
© Christian Bödding
Umbau der Josefskirche: Künftig eine „schnuckelige Kirche“ für Hochzeiten
Josefskirche in Ahaus
Immer weniger Gottesdienstbesucher, ein enges Finanzkorsett – die Kirchengemeinde St.-Mariä-Himmelfahrt reagiert. Das zeigt sich in der St.-Josef-Kirche an der Fuistingstraße.
Schrumpfende Kirchengemeinden, eine steigende Zahl an Kirchenaustritten, immer weniger Gottesdienstbesucher, sinkende Kirchensteuereinnahmen. Die Kirchengemeinden im Bistum Münster, darunter St.-Mariä-Himmelfahrt in Ahaus, stehen vor großen Herausforderungen. Im nordrhein-westfälischen Teil des Bistums gibt es aktuell noch 695 Kirchen und Kapellen. Seit den 90er-Jahren sind im Bistum Münster 24 Kirchen abgerissen worden. Ein Schicksal, das der Kirche St. Josef an der Fuistingstraße erspart bleibt. Doch dafür wird sich im Inneren in den nächsten Monaten eine Menge verändern.
Umbau der Kirche
Die Kirche wird umgebaut und der für Gottesdienste, Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen zur Verfügung stehende Raum um gut die Hälfte verkleinert. Dafür kommen neue Räume für Jugendgruppen und andere Gruppierungen hinzu.
„Was können wir tun, damit die Kirche hier im Josefsviertel bestehen kann?“ Unter dieser Prämisse hätten alle Überlegungen gestanden, erklärt Pfarrer Heinrich Plaßmann.
„Wenn man sich die neuesten Zahlen des Bistums ansieht, dann sieht man, dass die Finanzen zurückgehen. Man weiß auch schon länger, dass sich Zahl der Katholiken in den nächsten Jahrzehnten nahezu halbieren wird. Ich bin mehr und mehr der Überzeugung: Je länger wir mit dieser Entscheidung gewartet hätten, desto schwieriger wäre es geworden, diesen Kirchort zu erhalten.“
Erste Überlegungen 2017 vorgestellt
Im Juni 2017 stellte Pfarrer Plaßmann in einer Pfarrversammlung erste Überlegungen aus dem Gebäude- und Immobilienkonzept vor. Im Kern werden die durch die Veräußerung des in der Nachbarschaft liegenden Josef-Cardijn-Hauses erzielten Finanzmittel für den Umbau der St.-Josef-Kirche genutzt.
Die Stadt nutzt das Josef-Cardijn-Haus künftig auch als Mensa, um dem steigenden Raumbedarf des Alexander-Hegius-Gymnasiums Rechnung tragen zu können. „Wir haben reagiert, bevor das Bistum Druck machen könnte“, sagt Pfarrer Plaßmann. Der Zeitpunkt des Verkaufs sei genau richtig gewesen. „Besser, man agiert selber, als wenn man gesagt bekommt: Entweder oder.“
Begrenzter Zuschuss vom Bistum
Die Kirchengemeinde St.-Mariä-Himmelfahrt habe zu viel Gebäude-, Pfarrheim- und Kirchenfläche. „Das Bistum bezuschusst nur einen gewissen prozentualen Anteil zu 100 Prozent. Irgendwann wird es schwierig, das Ganze finanziell zu halten.“ Eine Erfahrung, die schon viele Kirchengemeinden gemacht hätten. „Tagungshäuser bauen ist das eine. Aber sie zu halten und zu erhalten, auch das kostet Geld.“

Die Kirche St. Josef an der Fuistingstraße wird ab September 2019 umgebaut. © Christian Bödding
St. Josef umzubauen, das sei eine weitsichtige Entscheidung. „Es geht nicht darum, Geld reinzustecken und in fünf bis zehn Jahren neue Überlegungen anzustellen.“
Sicher, der Kichraum werde kleiner. Pfarrer Heinrich Plaßmann: „Es wird Anlässe geben, da ist die Kirche zu klein. Es wird auch Anlässe geben, da ist sie ausreichend. Und es wird künftig nicht mehr so sein, dass sich die Kirche von hinten füllt.“
Künftig Hochzeitskirche?
Er erlebe oft, dass Paare für Hochzeiten und Ehejubiläen nach kleinen, schnuckeligen Räumlichkeiten suchen würden. „Sie gehen dann nach Zwillbrock in die Barockkirche, in die Ahler Kapelle oder nach Büren. Was ist, wenn wir demnächst selber so einen kleinen, schnuckeligen Raum haben? Vielleicht wird das hier künftig eine Hochzeitskirche. Hier kann man gut heiraten.“ Der Kirchplatz vor St. Josef sei mit seinem Baumbestand wunderschön und biete sich für einen Sektempfang geradezu an.
Platz für Gruppenräume
Planerisch werden vom Architekturbüro Farwick und Grote aus Ahaus die Weichen für die neue Kirchennutzung gestellt. „Derzeit laufen die Fachplanungen. Es geht zum Beispiel um die Elektrik, die Akustik und den Brandschutz“, erklärt Georg Dües vom Kirchenvorstand. Im Kirchenschiff ist etwa auf Höhe der Orgelbühne ein Einbau geplant.
Bis zum Taufbecken werden Leichtbauwände eingezogen, die dann die Gruppenräume unterteilen. Die Räume können teilweise geöffnet werden. Pfarrer Plaßmann: „Der größtmögliche Raum ist nahezu so groß wie der Saal im Josef-Cardijn-Haus.“ Hinzu kommen Toilettenanlagen sowie eine Küche. Die Turmkapelle wird aufgegeben, dort gibt es künftig einen Jugendraum. „Das Sahneteil“, sagt Pfarrer Plaßmann.
Geplant ist, die ersatzweise in St. Marien zum Einsatz gekommene Kirchenorgel in St. Josef aufzustellen. Der Pfarrer: „Für eine kleine Kirche reicht eine kleine Orgel.“ Der imposante Orgelprospekt in St. Josef kann stehenbleiben, doch wird die Orgel eventuell stillgelegt.
Umbau ab September
Die Umbauarbeiten starten voraussichtlich im September. Der Umbau soll im Sommer 2020 fertig sein. Die Kirche, in der regelmäßig drei Gottesdienste pro Woche gehalten werden, ist für die Zeit des Umbaus komplett geschlossen. „Das, was wir haben, ist natürlich etwas anderes, als das, was auf dem Papier steht“, sagt Georg Dües zur Umgestaltung. „Wir hoffen, dass sich alle in der Kirche wohlfühlen werden.“ Die Pläne seien in den verschiedensten Gruppen vorgestellt worden. „Es sind auch reichlich Vorschläge gekommen. Einige werden umgesetzt, andere können wir aus Kostengründen nicht verwirklichen.“
„Die Kirchen bleiben im Dorf“
Pfarrer Heinrich Plaßmann formuliert es so: „Die Kirchen bleiben im Dorf.“ Das meint er nicht nur mit Blick auf kleine Kirchenstandorte wie Graes. Es geht auch um finanzielle Aspekte. „Was wir hier betreiben, ist Standortsicherung.“ Er selbst wird den Standort Ahaus bald verlassen und den Umbau nicht mehr begleiten. Heinrich Plaßmann wechselt Anfang Oktober als leitender Pfarrer in die Gemeinde St. Amandus in Datteln. Aber: „Das ist hier kein Denkmal, das ich mir setze.“
Christian Bödding, Jahrgang 1966, ist bekennender Westfale, aber kein Sturkopf. Er schreibt gerne tiefgründig und am liebsten über lokale Themen, über die sich andere nach der Lektüre seiner Texte aufregen.
