BVB-Sponsor sauer, Fans auf Konfrontationskurs Debatte um Stadionnamen neu entfacht

BVB-Fans sauer: Nach Kritik von Signal Iduna geht die Namensdebatte weiter
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Die Choreografie „Für immer Westfalenstadion“ am Karsamstag wäre bei vielen bereits im Hinterkopf verschwunden. Zehn Tage her, war schön gewesen. Doch durch die Kritik des Großsponsors hat die Kontroverse um den Stadionnamen nun neue Nahrung erhalten. Ulrich Leitermann, Vorstandsvorsitzender der Signal Iduna, hatte dargelegt, dass er dieses riesengroße Banner „inakzeptabel“ fand. Kein Wunder, der Versicherungskonzern zahlt jährlich eine hohe einstellige Millionensumme für die Namensrechte. 24/7 prangt die Reklame über der Westtribüne. Aber leuchtet sie auch in die schwarzgelben Herzen?

BVB-Sponsor Signal Iduna ist verstimmt

Bei der Signal Iduna, mit sechs Prozent einer der größeren Anteilseigner an der KGaA, hat man neben der Verärgerung über die „Missachtung“ der Namensrechte durch die BVB-Anhänger auch verschnupft registriert, dass die Choreografie vom Klub freigegeben wurde. Das Prozedere sieht üblicherweise vor, dass diese groß angelegten Inszenierungen angemeldet werden, in letzter Instanz winkt die Geschäftsführung den Vorschlag durch. Als Maßstab gilt hier, dass keine Diskriminierungen, Verunglimpfungen oder Beleidigungen gröberer Art genehmigt werden. Beim BVB sah man wohl keinen Anlass, im Fall „Für immer Westfalenstadion“ einzuschreiten. Nun ist der Sponsor mindestens verstimmt.

Mit ihrer Geburtstags-Gruß an den steinernen Fußballtempel hatte die BVB-Ultragruppierung „The Unity“ kurzzeitig wieder Aufmerksamkeit auf das Thema Namensrechte gelenkt. Nun hat die Signal Iduna selbst den Effekt nochmal massiv verstärkt. Vielfach wurde der sogenannte „Streisand-Effekt“ zitiert: Der beschreibt das Phänomen, wenn der Versuch, eine unliebsame Information zu unterdrücken, das Gegenteil erreicht. Der Widerstand gegen den Verkauf der Namensrechte ist nicht neu, der glomm von Beginn an. Aber nun ist er neu befeuert.

Heftige Reaktionen der BVB-Fans auf Leitermann-Kritik

Wie kam es zur Choreo? In der Dortmunder Szene beruft man sich auf eine mündliche Vereinbarung von 2010. Da hätten sich die Ultras und Signal Iduna nach mehreren Eskalationsstufen zuvor darauf geeinigt, einmal im Jahr, ungefähr rund um den Stadion-Geburtstag am 2. April, das „Westfalenstadion“ zu feiern. Darüber hinaus blieb es in den vergangenen Jahren ruhig, es gab keine weiteren Provokationen. Bis Leitermanns Antworten in den Ruhr Nachrichten heftige Reaktionen hervorrief.

So trendete am Dienstag und Mittwoch „#Westfalenstadion“ beim Kurznachrichtendienst Twitter, die Google-Nachfragen schnellten in die Höhe. Eine große Zahl von BVB-Anhängern äußerte absolute Unverständnis für die (Form der) Kritik der Signal Iduna und warf dem Versicherer mangelndes Verständnis für Fankultur und Borussia Dortmund im Speziellen vor. Andere User konnten der Argumentation des Namensrechte-Inhabers durchaus in Teilen folgen.

„Zwischen Belustigung und der Faszination eines Verkehrsunfalls“

@bolmkekind etwa meinte: „Wieder jemand, der nicht versteht, dass nicht alles im Fußball mit Geld zu kaufen ist.“ Eine gegenteilige Meinung zu Leitermanns Aussagen: „Ich verstehe ihn. Als es uns wirtschaftlich nicht gut ging, waren wir froh, die Millionen zu bekommen. Und jetzt trampeln wir Fans auf denen rum… Für mich ist das Stadion selber Heimat. Die Menschen. Egal was draußen draufsteht“, schrieb @alexgollan.

Ulrich Leitermann im Gespräch mit Jürgen Koers.
Signal-Iduna-Chef Ulrich Leitermann (r.) im Gespräch mit RN-Redakteur Jürgen Koers. © Barajas

Auch das BVB-Fanzine „schwatzgelb.de“ verfasste einen Artikel, amüsierte sich darin über Leitermanns Antworten und die Entwicklung des Gesprächs und spottete. „Als Leser schwankt man permanent zwischen Belustigung und der Faszination eines Verkehrsunfalls, bei dem man einfach nicht weggucken kann.“ Delikat: In der Satzung der Kommanditgesellschaft auf Aktien heißt es in Paragraf 1, Punkt 4: „Grundsätzlich ist der Heimspielort der ersten Mannschaft das Westfalenstadion Dortmund.“

Weitere Proteste der BVB-Fans

Am Samstag beim Spiel gegen Eintracht Frankfurt (18.30 Uhr), erfuhren die Ruhr Nachrichten aus eingeweihten Kreisen, werde es auf der Südtribüne erneute Proteste gegen die Investoren-Pläne der DFL geben und auch eine sichtbare Reaktion auf die Schelte durch die Signal Iduna. Ohne Zweifel wird das Thema Klub, Sponsor und BVB-Fans noch länger begleiten. Denn in knapp einem Jahr feiert das Stadion 50-Jähriges. Offiziell als „Signal Iduna Park“. Doch von 1974 bis 2006 hieß es eben „Westfalenstadion“. Dieser Name geht den traditionsbewussten und kommerzkritischen Anhängern leichter über die Lippen. Der Sponsor wiederum möchte für sein Geld natürlich auch eine entsprechende Gegenleistung sehen … Ein klassischer Interessenkonflikt, beispielhaft für die divergierenden Meinungen und den Streit um Tradition und Moderne, um Fußballkultur und Fußballkommerz. Inmitten der Debatten um einen möglichen Investoren-Einstieg in die Deutsche Fußball Liga (DFL), den BVB-Boss Hans-Joachim Watzke als DFL-Aufsichtsratschef befürwortet.

Borussia Dortmund selbst wollte am Mittwoch keine offizielle Stellungnahme abgeben.

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