Zeitzeuge: "Fragen nach der Sicherheit gab es nicht"

Ölkatastrophe im Amtsvenn

Die Ölkrise bescherte den Deutschen im Herbst 1973 autofreie Sonntage - und dem Amtsvenn die Kavernenspeicher, in denen seitdem riesige Ölvorräte als Teil der nationalen Energiereserve lagern. Hermann Liemann war damals bei einer Informationsveranstaltung für Anwohner dabei. Im Video erinnert er sich.

GRAES/EPE

, 29.04.2014, 16:23 Uhr / Lesedauer: 1 min
Hermann Liemann mit der Kamera, mit der er Anfang der 1970er-Jahre als Fotograf für diese Zeitung unterwegs war. In der Nähe seines Stadtlohner Hauses verläuft die Leitung, die Salzsole aus dem Amtsvenn zur Chemieindustrie ins Ruhrgebiet transportiert.

Hermann Liemann mit der Kamera, mit der er Anfang der 1970er-Jahre als Fotograf für diese Zeitung unterwegs war. In der Nähe seines Stadtlohner Hauses verläuft die Leitung, die Salzsole aus dem Amtsvenn zur Chemieindustrie ins Ruhrgebiet transportiert.

Die Suche nach der Ursache für den Ölaustritt ging unterdessen weiter - ohne Ergebnis. Rund 38.000 Liter Öl wurden nach Angaben der Bezirksregierung Arnsberg bis Dienstag abgesaugt. Meldungen, dass bisher 200.000 Liter Erdöl ausgelaufen sind, seien falsch, sagte ein Sprecher der Behörde.

Nicht ausgeschlossen werden könne allerdings, dass sich noch große Mengen Rohöl im Boden befinden. „Es ist es schwierig, die genaue Menge technisch zu ermitteln“, sagte der Sprecher.

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Ölfund im Amstvenn: Chronologie in Bildern

Seit am 12. April im münsterländischen Amtsvenn erstmals Öl aus dem Boden trat, suchen zahlreiche Experten von über 20 Fachfirmen fieberhaft nach der Ursache. Eine Chronologie der Ereignisse in Bildern.
28.04.2014
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Alarm im Amtsvenn: Am 12. April wurde auf einer Weide erstmals Öl entdeckt. Später trat an zwei weiteren Stellen Öl aus dem Boden. Ein Landwirt stand mit seinen Gummistiefel in der schwarzen Masse, als er nach seinen Kühen schauen wollte.© Foto: Münsterland Zeitung
Mehrere Kühe lagen auf dem Boden. Da die Tiere große Mengen Öl aufgenommen hatten, mussten sie notgeschlachtet werden. © Foto: Münsterland Zeitung
Wassersperren in den umliegenden Gräben sollen seitdem verhindern, dass das Öl sich ausbreitet. Am vergangenem Donnerstag wurden jedoch erstmals Spuren von Öl im Grundwasser nachgewiesen.© Foto: Münsterland Zeitung
Hinter ihrem Hof im Amtsvenn fanden Willi Sundermann und sein Sohn am Dienstag, 15. April, Öl - es war die die dritte Austrittsstelle. Dort kommt das Öl nach wie vor aus dem Boden, an den anderen beiden Fundstellen nicht mehr.© Foto: Janny Heisterborg
Auf einer Pressekonferenz in Gronau haben am Dienstag, 22. April, Friedrich Wilhelm Wagner (l.), Leiter der Abteilung Bergbau und Energie bei der Bezirksregierung Arnsberg, und der stellvertretende Regierungspräsident Volker Milk über die Ereignisse informiert. "Die Situation hat es so bisher in der ganzen Welt noch nicht gegeben", sagte Milk. Die Bezirksregierung ist als Bergabubehörde für die Überwachung und Genehmigung der unterirdischen Kavernenanlagen zuständig. © Foto: Sebastian Deppe
Dr. Kai Zwicker (l.), Landrat des Kreises Borken, zeigte sich besorgt über dem Ölaustritt. Dr. Manfred Inkmann, Geschäftsführer der Salzgewinnungsgesellschaft Westfalen, die die Kavernenspeicher betreibt, entschuldigte sich bei den Betroffenen. "Es tut uns aufrichtig leid, was da passiert ist."© Foto: Sebastian Deppe
Diese Grafik zeigt, wie die unterirdische Kavernenanlage aufgebaut ist. An einer der drei unterirdischen Kavernenanlagen gab es bereits im Februar einen Druckabfall. Damals wurde die Kaverne nach Angaben von SGW-Geschäfstführer Dr. Manfred Inkmann intensiv geprüft und kein Schaden festgestellt. Nachdem aber eine nahe gelegene Pipeline als Ursache für den Ölaustritt im April mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen wurde, rückt die in über einem Kilometer Tiefe liegende Kaverne wieder in den Fokus der Ursachenforschung. © Foto: Sebastian Deppe
Nachdem Ölfunden haben die Arbeiter vor Ort über tausend Tonnen Erdreich abgetragen.© Foto: Sebastian Deppe
Auch zahlreiche Fernsehsender aus ganz Deutschland berichten über die Ölkatastrophe im Amtsvenn, einem kleinen Landstrich im westlichen Münsterland, direkt an der Grenze zu den Niederlanden.© Foto: Sebastian Deppe
Mit einem Messgerät wird von den Arbeitern in der gesamten Umgebung dauerhaft der Benzolgehalt in der Luft überwacht. Wird der Grenzwert überstiegen, darf der Bereich nur unter Atemschutz betreten werden.© Foto: Sebastian Deppe
Die Familie Sundermann musste ihren Hof verlassen, nachdem auf einer angrenzenden Wiese erneut Öl aus dem Boden trat und ein hoher Benzolgehalt in der Luft gemessen wurde. "Die Gesundheit der Familie war nicht mehr zu gewährleisten", sagt Dr. Hans-Peter Jackelen, der als unabhängiger Gutachter für die Suche nach der Ursache zuständig ist.© Foto: Sebastian Deppe
Mittlerweile sind über 20 Fachfirmen an der Suche nach der Ursache für das Ölleck beteiligt.© Foto: Sebastian Deppe
Auch die zweite Stelle, an der Öl gefunden wurde, ist abgesperrt. Auf der Wasseroberfläche eines Tümpels, der in der Nähe liegt, wurde in der vergangenen Woche Öl entdeckt.© Foto: Sebastian Deppe
Busse halten vor dem Hof der Familie Sundermann nicht mehr, nachdem die Felder und Wirtschaftswege weiträumig abgesperrt wurden. Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma, die von der Salzgewinnungsgesellschaft auf Anraten des Gronauer Ordnungsamtes beauftragt wurde, versagen die Durchfahrt. "Wir machen sonst alles: Türsteher, Absperrungen und Personenschutz", sagt ein Mitarbeiter.© Foto: Sebastian Deppe
Die Arbeiter, die in der Nähe der Stellen arbeiten, an denen Öl ausgetreten ist und immer noch austritt, dürfen den Bereich nur mit Sicherheitsanzügen und teilweise nur mit Atemschutz betreten.© Foto: Sebastian Deppe
Fahrzeuge einer Fachfirma saugen das Öl ab und entsorgen die klebrige Masse.© Foto: Sebastian Deppe
Auch das Privatfernsehen interessiert sich für das Schicksal der Familie Sundermann, die ihren Hof nach dem Ölfund auf einer angrenzenden Wiese verlassen musste.© Foto: Sebastian Deppe
An der Fundstelle hinter dem Hof der Familie Sundermann traten bis zum Wochenende 50 Liter Öl pro Stunde aus dem Boden. Der wurde zunächst abgetragen. Später haben die Arbeiter die Stelle wieder abgedichtet. Nun wird das Öl unterirdisch abgesaugt.© Foto: Sebastian Deppe
Auf den Feldern im Amtsvenn grasen zahlreiche Kühe. Viele Landwirte haben Angst um ihre Tiere und ihre Felder, vor allem, seitdem Ölspuren im Grundwasser nachgewiesen wurden.© Foto: Sebastian Deppe
Die Wirtschaftswege rund um das Gebiet sind weiträumig abgesperrt.© Foto: Sebastian Deppe
Die Salzgewinnungsgesellschaft hat auf einer Informationsveranstaltung die Anwohner in der vergangenen Woche über den Stand der Ursachenforschung informiert. Die Anwohner leben teilweise seit 40 Jahren über den riesigen unterirdischen Kavernenanlagen, in denen etwa 1,7 Millionen Kubikmeter Öl lagern. Bis zum 12. April ist das gut gegangen. Jetzt ist der Zorn der Menschen groß.© Foto: Sebastian Deppe
Die Salzgewinnungsgesellschaft hat auf einer Informationsveranstaltung über die Maßnahmen zur Schadensbegrenzung und Ursachenforschung informiert.© Foto: Sebastian Deppe
Der unabhängige Gutachter Dr. Hans-Peter Jackelen (l.) und der Geschäftsführer der Salgewinnungsgesellschaft, Dr. Manfred Inkmann, lieferten viele technische Details und warben um das Verständis der Anwohner. Die sagten, sie wollen Tatsachen.© Foto: Sebastian Deppe
Ein Landwirt hat am Freitag einen weiteren Ölfund am Rande eines Feldes gemeldet. Nach Untersuchungen stellte sich dieser aber als trübes Moorwasser heraus.© Foto: Sebastian Deppe
Auch am 16. Tag nach dem ersten Fund steht die Ursache für den Ölaustritt nicht fest. Am Freitag meldete die Bezirksregierung Arnsberg jedoch: "Es gibt erste Hinweise auf das Leck."© Foto: Sebastian Deppe
Mit diesem Gerät werden die Erdschichten untersucht. Am Montag soll mit anderem Gerät bis in etwa 220 Meter Tiefe gebohrt werden. Die Experten um den Gutachter Dr. Hans-Peter Jackelen wollen weitere Erkenntnisse über die Ursache des Ölaustritts gewinnen. Auch mögliche Wege des Öls aus der Tiefe an die Erdoberfläche sollen so nachvollziehbar werden. Zudem wird eine erneute Prüfung der Kavernenanlage vorbereitet. Dafür sollen weitere Unternehmen hinzugezogen werden.© Foto: Sebastian Deppe
Dieses Fahrzeug untersucht mit einem Lasergerät das Erdreich. Es ist das einzige in Deutschland. Ein zweites Fahrzeug dieser Art wurde Ende der vergangenen Woche aus den Niederlanden gebracht.© Foto: Sebastian Deppe
Anfang der Woche soll bis zur Tonschicht, die in etwa acht Metern Tiefe beginnt, eine Schutzwand eingelassen werden, die ein weiteres Ausbreiten des Öls im Grundwasser verhindern soll.© Foto: Sebastian Deppe
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So suchen die Experten mit Tiefenbohrungen nach dem Leck

Im Amtsvenn zwischen Graes und Epe geht die Suche nach dem Leck weiter. Am Montag wurden erstmals Tiefenbohrungen eingesetzt, um der Ursache auf den Grund zu gehen.
28.04.2014
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Ölfundstelle Hof Sundermann: Dort darf nur in Schutzanzügen gearbeitet werden.© Foto: Stefan Grothues
Arbeiter bereiten das Bohrfeld vor.© Foto: Stefan Grothues
Dr. Hans-Georg Jackelen© Foto: Stefan Grothues
Die Ölfundstelle erregt das Interesse der Medien.© Foto: Stefan Grothues
Bohrleiter Fred Pahlmann fördert die erste Probe zu Tage.© Foto: Stefan Grothues
Fred Pahlmann prüft die Zusammensetzung der Bohrproben mit Augen, Fingern und Nase, bevor weitere Analysen folgen.© Foto: Stefan Grothues
Bohrleiter Fred Pahlmann© Foto: Stefan Grothues
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Bis Dienstag seien rund 1300 Tonnen kontaminiertes Erdreich abgetragen worden. Experten rechnen jedoch damit, dass die Menge noch deutlich steigen wird – und dass es Jahre oder Jahrzehnte dauern werde, bis die Folgen der Umweltverschmutzung beseitigt werden können. An zwei der drei Fundstellen trete laut Bezirksregierung kein Öl mehr aus. An der Stelle hinter dem Hof Sundermann noch etwa 20 Liter pro Stunde.

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