Borussia Dortmund
BVB-Arbeitssieg gegen Hertha: Champions League rückt in greifbare Nähe
Borussia Dortmund nimmt Platz vier wieder fest ins Visier - auch dank Hertha-Torhüter Jarstein. Der 2:0-Arbeitssieg gegen Berlin veredelt den Viertelfinal-Einzug in der Champions League.
BVB-Youngster Youssoufa Moukoko bejubelt seinen Treffer zum 2:0 gegen Berlin. © dpa
Einen Leckerbissen durfte man wohl nicht erwarten, am Ende der 90 Minuten stand bei Borussia Dortmund die Erkenntnis, dass der Alltag in der Bundesliga manchmal auch schwer verdaulich ist. Ein Glücksschuss von Julian Brandt unter tatkräftiger Mithilfe des Berliner Torhüter Rune Jarstein (54.) und das späte 2:0 des eingewechselten Youssoufa Moukoko (90.+1) sicherten dem BVB den nichtsdestotrotz hoch verdienten Sieg und drei wichtige Punkte im Kampf um Platz vier. Der Sieger durfte das Spiel nach einer insgesamt durchwachsenen Leistung schnell abhaken, für die unterlegene Berliner spitzt sich die Situation im Tabellenkeller zu.
Der BVB muss Lösungen gegen tief stehende Berliner finden
Warum die Partie gegen die Hertha nach dem emotionalen Highlightspiel gegen Sevilla für Borussia Dortmund ganz andere Herausforderungen parat halten würde, dafür lieferten schon die ersten 45 Minuten hinreichend Beweise. Am Dienstag war Dortmund die Mannschaft, die den Gegner kommen lassen konnte, vier Tage später war der BVB als Ballbesitz-Mannschaft dazu aufgerufen, Lösungen gegen einen tief stehenden Gegner zu finden.
72 Prozent Ballbesitz und 92 Prozent Passquote wiesen beim Halbzeitstand von 0:0 auf ein grundlegendes Problem hin: Wer oft den Ball hat, aber wenig riskiert, der kommt nur zu wenigen Gelegenheiten. Dass galt zwar auch für die Gäste aus der Hauptstadt - doch die standen längst nicht so in der Pflicht.
Beim BVB fehlt in den ersten 45 Minuten das Spiel in die Tiefe
Zwei gute Szenen, eine vor jedem Tor, das war eine magere Ausbeute für 45 Minuten Bundesliga-Fußball, die die wenigen anwesenden Augenzeugen im Stadion ebenso wenig von den Sitzen rissen wie etliche Fans vor dem Fernseher. Der Borussia, die Edin Terzic nur auf einer Position verändert ins Spiel schickte, fiel herzlich wenig ein gegen das dichte Bollwerk der Berliner. Fünf Spieler auf einer Linie in Höhe der eigenen Strafraumkante, drei davor - die engmaschige Verteidigungslinie bot nur wenig Raum.
Mit vielen Seitenverlagerungen und relativ konsequent besetzten Außenbahnen versuchte Dortmund dieses Netz aufzureißen, vergaß allerdings, dass es überraschende Aktionen braucht, um den Gegner in eine Unordnung zu treiben. Spiel in die Tiefe - Fehlanzeige. Mutige Dribblings - sah man ebenfalls nicht. Die Berliner hatten zumeist keine Mühe, sich zu stellen. Die wenigen Bälle, die in den Strafraum durchrutschten, verteidigten sie problemlos.
BVB-Chance aus dem Nichts durch Jude Bellingham
Nach gut 15 Minuten wurde der Gast dann auch noch mutiger und hatte eine richtig gute Gelegenheit, als eine Flanke von Cordoba bis zu Maximilian Mittelstädt durchrutschte. Der war wohl etwas überrascht, traf den Ball gar nicht richtig, was ihn allerdings erst recht gefährlich machte. Marwin Hitz durfte durchatmen, als er am Pfosten vorbei ins Aus ging (24.).
Dortmunds einzige Chance kam aus dem Nichts. Hazard passte flach in die Mitte, Jude Bellingham war zehn Meter vor dem Tor plötzlich völlig frei und hatte den Torschrei schon auf den Lippen - Berlins Keeper Jarstein, eigentlich schon auf de Weg in die andere Ecke, rettete seiner Elf das 0:0 mit einem starken Reflex (33.).
Die Berliner Taktik in Dortmund geht zunächst voll auf
Es blieb bis zur Pause bei den fruchtlosen Bemühungen der Schwarzgelben, die ins Aufgabenheft für die zweite Hälfte mehr Mut, mehr Risiko und mehr Zielstrebigkeit geschrieben bekamen. Die Berliner Taktik war bis hierher komplett aufgegangen.
Julian Brandt, für Thomas Delaney im Team, bis zur Pause aber ebenso unauffällig wie viele Dortmunder Offensivspieler, versuchte dann die Worte seines Trainers direkt umzusetzen. Aus gut 25 Metern zog der Blondschopf ab und wunderte sich wie viele Betrachter, warum die Kugel plötzlich das Netz ausbeulte. Erst die Zeitlupe zeigte den groben Fehler von Jarstein, der den zentral auf ihn zufliegenden Ball komplett falsch einschätzte - es stand 1:0 für den BVB (54.). Für Brandt nach vielen Monaten voller Nackenschläge eine echte Befreiung.
Brandt gelingt nach enttäuschenden Monaten der Befreiungsschlag
Das Tor öffnete die Partie. Berlin stellte von 5-3-1-1 auf 4-4-2 um, attackierte nun deutlich früher und brachte Lukebakio als zusätzliche Offensivkraft. Auch Dortmund wechselte - ungeplant. Mats Hummels, der BVB-Spieler mit den meisten Minuten, zeigte Probleme an und musste raus. Dan-Axel Zagadou ersetzte ihn. Es blieb allerdings dabei: Auch aus den nun größeren Räumen schlug der BVB kein Kapital, wollte den Ball ins Tor tragen und vergab so mehrere vielversprechende Szenen leichtfertig.
So war es kein Zufall, dass die Großchance zum 2:0 aus einem ruhenden Ball resultierte: Emre Can verlängerte die Ecke von Brandt perfekt in Richtung Berliner Tor - diesmal war Jarstein zur Stelle. 77 Minuten waren da schon gespielt, Dortmunds Führung war zwar hochverdient, stand aber auf wackeligen Füßen.
Die BVB-Führung gegen Berlin steht auf wackeligen Füßen
Die größte Sorge galt dann allerdings dem Kapitän: Marco Reus ging nach einer üblen Grätsche von Vladimir Darida zu Boden und krümmte sich vor Schmerzen. Die glatte Rote Karte war folgerichtig, nach drei Minuten Behandlung konnte Reus immerhin allein an die Seitenlinie gehen und kam zurück - es ging aber dann doch nicht weiter, die Furcht vor einer erneut schwerwiegenden Verletzung stand allen ins Gesicht geschrieben.
Die Partie stand danach im Zeichen dieser Aktion, die auch den Berliner Übeltäter selbst erschreckte. Giovanni Reyna vergab nach scharfer Hereingabe des ebenfalls eingewechselten Youssoufa Moukoko im Rutschen noch die endgültige Entscheidung (89.). Die besorgte dann der Youngster selbst, der erstmals seit dem Derby wieder eine Chance bekam, sich mit purem Willen durch die Berliner Abwehr dribbelte und aus spitzem Winkel vollstreckte. Sein dritter Bundesliga-Treffer machte den Deckel drauf.