
© Stephan Rape
Wallstraße ohne Parkplätze? Umgestaltung sorgt für viele Sorgenfalten
Hitzige Diskussion
Dass die Wallstraße umgestaltet werden soll, ist lange beschlossene Sache. Auch einen Siegerentwurf gibt es schon. Doch der angedachte Wegfall vieler Parkplätze sorgt für Ärger.
Gerd Lautenschlager blickt am Freitagmorgen aus seinem Feinkostgeschäft am oberen Ende der Wallstraße auf die Straße und die vielen geparkten Autos. Er ist einer von vielen Händlern, die dort ihr Geschäft betreiben. „Ich habe meinen Laden seit fast 20 Jahren hier. Und mindestens so lange läuft die Diskussion um die Umgestaltung und die Parkplätze“, sagt er.
Natürlich habe er nichts gegen eine schönere Gestaltung der Wallstraße. Aber: „Wo sollen die Leute denn hin?“ Die Frage lässt er einen Moment im Raum verklingen. Der Einzelhandel habe es ohnehin schon extrem schwer. Wenn nun noch die wichtigen Parkplätze wegfallen würden, mag er sich die Zukunft gar nicht ausmalen. „Die Leute wollen und müssen zum Teil eben mit dem Auto in die Stadt“, sagt er. Und da wolle er noch gar nicht von den Patienten der vielen Arztpraxen sprechen.
Verkehrsprobleme lassen sich nicht auf der Wallstraße lösen
In einen Plan könne man sicherlich immer schöne Dinge einzeichnen. Doch die Realität sehe anders aus. Klar sei der Verkehr in der Wallstraße ein Problem. Doch das setze schon früher an: „In 90 Prozent der Autos sitzt nur eine Person“, sagt er. Und auch der Öffentliche Nahverkehr fördere ja nicht gerade den Gedanken, das Auto stehen zu lassen. Er wie auch viele andere Einzelhändler an der Wallstraße verfolgen die Ideen zur Umgestaltung jedenfalls mit einem unguten Gefühl.

Parkplätze sind der große Knackpunkt in der Planung einer neuen Wallstraße. Sowohl die Einzelhändler als auch die Politiker tun sich schwer damit, die Parkplätze abzuschaffen. © Stephan Rape
Die Diskussion darum war am Donnerstagabend schon im Ausschuss für Stadtentwicklung, Planen und Bauen hochgekocht. Dort ging es im Kern darum, den bisherigen Beschluss für eine Umgestaltung der Straße zu bekräftigen. Denn die Stadt möchte sich mit dem Projekt am Landeswettbewerb „Zukunft Stadtraum“ beteiligen, um Fördermittel zu bekommen.
Shared Space und Grünanlagen statt großer Parkfläche
Susanne Weihrauch, Architektin vom Büro Weihrauch und Fischer aus Solingen, stellte die Pläne in der aktuellen Version vor. Ihr Entwurf hatte den Wettbewerb um die Neugestaltung der Wallstraße gewonnen.
Danach wird die Wallstraße ein radikal neues Gesicht bekommen: Grünflächen, weniger Parkplätze, offene Flächen und Spielplätze, Sitzgelegenheiten, kein Durchgangsverkehr mehr und vor allem Shared Space: Also eine gemeinsame Fläche für alle Arten von Verkehr. Durch gegenseitige Rücksichtnahme soll der Verkehr insgesamt so sicherer werden. Auch wenn das nicht auf Anhieb funktioniere, sondern es sich um einen Prozess handele.
Doch etlichen Mitgliedern im Ausschuss stieß die Planung sauer auf: und zwar rund um den Punkt Stellplätze. Franz Benölken (CDU) wollte genau wissen, wie viele Stellplätze und Fahrradabstellanlagen es in Zukunft noch gebe. Ohne diese Informationen falle es ihm sehr schwer, über die Planung zu entscheiden. Sven Engler (CDU) waren die Pläne ebenfalls nicht konkret genug, um darüber zu sprechen. Auch Hubert Kersting (UWG) sah die Pläne kritisch: Er befürchtete mehr Verkehr, weil Menschen, die die Arztpraxen erreichen wollen, nach Parkplätzen vor der Tür suchen würden.
Es geht noch nicht um Details, sondern um das Konzept
Der Technische Beigeordnete Thomas Hammwöhner setzte mehrfach zu Erklärungen an: Bei der aktuellen Zwischenplanung gehe es noch nicht um die Details. Einzelne Parkplätze könnten noch gar nicht gezählt werden. Es gehe nur um die grundsätzliche Idee dieser Form von Umgestaltung. Um ein Konzept. Insgesamt sei er erstaunt über die Diskussion. „Sie haben das ja schon beschlossen“, hielt er den Politikern vor.
Grundsätzlich seien Ausschuss und Rat mit dieser Form des Umbaus einverstanden gewesen. Jetzt gehe es nur um einen aktuellen Beschluss, um die Fördervoraussetzungen zu erfüllen.

Momentan bestimmen Autos das Bild in der Wallstraße. Bis zu 60 Prozent der Fahrzeuge seien reiner Durchgangsverkehr, erklärte Walter Fleige, Stadtplaner bei der Stadt Ahaus im Ausschuss. Auch dagegen soll die Umgestaltung etwas tun. © Stephan Rape
Das wiederum brachte Franz Benölken in Rage: Das Argument wolle er nicht noch einmal vorgehalten bekommen. Auch bei den bisherigen Beschlüssen sei die Diskussion um die Stellplätze immer geführt worden. Auch da habe es nie konkrete Angaben gegeben. Und auch da habe die Politik immer kritisiert, dass die Stellplätze dringend gebraucht würden. Er wollte mehr Zeit für eine Abstimmung und genauere Pläne, bevor er abstimmen könne.
Vier Millionen Euro soll der Umbau kosten – mindestens
Abgesehen von den Stellplätzen sind da noch die Kosten des Projekts: Susanne Weihrauch schätzte sie vorsichtig auf rund vier Millionen Euro. „Wir wollen etwas schaffen, das nachhaltig ist“, erklärte sie. Auch da atmeten etliche Politiker laut hörbar durch. Aber auch da gebe es noch viele Unwägbarkeiten, fügte Thomas Hammwöhner hinzu. Es sehe ja schon ganz anders aus, sollte die Stadt die Förderung von bis zu 40 Prozent erhalten.
Gänzlich offen ließ er hingegen die Zeitplanung. Dazu gebe es noch zu viele offene Fragen.
Franz Benölken bat um eine kurze Pause. Im Foyer der Stadthalle erklärte dann auch der Ausschussvorsitzende Thomas Vortkamp (CDU) den CDU-Mitgliedern den aktuellen Stand. Offenbar mit Erfolg: Denn nach der Pause stimmte der Ausschuss einstimmig dafür, die Pläne weiter zu verfolgen. Erstmal für den Fall, dass der Entwurf beim Landeswettbewerb prämiert wird. Der Rat muss das in seiner kommenden Sitzung noch bestätigen. Die Planung geht weiter.
Kurz vor der Pause hatte Sebastian Schmitz (Grüne) eine andere Sicht eingeworfen: Er sei zwar erst seit September 2021 dabei. „Aber in der Zeit ist noch keine Sitzung ohne eine Diskussion über Stellplätze ausgekommen“, sagt er. Dabei würden viele andere Planungsinhalte hinten rüber fallen. Er habe Vertrauen in die Planer. Schließlich gebe es ja auch für Stellplätze in einer Stadt klare Vorgaben. Er warb dafür, sich auf andere Aspekte der Planung zu konzentrieren.
Ursprünglich Münsteraner aber seit 2014 Wahl-Ahauser und hier zuhause. Ist gerne auch mal ungewöhnlich unterwegs und liebt den Blick hinter Kulissen oder normalerweise verschlossene Türen. Scheut keinen Konflikt, lässt sich aber mit guten Argumenten auch von einer anderen Meinung überzeugen.
