Kirchen werden zur Kletterhalle, Kulturkirche und zum Kindergarten oder einfach abgerissen

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Kirchen werden zur Kletterhalle, Kulturkirche und zum Kindergarten oder einfach abgerissen

rnUmgenutzte Kirchen

Die großen christlichen Kirchen verlieren seit Jahren Mitglieder. Die Zahl der Gottesdienstbesucher und Gemeinden sinkt. Viele Kirchen wurden aufgegeben, weitere folgen. Was wird aus ihnen?

Dortmund

, 14.06.2019, 18:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Mehr als 6000 Kirchen, Kapellen und ähnliche Bauten gibt es in NRW. Ihre Zahl geht seit Jahren zurück. Wir haben Daten und Fakten zusammengetragen.

? Über wie viele Kirchen reden wir?Seit 2001 wurden in der Evangelischen Landeskirche von Westfalen 78 Kirchen und 61 weitere Gottesdienstorte (Gemeindezentren) aufgegeben. In der Katholischen Kirche ist es ähnlich. Im Bistum Paderborn wurden seit 2000 24 Kirchen entweiht. Das Bistum Münster nennt 64 Kirchen und Kapellen seit den 90er-Jahren.

? Wieviele aktive Kirchen gibt es in NRW noch?

Die Landeskirche zählt noch 843 Kirchen und Kapellen. Im Bistum Paderborn sind es 1245 Kirchen und Kapellen, im nordrhein-westfälischen Teil des Bistums Münster sind es 695 Kirchen und Kapellen.

? Was geschieht mit aufgegebenen Kirchen?

Die großen Kirchen sind sich einig. Im Idealfall wird eine Kirche einer anderen christlichen Gemeinschaft überlassen. Ist das nicht möglich, wird eine Nutzung gesucht, die sich mit der religiösen Geschichte des Baus verträgt. Erst wenn es gar keine andere Lösung gibt, wird abgerissen. Kirchen sind nicht nur Zweckbauten, sondern prägen zum einen oft das Stadtbild. Zum anderen verknüpfen viele Menschen starke Gefühle mit dem Ort, an dem sie Höhe- und Tiefpunkte ihres Lebens begangen haben: Taufe, Erstkommunion/ Konfirmation, Hochzeit, Beerdigungen. So einenOrt gibt man nicht so einfach auf.

? Gibt es Nutzungen, die ausgeschlossen sind?

Das Bistum Münster berichtet, dass der Umbau zu einer Diskothek, einem Einkaufszentrum oder einer Moschee ausgeschlossen ist. Auch die Evangelische Kirche schließt die Nutzung als Moschee aus. Allerdings wurde 2018 in Hamburg in einer ehemaligen evangelischen Kirche eine Moschee eröffnet. Die Kirche war an einen Investor verkauft worden und hatte zehn Jahre lang leergestanden.

? Wie viele Kirchen wurden abgerissen?

Seit 2001 wurden in der Westfälischen Landeskirche 12 Kirchen abgerissen. Im Bistum Münster waren es seit den 90er-Jahren 24 Kirchen, im Bistum Paderborn 13.

? Wer entscheidet über Aufgabe und Abriss?


Die Gemeinde – Kirchenvorstand auf katholischer, Presbyterium auf evangelischer Seite. Allerdings erfolgt stets eine Abstimmung mit Bistumsleitung oder Landeskirche.

? Gibt es Beispiele für gelungene neue Nutzungen?


Ja, etliche. Auf evangelischer Seite wurde etwa die Martinikirche Bielefeld zum Restaurant, aus der Paul-Gerhardt-Kirche Bielefeld wurde eine Synagoge, in Dortmund-Dorstfeld wurde die Kirche zur „Eventkirche“. In Gelsenkirchen wandelte sich die Bleckkirche zur „Kirche der Kulturen“.

? Und auf katholischer Seite?


Mehrere Kirchen wurden zu Kolumbarien, also zum Urnen-Friedhof: in Dortmund (Liebfrauen), Soest (St. Pauli) und Rheine (St. Michael). Andere sind heute ein Verlagshaus (Münster, St. Bonifatius), ein Haus für betreutes Wohnen (Münster, Dreifaltigkeit), ein Kindergarten (u.a. Christus König in Düsseldorf, St. Sebastian Münster) oder eine Kletterhalle (St. Peter Mönchengladbach). Die St.-Josef-Kirche Borken wurde Kletterhalle und Sitz der Volkshochschule. Andere Kirchen wurden zum Konzerthaus (St. Marien Bochum), Kulturzentrum (Heilig Kreuz Gelsenkirchen), zur Kunstkirche (Christ-König-Kirche Bochum) oder zum Sozialzentrum (St. Michael Gelsenkirchen).

? Wer hilft den Gemeinden bei der Ideen-Suche?

Bistümer und Landeskirchen. Da Kirchen aber nicht nur eine religiöse, sondern auch eine historische, kulturelle und stadtbildprägende Bedeutung haben, helfen andere. So haben auf NRW-Ebene das Land, die Architektenkammer und die Ingenieurkammer mit Unterstützung der Kirchen das Projekt „Zukunft – Kirchen – Räume“ gestartet. Übers Internet können sich Gemeinden melden, die Hilfe bei der Entwicklung neuer Ideen suchen. Dazu muss man sich bewerben. Bewerbungsschluss ist der 14. Juli. Näheres: www.zukunft-kirchen-raeume.de