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Richterin will ein Geständnis „ohne Firlefanz“ – sonst droht Gefängnis
Betrugsprozess
Er soll Maschinen verkauft haben, die er gar nicht besaß – und kassierte dafür Geld. 2019 verurteilte das Amtsgericht den Ahauser zu einer Gefängnisstrafe. In der Berufung hat er nun bessere Karten.
Es war eine lange Liste, die die Richterin am Donnerstag zu Beginn der Verhandlung vorlesen musste. Der Angeklagte aus Ahaus war in der Vorinstanz in Ahaus wegen umfangreicher Betrügereien verurteilt worden: Zwölf Fälle von Betrug werden ihm zur Last gelegt, hinzu kommen zwei falsche Eidesstattliche Versicherungen und einmal versuchter Betrug.
In mehreren Fällen soll der Angeklagte Pulverbeschichtungsmaschinen in der Absicht verkauft haben, sie hinterher nicht zu liefern. Selbst seinen Anwalt, so das Urteil des Amtsgerichts, habe er auf die Frage nach seiner Zahlungskräftigkeit mit dem Verweis auf drei Wohnungen auf Lanzarote und 1,5 Mio. Euro Bargeld auf dem Konto getäuscht können.
Und: Am Ende blieb der Jurist auf seiner Forderung von 5.000 Euro sitzen. Gegenüber dem Gerichtsvollzieher soll der Mann ein Konto mit Geld verschwiegen haben.
Hierfür hatte das Amtsgericht in Ahaus ihn zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Der – für Ahauser Verhältnisse – Mammutprozess mit Zeugen aus dem gesamten Bundesgebiet sorgte im Sommer 2019 für Schlagzeilen.
Das Urteil von damals aber wollen weder der Angeklagte noch die Staatsanwaltschaft akzeptieren, deswegen nun das Widersehen in der nächsten Instanz vor dem Landgericht in Münster.
Die Anklage hatte bereits im Vorfeld deutlich gemacht, dass sie lediglich mit dem Strafmaß nicht einverstanden ist. Der Ahauser habe „auf besonders trickreiche Weise getäuscht“ und sich die „Leichtgläubigkeit der Geschädigten zu Nutze“ gemacht, hieß es in der Begründung der Berufung. All das sei in der Strafbemessung der Vorinstanz nicht ausreichend gewürdigt worden.
Richterin lässt Staatsanwältin abblitzen
„Die Begründung der Staatsanwaltschaft teile ich nicht unbedingt“, entgegnete die Richterin direkt und machte ihre Sichtweise der Dinge sehr deutlich: „Ich persönlich halte das Urteil für angemessen, ausgewogen und gut.“ Bedeutet aus Sicht des Angeklagten aber auch: In der Frage von Schuld oder Unschuld ist keine Bewegung zu erwarten.
Aber die Vorsitzende führte in Hinblick auf das Strafmaß drei entlastende Faktoren an: Dies sei zum einen die lange Verfahrensdauer, also zwei Jahre nach dem erstinstanzlichen Urteil, die nur teilweise zulasten des Angeklagten gehe.
Außerdem seien keine neuen Urteile bekannt und der 56-Jährige habe die Strafe von 300 Tagessätzen aus einem anderen Verfahren, das aufaddiert wurde seinerzeit, zwischenzeitlich beglichen.
„Wenn wir das hier streitig durchziehen, dann wird das nochmal ein richtiges Verfahren“, führte die Richterin an. Aber die Vorsitzende präsentierte eine Alternative: Bei einem Geständnis – zu dem sich der Angeklagte in der ersten Instanz nicht durchgerungen hatte – befinde man sich „im Bereich einer bewährungsfähigen Strafe“. Bedeutet: eine Verurteilung zu maximal zwei Jahren.
Während die Vertreterin der Staatsanwaltschaft eine Verständigung in dieser Richtung ablehnte, sorgte der richterliche Vorschlag auf der Gegenseite für Bewegung.
„Wir würden die Tatvorwürfe einräumen und die Berufung auf die Rechtsfolgen beschränken“, stellte einer der beiden Verteidiger in Aussicht. Sprich: In dem Folgetermin am 23. September würde es nur um das Strafmaß gehen.
Nur ein Geständnis zählt
Und hier brachte der Rechtsbeistand weitere Argumente im Sinne seines Klienten vor. So arbeite der Angeklagte seit einiger Zeit in Festanstellung und könnte Schadenswiedergutmachung betreiben. 3000 Euro habe er schon angespart.
Ob es Nachweise gebe?, fragte die Richterin. Nein, die liegen bei seiner Mutter in Wuppertal. Und der Arbeitsvertrag? Den habe er zu Hause vergessen.
„Ich erwarte ein komplettes Geständnis ohne irgendeinen Firlefanz“, machte die Richterin deutlich. „Es liegt jetzt sehr an ihnen, sie müssen was leisten.“