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Absurde Handspiel-Regeln: Ärger der BVB-Bosse ist verständlich
Kommentar
An Raphael Guerreiros Tor zum 1:0 für den BVB gibt es in Düsseldorf keinen Zweifel. Aber in Köln: Der Video-Schiri pfeift den Treffer zurück. Die Handspiel-Regel ist absurd. Ein Kommentar.
Kein Spieler zuckte, der Schiedsrichter Sascha Stegemann nicht und auch auf den Trainerbänken niemand: An Raphael Guerreiros Tor zum vermeintlichen 1:0 am Samstag in Düsseldorf (bei uns im Ticker zum Nachlesen) gab es auf dem Rasen und im gesamten Stadion keine Zweifel. Bis sich die Video-Schiedsrichter um Deniz Aytekin aus dem Kölner Keller meldeten und die Szene auf ihren Bildschirmen mehrfach vor- und zurückspulten. Dann der Pfiff: Der Treffer zählte nicht. Viel absurder kann sich der Fußball kaum noch präsentieren.
Um die Handspiel-Regel gibt es seit Jahren immer neu aufkeimende Diskussionen. Seit der Nutzung des Videobeweises häufen sich die Eingriffe von außen. Auch die Regel selber wurde zwischenzeitlich „präzisiert“ – tatsächlich haben die vermeintlich besseren Möglichkeiten zur Entscheidungsfindung und die verfeinerte Regelauslegung das Thema nur verschlimmbessert.
Handspiel-Regel im Fußball ist ein Drama für den Sport
Es ist doch ein Drama für den Sport, wenn für jeden Fußballer und Fan glasklar erzielte Tore wie Guerreiros Treffer am Samstag nicht mehr zählen. Mag auch irgendein Erbsenzähler die Schulter zum oberen Oberarm erklären und auch, dass bei Toren keine Restzweifel bestehen dürfen: Diese Interpretation von Handspiel konterkariert den Sport.
Fußball ist rasant, im Strafraum gibt es enge, knifflige Szenen. Doch unbestritten muss doch bleiben, dass der Ball Guerreiro aus kurzer Distanz an die Schulter fliegt – wo bitteschön ist das ein Handspiel? „Man kann nicht sagen, das ist kein Tor. Man kann das nicht annullieren“, ereiferte sich Lucien Favre. Der BVB-Trainer hat schon des Öfteren gegen die Handspielregel gewettert und sah sich in Düsseldorf einmal mehr in seinem Argwohn bestätigt.
Handspiel-Regel: Auch BVB-Verantwortliche regen sich auf
Unterstützung bekam er vom Dortmunder Sportdirektor. „Was mich aufregt“, sagte Michael Zorc, „das sind die letzten drei teilweise spielentscheidenden Szenen rund ums Thema Handspiel. Jerome Boateng (vom FC Bayern, d. Red.) bei uns in Dortmund, dann in Paderborn und jetzt in Düsseldorf. Alle drei Entscheidungen sind gegen uns getroffen worden. Das ist für mich auch in der Summe nicht mehr nachvollziehbar.“
Die Szene mit Boateng, der ebenfalls ungewollt, aber mit aktiver Armbewegung Erling Haalands Schuss im Spitzenspiel vor drei Wochen abfälschte, gilt auch in Schiedsrichterkreisen als Beispiel-Szene für ein Handspiel. Gepfiffen wurde es nicht. Im Gegensatz zur Szene in Paderborn, als Borussias Emre Can in vergleichbarer Situation der Ball an den Arm prallt, obwohl er sich sogar wegdreht. Und nun Guerreiro in Düsseldorf: „Ich habe überhaupt kein Handspiel gesehen, ich weiß auch nicht bei wem“, echauffierte sich Zorc. „Ich gucke es mir aber gerne noch 20 Mal an.“
In der Praxis widerspricht di Handspiel-Regel dem Fußball
Doch auch die Wiederholungen werden den Frust nicht abmildern. Die Handspiel-Regel in ihrer aktuellen Form mag in der Theorie durchdekliniert sein. In der Praxis widerspricht sie dem Fußball, wie er tagtäglich und weltweit gespielt wird.
Schon als Kind wollte ich Sportreporter werden. Aus den Stadien dieser Welt zu berichten, ist ein Traumberuf. Und manchmal auch ein echt harter Job. Seit 2007 arbeite ich bei den Ruhr Nachrichten, seit 2012 berichte ich vor allem über den BVB. Studiert habe ich Sportwissenschaft. Mein größter sportlicher Erfolg: Ironman. Meine größte Schwäche: Chips.
