Akanji löst den Knoten - BVB spielt mit Schalke Katz und Maus
Borussia Dortmund
Borussia Dortmund spielt mit bemitleidenswerten Schalkern im Revierderby Katz und Maus. Beim 3:0 löst Manuel Akanji den Knoten. Der BVB zeigt die erhoffte Reaktion auf das Rom-Desaster.

BVB-Abwehrspieler Manuel Akanji bejubelt seinen Derby-Treffer zum 1:0. © imago / Witters
Die Dortmunder Antwort auf das 1:3 von Rom war am Ende eindeutig. Über 90 Minuten spielte im fast leeren Signal Iduna Park nur die Heimmannschaft, die die Konzentration hochhielt und geduldig ihre Chancen herausspielte. Akanjis Treffer in bester Abstaubermanier weichte die vielbeinige Gäste-Abwehr endlich auf, Erling Haalands fünfter Saisontreffer war wunderschön herausgespielt. Am Ende traf der BVB durch Mats Hummels auch noch nach einer Ecke. Für die Gäste hingegen geht die Albtraumserie weiter, seit 21 Spielen wartet Königsblau auf einen Sieg in der Bundesliga. In Dortmund kam der S04 dafür zu keiner Zeit in Frage, nun aber kommen die Gegner, gegen die es zählt.
BVB-Trainer Favre stellt überraschend auf Viererkette um
Roman Bürki stand dann doch im Tor, viel Rauch um nichts also - ansonsten sorgte Lucien Favre allerdings auch in diesem Spiel für die ein oder andere Überraschung. Die größte: Der Schweizer stellte im prestigeträchtigen Duell auf Viererkette um, das war aus seiner Sicht die logische Reaktion auf den kurzfristigen Ausfall von Emre Can, der sich die Partie nach einem positiven Corona-Befund in der Quarantäne auf dem heimischen Sofa anschauen musste.
Favres taktische Rolle rückwärts hin zu dem System, das er in der Vorbereitung ohne großen Erfolg getestet und dann schnell wieder in die Schublade verbannt hatte, gab ihm die Möglichkeit zu einigen Personalrochaden weiter vorn. Mahmoud Dahoud ersetzte Axel Witsel, da Thomas Delaney hinten nicht gebraucht wurde, konnte er als Absicherung an Dahouds Seite rücken. Fünf Änderungen waren es insgesamt, der Schweizer Trainer der Borussia blieb konsequent, was die Verteilung der Belastung angeht. Prominentester Bankspieler neben Witsel war der Kapitän, Marco Reus.
Für Schalke ist das 0:0 die beste Nachricht nach 45 Minuten
Dass Schalke auf Konter und damit den schnellen Rabbi Matondo setzen würde in einem nominellen Doppel-Sturm neben Gonzalo Paciencia, das konnte man erwarten. Es kam auch nicht überraschend, dass sich die Gäste bis auf einige sporadische Pressing-Versuche am gegnerischen Strafraum doch arg in der eigenen Spielhälfte einigelten.
Vielbeinig war die Gäste-Defensive, und sie hielt tatsächlich bis zur Pause allen Attacken der Gastgeber stand. Der Plan, aus Ballgewinnen heraus dann schnell und zielstrebig zu kontern, verpuffte angesichts einer Horror-Passquote von nur 60 Prozent. Hatte Schalke den Ball, war er zumeist schnell wieder weg.
Der BVB agiert gegen Schalke im letzten Drittel zu verspielt
Aus der klaren spielerischen Überlegenheit der Gastgeber aber erwuchs noch zu selten Gefahr für das Schalker Tor. Thomas Meunier, der mit dem Außenrist Schalke-Keeper Frederic Rönnow anschoss (16), hatte lange noch die beste Chance. Weil durch die Mitte sehr wenig ging, probierte es Dahoud sehenswert aus 25 Metern. Der Ball touchierte noch die Oberkante der Latte (31.). Längst wäre eine Führung hochverdient gewesen für den mit 76 Prozent Ballbesitz agierenden BVB, der sich nur vorwerfen musste, im letzten Drittel oft zu verspielt agiert zu haben.
Der Fußball, den die Gäste bis zur Pause anboten, war grausam anzusehen. Von den Regisseur-Fähigkeiten eines Nabil Bentaleb war nichts zu sehen, Amine Harit blieb extrem blass. Nominell war Schalke nicht mal ausschließlich defensiv ausgerichtet, doch wer nach Ballgewinnen die Kugel binnen Sekunden wieder verliert, bekommt keine Kontrolle über das Spiel - und gerät automatisch unter Druck. Und dennoch kamen die Gäste durch den Linksschuss von Paciencia zu einer richtig guten Chance - Hummels blockte den Ball zur Ecke (25.).
Manuel Akanji löst den BVB-Knoten im Stürmermanier
Den Willen, nach der Pause schnell eine Vorentscheidung zu erzwingen, brachte Dortmund mit aus der Kabine. Und das erlösende 1:0 fiel unter Mithilfe von Rönnow, der nach einer guten Eckball-Variante über Julian Brandt den Linksschuss von Raphael Guerreiro nach vorne abwehrte. Manuel Akanji beförderte den Ball mit Gefühl ins lange Eck (55.).
Das war angesichts der Harmlosigkeit der Gäste quasi eine Vorentscheidung, binnen fünf Minuten war das Spiel dann endgültig entschieden. Schalke verteidigte gegen Erling Haaland, der im Anschluss an das Derby eine kuriose Belohnung bekam, und Jadon Sancho viel zu luftig, nach einem Doppelpass spielte der Engländer dann mit viel Gefühl in den Lauf des Torjägers, der nicht minder gefühlvoll über Rönnow lupfte - 2:0. An zehn der letzten zwölf Pflichtspieltore der Borussia war der Norweger nun beteiligt.
Der BVB ist gedanklich schon beim Spiel gegen Zenit St. Petersburg
Für Schalke bedeutete das zweite Gegentor schon das Ende aller Hoffnungen. Zu groß war die spielerische Armut beim Gast, zu gering das Selbstvertrauen, zu zaghaft das Aufbäumen, für das auch die Qualität dieses verunsicherten Kaders bei weitem nicht ausreicht.
Die Kräfteverhältnisse in diesem Derby waren ähnlich verteilt wie im ersten Geister-Heimspiel der BVB-Geschichte im Mai. Damals hieß es 0:4 aus Schalker Sicht, Rönnow verhinderte gegen Haaland das 0:3 (61.). Dortmund nahm danach das Tempo aus dem Spiel und Teil zwei der Wiedergutmachung nach dem 1:3 in Rom ins Visier. Auch Favre war gedanklich schon beim nächsten Gruppenspiel in der Champions League gegen Zenit St. Petersburg. Er konnte Haaland und Reyna schonen und sah vergnügt, wie in Mats Hummels per Kopf der zweite Innenverteidiger noch zum 3:0 traf (78.). Der Endstand.
Favre darf sich als BVB-Gewinner fühlen - trotz Torwart-Posse
Und unterm Strich hatte Favre genau den richtigen Zeitpunkt gewählt, um die Viererkette wieder aus der Mottenkiste zu holen. Auch er durfte sich als Gewinner in diesem Derby fühlen, trotz einer Torwart-Posse, die wohl niemand verstanden hat.