Philipp Finder (35) hat am Mittwoch zum ersten Mal seinen Marktstand in Ahaus aufgebaut. Er hat das Geschäft von Birgit van de Maat übernommen. Vieles will er fortführen wie es war. Gleichzeitig will er aber auch ausprobieren, in welche Richtung er das Geschäft verändern kann.

© Stephan Rape

Philipp Finder (35) führt Markttradition mit Obst und Gemüse in Ahaus fort

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Die Markttradition geht weiter: Philipp Finder führt das Geschäft von Familie van de Maat auf dem Ahauser Markt fort. Der 35-Jährige hat viel vor, startet aber erst einmal vorsichtig.

Ahaus

, 05.01.2022, 17:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Ein schneidend kalter Wind fegt am Mittwochvormittag über den Ahauser Marktplatz. Die Regentropfen fallen in diesem Moment fast waagerecht. Kurz zuvor hatte es noch geschüttet. „Ideales Wetter für den ersten Tag, oder?“ Philipp Finder lacht. Der 35-Jährige steht zum ersten Mal mit dem eigenen Geschäft auf dem Wochenmarkt.

Klar, seinen Marktwagen mit frischem Obst und Gemüse kennt jeder: Bis zum Jahreswechsel stand dort Birgit van de Maat. Über 30 Jahre hat sie die Geschäfte geführt. Jetzt übernimmt Philipp Finder.

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Den Spaß an Obst und Gemüse entdeckte er eher zufällig. Vor zwei Jahren suchte der Kaufmann für Marketing und Vertrieb nach einer neuen Herausforderung. Und fand sie im Großhandel van de Maat. Dort fing er im Lager an. Und begeisterte sich für die Ware.

Onlinehandel läuft schon seit 2020

So sehr, dass er sich Anfang 2020 nebenbei selbstständig machte: Über die Internetseite www.finderfood.de nimmt er online Obst- und Gemüsebestellungen aus Ahaus, den Ortsteilen, Heek, Stadtlohn und Vreden an. Treffen die bis 12 Uhr bei ihm ein, liefert er noch am gleichen Tag.

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„Eigentlich wollte ich die Selbstständigkeit einfach nur ausprobieren, aber das Angebot kam genau passend zur Corona-Pandemie“, sagt er im Rückblick. Der Lieferdienst sei von Anfang an gut angenommen worden. Inzwischen arbeitet er pro Woche 70 bis 100 Bestellungen ab.

Nur noch ein kleiner Schritt zum eigenen Marktstand

Von dort aus sei es dann eigentlich nur noch ein kleiner Schritt zum eigenen Marktstand gewesen. In Gronau sei ein Händler in den Ruhestand gegangen. „Von dem konnte ich den Standplatz in Epe übernehmen“, sagt der 35-Jährige. Diesem ersten Schritt folgte dann schnell ein Gespräch mit Birgit van de Maat. „Als die davon hörte, hat sie mich gefragt, ob ich mir auch vorstellen könne, ihren Stand zu übernehmen“, erinnert er sich.

Was folgte, war eine „längere Diskussion“, wie er es nennt. Mit seinem Lebensgefährten habe er überlegt, ob das funktionieren könne. „Das hat vielleicht eine Woche gedauert“, gibt er schmunzelnd zu. In dieser Zeit hätten sie zusammen die Zahlen durchgerechnet.

Markt in Ahaus ist eine sichere Bank

Am Ende stand eine klare Entscheidung: „Ich probiere das jetzt einfach mal aus“, sagt er. Angst vor der Zukunft hat er nicht. „Da müsste schon viel passieren, dass sich der Ahauser Markt nicht mehr lohnt“, erklärt er. Ganz klar auch ein Verdienst der Organisatoren hinter dem Markt. „Die Händler reißen sich ja um die Plätze hier. Sobald einer frei wird, ist der ruckzuck wieder besetzt“, erklärt er.

Ähnlich sehe es in Epe aus. Und im Zweifel fange er eben wieder bei Null an. Das sei natürlich nicht vorgesehen, wäre aber auch kein Problem. „Schließlich ist alles bezahlt“, sagt er und deutet in Richtung Marktstand. Schulden habe er nicht.

Personal ist schwierig zu bekommen

Im Gegenteil: Er wolle wachsen. Aktuell bedient er die beiden Wochenmärkte in Ahaus sowie die in Stadtlohn und Epe. Fünf Aushilfen beschäftigt er. Gerne hätte er mehr. Auch für den Lieferdienst. Doch Personal sei im Moment sehr schwierig zu bekommen. „In dem Moment, wo es um Arbeit am Samstag geht, sind die meisten raus“, sagt er.

Ihn selbst stören die Arbeitszeiten nicht. „Die hatte ich ja auch im Großmarkt schon“, sagt er. Dort habe er um 2 Uhr in der Nacht, manchmal auch um 0 Uhr angefangen. Da komme ihm der Marktbetrieb schon fast wie Ausschlafen vor. Auch weiß er ziemlich genau, worauf er sich auf dem Markt in Ahaus einlässt: Schließlich hat er schon rund ein Jahr Birgit van de Maat bei ihrer Arbeit begleitet.

Schon ein Jahr Markterfahrung in Ahaus

Entsprechend hat er auch schon einen Eindruck, was die Kunden in Ahaus wünschen. Das Angebot von Birgit van de Maat will er erst einmal weiterführen. „Ich starte mit dem, wie es war“, sagt er. Dazu will er verschiedene Dinge testen. „Natürlich probiere ich etwas aus, wenn ich etwas Neues sehe“, sagt er. Aber eben mit der nötigen Ruhe. Und: „Was nicht läuft, fliegt wieder raus.“

Beispiel Bioprodukte: Die würde er gerne vermehrt ins Programm nehmen. „Aber es muss eben auch die passende Nachfrage geben“, ergänzt er. Klar sei das ein Thema.

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Übrigens genau wie der bargeldlose Zahlungsverkehr. Der sei spätestens durch die Corona-Pandemie auch auf dem Markt angekommen. „Das ist definitiv ein Trend“, sagt er. Ungefähr jeder zweite Kunde zücke lieber die EC-Karte als Bargeld, schätzt er. Und zwar in jeder Altersschicht. „Nur bei der älteren Generation vielleicht etwas weniger“, sagt er. Früher oder später werde sich das Bargeld aber wohl vom Markt verabschieden. Er sieht das positiv: „Dadurch wird der Kassenabschluss viel einfacher“, sagt er mit breitem Grinsen.

Besseres Wetter kann selbst Bernd van de Maat nicht organisieren

Bernd van de Maat kommt gerade am Marktstand vorbei. Ganz zufällig natürlich. Der 63-Jährige will mal nach dem Rechten sehen. „Hat alles geklappt? Hat der Aufbau funktioniert? Kommst du klar?“, fragt er Philipp Finder. Der strahlt und ruft zurück: „Alles bestens, nur besseres Wetter hättest du mitbringen können.“ Das wird an diesem Markttag wohl nichts mehr. Es ist schließlich schon fast Zeit für den Abbau. Aber Samstag ist ja auch noch ein Tag.