
Der Grundwertekodex soll Richtschnur sein für das Handeln aller BVB-Mitglieder. © IMAGO/Moritz Müller
BVB-Grundwertekodex fast fertig: Was steckt dahinter, was steht drin, wie geht es weiter?
Borussia Dortmund
Auf der BVB-Mitgliederversammlung im letzten Jahr wurde die Einführung eines Grundwertekodexes verabschiedet. Jetzt ist er fast fertig. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Ein starkes Leitbild für Borussia Dortmund, das unabhängig von Personalien in Vorstand und Geschäftsführung sowie Veränderungen im Fußball ist. Eine klare Leitplanke für das Handeln aller Mitglieder. Das soll er nach dem Willen der Initiatoren aus der BVB-Fanszene darstellen: Der Grundwertekodex des BVB. Nach fast einem Jahr Arbeit daran steht er jetzt kurz vor der Vollendung. Wir beantworten die wichtigsten Fragen dazu.
? Wie entstand die Idee für einen BVB-Grundwertekodex?
Die BVB-Fans Stefan Witte, Götz Vollmann und Andreas Assmann brachten in der Mitgliederversammlung 2021 den Antrag ein, dass ein Grundwertekodex ausgearbeitet werden solle. „Rauschende Feste im Stadion, Pokalgewinne, das Miteinander, das Borusseum, die Historie, Auswärtsfahrten, gesellschaftliches Engagement und vieles mehr. All diese Aspekte sind wichtig und schützenswert. Der Grundwertekodex soll all diese Facetten konservieren“, so begründeten sie damals ihren Antrag. Die Versammlung stimmte zu. Der klare Auftrag: Bis zur Mitgliederversammlung 2022 soll der Kodex fertiggestellt sein – und dann dort zur Abstimmung gebracht werden.
? Was ist seitdem passiert?
Die Borussia gründete eine achtköpfige Kommission aus Fans und Klubvertretern, die sich intensiv mit der Erstellung des Grundwertekodex befasste. Jakob Scholz (BVB Fan- und Förderabteilung), die Kodex-Initiatoren Stefan Witte und Götz Vollmann, Oliver Ricken von der Ultragruppierung The Unity, Jan-Henrik Gruszecki (BVB-Stabstelle Strategie und Kultur) – als Vertreter von Klubpräsident Dr. Reinhard Rauball - sowie Dr. Reinhold Lunow und Bernd Möllmann aus dem Vorstand des BVB e.V. und Thomas Treß aus der Geschäftsführung der KGaA hielten binnen eines Jahres sechs Treffen ab und erarbeiteten gemeinsam eine erste Version.
Anfang September stellte die Kommission den Kodex-Vorschlag rund 200 BVB-Mitgliedern vor und strickte weitere Anregungen aus diesem Treffen in den Kodex ein. Aktuell läuft noch bis zum 29. September der digitale Partizipationsprozess für die überarbeitete Version: Alle rund 157.000 BVB-Mitglieder haben eine Info-Mail der Borussia bekommen, um sich mit Anregungen an der dann finalen Kodex-Fassung noch beteiligen zu können. Nach Informationen der Ruhr Nachrichten ist das Interesse aus dem Fanlager gewaltig. Tausende Fans haben sich mit den 09 Punkten ihres künftigen Klub-Kodex‘ schon befasst.
? Was steht im BVB-Grundwertekodex?
Direkt der erste Punkt betrifft das Trikot des BVB: Die Hauptspielkleidung des BVB soll immer in den Vereinsfarben Schwarz und Gelb gehalten sein. Das Vereinswappen soll grundsätzlich die Brust jedes Trikots zieren - in gut sichtbarer Darstellung. Im Vorjahr hatte sich Kritik im Fanlager entzündet, weil unter anderem das Klub-Logo auf dem Cup-Trikot kaum sichtbar eingearbeitet war.
Der Kodex bezieht auch klar Position dagegen, zum Beispiel Pflichtspiele aus Vermarktungsgründen im Ausland auszutragen. Und ein Nein zu Konstrukten wie der Super League steckt auch drin: „Wir nehmen an keinem internationalen Wettbewerb teil, wenn dies dazu führen würde, dass dadurch eine Teilnahme am nationalen Hauptwettbewerb (z.B. Bundesliga) ausgeschlossen wäre.“

BVB-Fans Stefan Witte stellte auf der Mitgliederversammlung 2021 den entsprechenden Antrag. © imago images/Thomas Bielefeld
Auch die Position gegen jede Form von Diskriminierung ist unmissverständlich: „In dieser BVB-Familie ist Platz für alle, die sich mit unserem Verein und seinen Werten verbunden fühlen. Wir verstehen uns als vielfältige, inklusive Gemeinschaft, sind Heimat für Borussen unabhängig ihres Alters, ihres Aussehens, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Identität, ihrer Kultur, ihres Glaubens, ihrer Hautfarbe, ihrer Nationalität oder ihrer sozialen Herkunft.“ Und: „Wir setzen uns für die körperliche, seelische und sexuelle Unversehrtheit eines jeden Menschen ein.“ Pikant: Da Fans oder Klub-Bosse gegnerischer Klubs natürlich dazuzählen, wären Prügeleien oder üble Beschimpfungen gegen jene künftig ein Verstoß gegen den eigenen Klub-Kodex.
In die Pflicht genommen wird zudem der Vorstand der Borussia. Denn dieser „wird insbesondere dann die Abteilungsvorstände informieren, wenn er Kenntnis über wesentliche Verstöße gegen die Satzung oder den Grundwertekodex durch Gremienmitglieder des Ballspielvereins Borussia 09 e.V., der Gremien der Borussia Dortmund Geschäftsführungs-GmbH oder deren gesetzlichen Vertreter erlangt.“
Weitere Eckpunkte des Kodex in seiner aktuellen Fassung sind der Erhalt der 50+1-Regelung, das Bekenntnis zur sozialen, ökonomischen und ökologischen Verantwortung des Klubs, der Erhalt der Stehplätze, sozialverträgliche Eintrittskartenpreise, der Erhalt aller BVB-Abteilungen (Fußball, Handball, Tischtennis, Fan- und Förderabteilung) und ein Engagement für den lokalen Amateursport und die Gesellschaft Dortmunds. Ein weiterer spannender Punkt: Finanzielles Fairplay. Im Kodex spricht sich die Borussia explizit für eine „faire und leistungsgerechte Verteilung von zentral gesteuerten Verwertungserlösen (bspw. Fernsehgeldern)“ aus, „um Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für einen möglichst chancengleichen Wettbewerb zu unterstützen.“
? Wie geht es jetzt weiter?
Nach Ablauf der digitalen Beteiligungsphase der Mitglieder arbeitet die Kodex-Kommission die Fassung aus, die auf der BVB-Versammlung in der Westfalenhalle am 20. November zur Beschlussfassung gestellt werden wird. Zuvor soll das finale Papier im Mitgliedermagazin abgedruckt werden. Votieren die Borussen für den Kodex, wird dieser künftig neben der Vereinssatzung als Verhaltensregelwerk aufgeführt. Ob der Kodex des Vereins allerdings juristisch bindend für das operative Geschäft der Borussia Dortmund GmbH und Co. KGaA, also die Profifußballer des BVB, sein kann und wird, ist noch offen. Sanktionen bei Verstößen gegen den Kodex sind Stand jetzt nicht vorgesehen. Aber: Verstöße gegen den BVB-Kodex könnten unter moralischen Aspekten öffentlich und in der BVB-Familie eine entsprechende Wirkung nach sich ziehen.