Personell gebeutelt war der BVB in das Bundesliga-Spiel gegen Hertha BSC gestartet, noch gebeutelter ging er heraus: Durch das hart erkämpfte 1:1 (0:0) gegen Hertha BSC hielt Borussia Dortmund den Schaden im Rahmen und sicherte sich einen neuen Heimrekord. Die Sorgen von Trainer Thomas Tuchel werden jedoch nicht kleiner: Marcel Schmelzer verletzte sich, Emre Mor flog mit Rot vom Feld.
Würde man alle Artikel, die vor der Saison über die Kadergröße des BVB geschrieben wurden, ausdrucken und hintereinanderlegen, würde die Zettelschlange vermutlich von Dortmund bis zum Mond reichen. Einheitlicher Tenor: Die Schwarzgelben haben zu viele Spieler.
AM Freitag allerdings fehlten Tuchel gleich zehn Profis. Mikel Merino, ein 20-Jähriger aus Spaniens zweiter Liga, debütierte daher in der Innenverteidigung, rechts verteidigte A-Junior Felix Passlack, offensiv sollten die gerade dem Teenager-Alter entwachsenen Christian Pulisic und Emre Mor wirbeln.
Ganz junge Startelf
Das drückte das Durchschnittsalter des BVB zwar auf 22 Jahre und 337 Tage, nur zweimal in seiner Historie hatte der Gastgeber eine jüngere Bundesliga-Elf aufs Feld geschickt. Doch die Zwangs-Verjüngung führte auch zu eklatanter Strukturschwäche.
Die Hertha agierte dagegen erwartet clever gegen den Ball und nabelte die Dortmunder Zentrale um Julian Weigl, Sebastian Rode und Mario Götze geschickt vom Rest der BVB-Profis ab. Da keine weiteren potenziellen Strukturgeber ein schwarzgelbes Trikot trugen, fand ein geordnetes Spiel in der ersten Hälfte nicht statt. Pierre-Emerick Aubameyang hing vorne völlig in der Luft - und tat auch wenig dafür, aktiver teilzunehmen. Nur sieben Ballkontakte zählten die Statistiker bis zur Pause für den Gabuner, der binnen der ersten 45 Minuten weniger Kalorien verbrannt haben dürfte als sein Trainer.
Dortmunder Stückwerk
Tuchel nämlich sprang immer wieder wild an der Außenseite entlang und versuchte seinen Spielern mit ausladender Gestik und reichlich Gebrüll taktische Anweisungen zu geben. Zur Beruhigung des nervösen Spiels seiner Elf trug das indes nur bedingt bei. Es blieb Stückwerk. Gefährlich wurde es auf dem Rasen nur bei Berliner Kontern. Hätten Alexander Esswein (17./32.) oder Valentin Stocker (29.) nur ein Stück genauer gezielt, die Null hätte beim Halbzeitpfiff nur auf einer Seite gestanden.
Wer erwartet hätte, dass Tuchel auf die Strukturlosigkeit seiner Elf reagiert, indem er den zuletzt zwar hochgelobten, aber nie berücksichtigten Nuri Sahin einwechseln würde, wurde zu Beginn der zweiten Hälfte enttäuscht. Es ging unverändert weiter - nur dass Stocker diesmal genauer zielte. Vedad Ibisevic hatte nach 51 Minuten Matthias Ginters Passivität per Hackentrick ausgenutzt, während Stocker an Merino vorbeigesprintet war. Der Rest war Formsache für den Schweizer. Und die Berliner Führung war nicht unverdient.
Kagawa und Dembele als Joker
Nach 60 Minuten wechselte Tuchel dann doch aus, Sahin aber blieb auf der Bank. Shinji Kagawa und Ousmane Dembele sollten für neue Ideen sorgen, die enttäuschenden Rode und Götze gingen runter.
Und die Wechsel zeigten Wirkung: Nach 63 Minuten leitete Kagawa Aubameyangs erste Chance ein, zwei Minuten später schickte Dembele den Gabuner allein in Richtung Berliner Tor. Doch Dortmunds bester Torschütze wollte es besonders machen und Rune Jarstein überlupfen. Von der Hand des Norwegers ging der Ball an den Pfosten, nicht aber ins Tor. Und nach 71 Minuten kam es noch bitterer für Dortmund: Kapitän Schmelzer musste verletzt ausgewechselt werden, Joo-Ho Park kam zu seinem Saisondebüt.
Dramatische Schlussphase
Doch Dortmund blieb im Spiel. Nach Kagawas Schuss bekam Genki Haraguchi kurz darauf den Ball an die Hand. Schiedsrichter Patrick Ittrich entschied nach Absprache mit seinem Assistenten auf Strafstoß. Aubameyang trat an - und verschoß (76.). Doch der Gabuner blieb jetzt dran und belohnte sich und sein Team nach Dembeles Pass doch noch mit dem inzwischen verdienten Ausgleich (81.).
Und jetzt wurde es richtig dramatisch - und hart, obwohl das Spiel trotz der Foul-Diskussionen im Vorfeld lange fair verlaufen war. Nachdem sich Sebastian Langkamp an Mor festgeklammert hatte, schubste ihn der Türke zu Boden – Rot (84.). Kurz danach foulte Sami Allagui Dembele - ohne Konsequenz. Als Stocker Ginter von hinten umgrätschte, flog dann auch ein Berliner vom Feld. Die Partie war völlig aus dem Ruder gelaufen, am Ergebnis aber änderte sich nichts mehr. Dortmund war damit auch im 25. Heimspiel in Serie ungeschlagen geblieben - Rekord.