Ganz so jung, meint Alexander Meyer und zieht die Mundwinkel hoch, sei er ja auch nicht mehr. Als 31-Jähriger lässt sich das mit Fug und Recht behaupten im Profisport. Doch ganz so abgeklärt wie er auftritt kann er doch nicht gewesen sein bei seinem erst fünften Bundesliga-Spiel. Von seinem bevorstehenden ersten Einsatz nach fünf Monaten als Bankangestellter hatte er erst „fünf Minuten vor dem Anpfiff“ erfahren. Borussia Dortmunds Ersatztorhüter musste eben „ready sein“, wie er sagt. Er war „ready“ beim 2:1 des BVB gegen RB Leipzig. Kapitän Marco Reus beschrieb Meyers Leistung als „bravourös“.
Meyer nach vier Monaten zurück im BVB-Tor
Bei der letzten geplanten Aufwärmaktion spürte Stammtorwart Gregor Kobel einen Schmerz im Oberschenkel. Mediziner, Physios und Trainerteam steckten die Köpfe zusammen, Kobel hätte schon gern gespielt in der Toppartie des 23. Spieltags. Doch BVB-Trainer Edin Terzic hielt „das Risiko für zu groß“, gerade mit Blick auf die kommenden Wochen. Also Meyer, der wieder „ins kalte Wasser geworfen“ wurde, wie er die Situation selbst beschrieb.
An seiner Schwimmfähigkeit auch ohne lange Vorwarnung hatte er bereits im Herbst die Zweifel zerstreut. Und gegen Leipzig, als die Gäste ganz zu Beginn der Partie und in der Schlussphase eine Serie ihrer 17 (!) Torschüsse abfeuerten, lieferte der Sommer-Neuzugang erneut den Nachweis bedenkenloser 1b-Klasse ab. „Ich freue mich natürlich, dass ich nach so langer Zeit mal wieder spielen konnte und sofort da war“, sagte Meyer. Bereit ohne Vorbereitung.
Meyer hält den BVB-Sieg gegen Leipzig fest
Es gibt ja diesen ewigen inneren Konflikt als Nummer zwei. Einerseits die Loyalität gegenüber dem etatmäßigen Stammkeeper, „mit Greg verstehe ich mich super“, andererseits der Ehrgeiz, das eigene Können auch vor großer Kulisse zu präsentieren. Das war nötig gegen RB, die Leipziger spielten in der zweiten Hälfte „wie beim Handball“ (Meyer) um den Dortmunder Strafraum herum, erhöhten Druck und Risiko. Zweimal reagierte Meyer glänzend, gegen Emil Forsbergs zentralen Distanzschuss und zuvor alleine gegen Christopher Nkunku.
Als er nach dem 2:1 von Timo Werner in der Nachspielzeit noch einmal bezwungen war, schulterte Nico Schlotterbeck den Ball vor der Linie aus der Gefahrenzone. „So muss das sein“, sagte Meyer, das Quäntchen Glück brauche man auch. „Der eine muss für den anderen da sein und helfen, wenn mal einer einen Fehler macht.“ Diesen Teamgeist hat Borussia Dortmund im Winter entwickelt. Im Frühling trägt er zur Blüte bei.
Weitere BVB-Bewährungschancen für Meyer?
Wenn wie am Freitag der Gegner doch zu zahlreichen Chancen kommt, braucht es eben leidenschaftliche Defensivarbeit. „Wir können viel mit dem Ball, aber es geht zuerst um das Kämpferische. Dass wir unsere Tore erzielen, dafür stand Dortmund auch in den vergangenen Jahren schon. In den letzten Spielen haben wir gezeigt, dass sich keiner zu schade ist, auch hinten den letzten Meter zu machen“, analysierte Meyer. Auch dadurch ziehe man die Spiele auf seine Seite.
„Wenn wir als Mannschaft gemeinsam so verteidigen, werden wir sehr erfolgreich sein“, sagte Terzic am Freitagabend. Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive ... „Meisterschaften, so geht doch der Spruch“, ergänzte Meyer. Mit wenigen Bundesliga-Spielen ist er doch ein alter Hase. Auch im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League beim FC Chelsea (Dienstag, 21 Uhr) könnte Meyer seinen Teamkollegen Gregor Kobel vertreten. Bei Bedarf ist der 31-Jährige wieder „ready“.
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