastische Infrastruktur des Vereins nutzen können. Wir haben vier Leute im Trainerteam. Das hilft uns. Ist mal einer krank oder muss mal durchpusten, stehen immer noch drei Trainer zur Verfügung.
Wenn Sie so viel in dieses Team investieren, warum sind Sie nicht zum Beispiel eine Kooperation mit dem SV Berghofen eingegangen, um ganz schnell in der Bundesliga zu langen?
Das wäre fraglos der einfachere und schnellere Weg gewesen. Wir haben aber im Vorfeld die Meinung unserer Fans abgeholt, um auf breiter Meinung zu entscheiden, und 89 Prozent haben dafür abgestimmt, dass wir den Weg gehen sollen, den wir jetzt auch gegangen sind und gehen. Und der Weg passt auch viel besser zum BVB. Wir sind eine Arbeiterstadt, wir kämpfen uns von unten nach oben. Es ist zwar ein langer Weg, dem wir uns jedoch bewusst und ohne Wenn und Aber stellen.
Der lange Weg in die Bundesliga?
Ja, das haben wir immer offen kommuniziert. Wir wollen in die Bundesliga!
Wann möchte der BVB in der Bundesliga spielen?
Wir haben keinen Zeitplan. Wenn es nach uns geht, so schnell wie möglich. Es wird natürlich aber von Liga zu Liga immer schwerer, direkt aufzusteigen. Es kann also auch mal eine Ehrenrunde geben. Aber die Ambition, so schnell wie möglich in der Bundesliga anzukommen, haben wir.
Ab wann sind Aufstiege nicht mehr planbar?
Ich könnte mir vorstellen, dass es ab der Westfalenliga so ist. Da ist dann das Leistungsgefälle innerhalb der Liga nicht mehr so groß.
Nehmen Sie nicht in den nächsten Jahren allen anderen Teams die Hoffnung, selbst aufsteigen zu können?
So denken wir nicht. In einem Wettstreit will am Ende jeder der Beste sein. Wir haben fürs Erste eine sehr gute Basis. Trotzdem haben wir ja auch jetzt längst nicht immer Kantersiege. Zu Borussia Dortmund gehört auch immer eine gewisse Portion Demut. Und Respekt vor jedem Gegner haben wir sowieso.
Wenn der Plan es vorsieht, irgendwann mal in der Bundesliga anzukommen. Ab welcher Liga muss das aktuelle Team dann mit besseren Spielerinnen ausgetauscht werden?
Wir haben den Kader bewusst so aufgestellt, dass wir nicht jedes Jahr den halben Kader austauschen müssen. Das fände ich auch sehr, sehr schade, denn ein Kadergefüge entwickelt sich ja erst mit der Zeit. Erst wenn sich ein Team so richtig gefunden hat, kann man alles auf dem Platz geben.
Wie gut ist die Mannschaft aktuell?
Zuletzt haben wir einen Test gegen einen Bezirksligisten gewonnen. In der Vorbereitung auf die Rückrunde testen wir gegen weitere Bezirks- und Landesligisten. Im Anschluss werden wir besser einschätzen können, wo wir auch mittel- bis langfristig gesehen stehen.
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