
© Christian Bödding
Triumphportal am Schloss: „Ein wunderschönes Schadensbild“
Schloss in Ahaus
Katja Harmeling ist Diplom-Restauratorin. Zurzeit begutachtet die Stadtlohnerin im Auftrag des Kreises Borken das Triumphportal des Schlosses in Ahaus. Klar ist: Der Baumberger Sandstein hat gelitten.
„Tok, Tok“ – mal mit hellem Klang, mal ganz dunkel. Ersteres ist für Katja Harmeling ein untrügliches Zeichen, dass mit dem Baumberger Sandstein etwas nicht in Ordnung ist. Die Diplom-Restauratorin klopft am Mittwoch mit einem Eisen stellenweise das Triumphportal an der Westseite des Schlosses in Ahaus ab. „Hohlstellen klingen ganz anders“, sagt die 39-jährige Stadtlohnerin. „Da ist der Klang hell.“
Förderung vom Land
Katja Harmeling ist seit 2008 freiberuflich tätig. Am Schloss in Ahaus arbeitet sie im Auftrag des Kreises Borken. Der Kreis plant, das etwa zehn mal zehn Meter große Portal und weitere Teile des Schlosses zu sanieren. Für die Sanierungsmaßnahmen wird mit Gesamtkosten von rund 350.000 Euro gerechnet. Das Land steuert aus dem Denkmalförderprogramm 100.000 Euro bei.

Mit einem Eisen klopft Katja Harmeling den Sandstein ab. Ein heller Klang deutet auf Schäden hin. © Christian Bödding
Doch bevor es mit den konkreten Sanierungsarbeiten am Triumphportal los geht, ist die Expertise von Katja Harmeling gefragt. „Es geht darum, die Schäden aufzunehmen“, sagt sie am Mittwochvormittag vor Ort. Genauer: „Wie viele Schäden in welcher Art gibt es? Was für ein Aufwand ist nötig, um die Schäden zu restaurieren, beziehungsweise welche Maßnahmen sollten geplant werden?“
Das Triumphportal ist dazu von beiden Seiten eingerüstet. Die Diplom-Restauratorin begutachtet seit Dienstag das aus dem 17. Jahrhundert stammende Bauwerk. Das barocke Wasserschloss wurde 1690 fertiggestellt.
Löwendarstellungen
„Im Barock hat man häufig die geschwungenen Bögen und die Löwendarstellungen, die ein Wappen halten. Die schneckenförmigen Kapitelle sind typisch, ebenso die Blattornamentik“, zeigt Katja Harmeling auf verschiedene Bereiche des Triumphportals.
Verbaut wurde der „Marmor des Münsterlandes“ – der Baumberger Sandstein. Ein Material, das an zahlreichen Schlössern und Burgen im Münsterland zu finden ist. „Ein sehr schönes Bildhauergestein“, sagt Katja Harmeling. „Der Baumberger Sandstein ist sehr feinkörnig, weich und leicht zu bearbeiten“ – und er hat einen großen Nachteil. „Er ist leider nicht wittterungsbeständig.“

An manchen Stellen des Triumphportals sind von den Figuren aus Baumberger Sandstein Stücke abgeplatzt. © Christian Bödding
Am Triumphportal wird das an vielen Stellen deutlich. „Es gibt verschiedene Schäden, die typisch sind für den Baumberger Sandstein“, sagt die Restauratorin. Sie nennt das Aufschuppen und die Schalenbildung und erklärt: „Der Baumberger Sandstein ist ein sandiger Kalkstein mit ganz viel Tonmineralien. Ton hat die Eigenschaft, dass er bei Feuchtigkeit quillt und bei Trockenheit schrumpft. Durch Feuchtewechsel entstehen so Mikrorisse im Stein, die eine Art Schuppenbildung verursachen. Das sieht aus wie Cornflakes.“
Teile des Steins spalten sich nach und nach ab und werden abgesprengt. „Bei Details fällt das dann bildhauerisch ins Gewicht, da fehlt einfach was, zum Beispiel bei den Löwen“, deutet Katja Harmeling auf eine Figur im Portal.
Von Weitem ist das nicht unbedingt zu erkennen, aber Katja Harmeling kommt den Figuren, Kapitellen und anderen Verzierungen so nah wie kaum jemand anderes. Voraussichtlich insgesamt vier Tage benötigt sie, um ihre Voruntersuchungen am Objekt abzuschließen.
Verschiedene Schäden
Auf einer Papierskizze trägt sie die verschiedenen Schäden in verschiedenen Farben ein, mal eine Aufschuppung, mal eine Rissbildung, mal eine Verkrustung oder eine Rostsprengung durch eine ältere Armierung.
„Man braucht ein bisschen, bis man sich in das Objekt eingesehen hat“, berichtet die Restauratorin. „Dann kann man gut abschätzen, was früher schon gemacht wurde.“ Am Triumphportal seien schon viele Restaurierungen durchgeführt worden, sagt sie.

Das Triumphportal an der Westseite des Schlosses ist eingerüstet. © Christian Bödding
Doch die Schäden sind offensichtlich. Das hat Gründe: „Eine Schadensbildung kann man für eine Zeit verlangsamen“, erklärt Katja Harmeling. „Aber man kann sie nie ganz aufhalten.“ Restauriere man in kürzeren Abständen, habe man weniger Arbeit. Lasse man zwischen den Restaurierungen mehr Zeit verstreichen, werde der Aufwand größer.
„Am Triumphportal ist wohl zuletzt Mitte der 90er-Jahre etwas saniert worden. Das ist schon eine lange Zeitspanne. Es muss viel gemacht werden.“ Katja Harmeling weiß, dass kein Objekt wie das andere ist. „Es gibt immer wieder Überraschungen.“
„Ein wunderschönes Schadensbild“
Zwar hat sie beim Triumphportal des Schlosses mit vielen Schäden gerechnet. „Aber ich habe gehofft, dass es nicht ganz so schlimm ist.“ Eine Hoffnung, die von der Realität getrübt wurde. Wie schlimm es um das Triumphportal bestellt ist? „Als Restaurator sagt man: Ein wunderschönes Schadensbild“, antwortet Katja Harmeling auf diese Frage.
Nach der Arbeit vor Ort wird die Stadtlohnerin noch etwa zwei Wochen Zeit für ihre schriftliche Stellungnahme benötigen. Die händische Kartierung auf Papier wird sie im Büro mit Hilfe eines CAD-Programms digitalisieren. In ihrer Stellungnahme beschreibt sie die Schäden ausführlich und fügt einen großen Fotoanhang bei. „Ich beschreibe ein Maßnahmenkonzept, auf dem sich das Leistungsverzeichnis für die Ausschreibungen aufbaut.“
Die Sanierung/Restaurierung wird zum Beispiel die Reinigung umfassen. Ablagerungen, Staub, Taubenkot, Flechten, Moose und Algen müssen entfernt werden. „Krustenbildung auf der Steinoberfläche müsste chemisch gereinigt werden“, sagt die Expertin.
Restaurator und Steinmetz
Mit dem Blick auf das „nicht unbedingt stabile Material“ gelte: „Vor der Reinigung im figürlichen Bereich sind Sicherungsmaßnahmen durchzuführen, sonst übersteht der Sandstein die Reinigung nicht.“ Um die Sanierung der figürlichen Darstellungen wie Löwen könnte sich ein Diplom-Restaurator kümmern, „wenn es um die architektonischen Sachen und die Statik geht, dann ist auch ein Steinmetz gefragt.“
Bei der letzten Sanierung seien Teile ausgetauscht worden, hat sie festgestellt. Dabei könne man auch mit Steinergänzungsmörtel arbeiten, um das Original zu imitieren. „Ziel ist, so viel Originalsubstanz wie möglich zu erhalten.“
Christian Bödding, Jahrgang 1966, ist bekennender Westfale, aber kein Sturkopf. Er schreibt gerne tiefgründig und am liebsten über lokale Themen, über die sich andere nach der Lektüre seiner Texte aufregen.
