Es war diese Millisekunde, die einem ganz besonderen Tag für Soumaila Coulibaly eine unverrückbar negative Note verpasste. Die Flanke von Stuttgarts Josha Vagnoman, der Versuch des jungen Franzosen, den Ball zu klären und auf die Tribüne zu befördern. Und das Entsetzen, als er über den Ball schlug und beim Blick über die Schulter sah, wie der eingewechselte VfB-Angreifer Silas vom Luftloch des Innenverteidigers profitierte und mit der letzten Aktion eines dramatischen Spiels für die Schwaben das 3:3 erzielte. Ein Tor, das Borussia Dortmund bis ins Mark traf. Mittendrin ein 19-jähriger Debütant als unfreiwilliger Hauptdarsteller.
BVB-Debütant Coulibaly am Boden zerstört
Für Coulibaly, der natürlich am Boden zerstört und mit den Nerven am Ende war, gab es danach viel Zuspruch. „Natürlich hätten wir uns gewünscht, dass er den Ball mit seinem rechten Fuß klärt“, meinte Trainer Edin Terzic, der den Unglücksraben sofort nach dem Abpfiff in den Arm genommen hatte. „Aber es wäre absolut falsch, ihn jetzt zum Sündenbock zu machen.“
Terzic nahm stattdessen alle Spieler um Coulibaly herum in die Mithaftung. Raphael Guerreiro, der durch ein unmotiviertes Herausrücken die linke Dortmunder Abwehrseite entblößt hatte, ohne es auszusprechen auch Kapitän Marco Reus, der den Vollsprint nach hinten verweigerte und eher im gemächlichen Trab zurückgelaufen war. Coulibaly war das Gesicht dieses gemeinschaftlichen Fehlverhaltens, die gesamte Mannschaft hatte die Entstehung dieser Situation nach dem 3:2-Führungstreffer durch Giovanni Reyna mit ihrem unzureichenden Verteidigungsverhalten erst ermöglicht.
Rassistisch motivierte Beleidigungen gegen Coulibaly
Später am Abend musste Coulibaly erkennen, welche Reaktionen eine solche missglückte Aktion in den Zeiten des Internets auslösen kann. Er erntete viele aufbauende Worte, die ihm sicher Auftrieb gegeben hätten. Auf seinem Instagram-Account fanden sich aber auch beleidigende Posts, rassistisch motiviert und weit entfernt von einer inhaltlich zu akzeptierenden Kritik.
Der BVB, seit Jahren ein Vorreiter bei der Arbeit im Kampf gegen Rassismus, distanzierte sich am Sonntag sehr klar. „Borussia Dortmund hat ihm in dieser Sache Unterstützung angeboten“, erklärte Pressesprecher Sascha Fligge auf Anfrage der Ruhr Nachrichten. „Wir verurteilen jede Form von Diskriminierung und Rassismus.“ Coulibaly hatte noch am Samstagabend die Kommentarfunktion in seinem Account eingeschränkt, bis dahin gab es als Reaktion auf die unsäglichen Beleidigungen zahlreiche aufmunternde und solidarisierende Posts von BVB-Anhängern mit mehr Gehirn zwischen den Ohren.
Viel BVB-Rückendeckung für Coulibaly
Nach seinem 17-minütigen Profi-Debüt im letzten Gruppenspiel der diesjährigen Champions-League-Saison beim FC Kopenhagen hatte der Infekt bei Mats Hummels Coulibaly in Stuttgart endlich auch die erste Bewährungschance in der Bundesliga ermöglicht. Darauf hatte Coulibaly, ansonsten Stammspieler in der Dortmunder U23, lange warten müssen. Entsprechend groß und nicht zu übersehen war während seines gesamten 45-Minuten-Einsatzes die Nervosität.
Am Ende wurde es ein Nachmittag zum Vergessen für den jungen Franzosen. Mit einem aber noch viel schlimmeren Nachspiel am Abend, das ihn aber hoffentlich nicht von seinem Weg abbringen wird. Von den Mitspielern erhielt Coulibaly noch auf dem Rasen aufmunternde Rückendeckung. Andere, mit reichlich Erfahrung auch in so turbulenten Situationen wie während der achtminütigen Nachspielzeit, standen in der Mercedes-Benz Arena deutlich mehr in der Verantwortung an diesem für den BVB so unschönen Spieltag.
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