Nancy Frehse (l.) und Carla Reuter haben mit den Oktopullis der Erwachsenenkollektion den nächsten Schritt gemacht. Sie setzen voll auf nachhaltige Produktion – und wurden dafür auch schon mit einem Preis ausgezeichnet.

Nancy Frehse (l.) und Carla Reuter haben mit den Oktopullis der Erwachsenenkollektion den nächsten Schritt gemacht. Sie setzen voll auf nachhaltige Produktion – und wurden dafür auch schon mit einem Preis ausgezeichnet. © Claudia Bernhard

Oktopulli: Gründerin aus Ahaus erhält Preis für besondere Kindermode

rnGründerpreis

Kindermode, die über Jahre mitwächst. Für diese Idee hat die Ahauserin Nancy Frehse einen Preis bekommen. Ihr Projekt Oktopulli stellt jetzt aber auch für Erwachsene nachhaltige Kleidung her.

Ahaus

, 11.10.2022, 04:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Aus einer vagen Idee während der Pandemie ist ein tragfähiges Unternehmen geworden. Die gebürtige Ahauserin Nancy Frehse (30) hat in Berlin ihr Modelabel „Oktopulli“ auf so breite Füße gestellt, dass inzwischen fünf Menschen mit der Produktion der nachhaltigen Kinderkleidung beschäftigt sind. Auch einen Preis hat die Gründerin dafür schon bekommen.

Zur Erinnerung: Die Oktopullis sind so genäht, dass sie über mehrere Kindergrößen passen. Am Anfang haben die Pullover leichte Übergröße, am Ende sitzen sie knapp aber nicht zu eng.

Jetzt lesen

So sind die Ärmel länger und können am Anfang umgekrempelt werden. Auch sind sie als „Raglanärmel“ genäht, haben mehr Stoff an den Schultern, damit nichts kneift. Nancy Frehse und ihrer Mitgründerin und ehemaligen Kommilitonin Carla Reuter ging es bei Oktopulli einerseits darum, nachhaltige Mode zu schaffen.

Produktion aus Stoffen, die sonst im Müll landen würden

Denn die Pullover werden aus Stoffen genäht, die von der Industrie bereits ausgemustert wurden: Rest-, Überschuss- oder Secondhand-Ware. Natürlich mit allen wichtigen Qualitäts- und Produktionssiegeln für sichere Kinderkleidung, wie die Gründerin betont.

2200 Oktopullis hat das junge Unternehmen schon verkauft. Intern will es nicht mehr wachsen, sondern die steigende Zahl der Aufträge an lokale Unternehmen vergeben.

2200 Oktopullis hat das junge Unternehmen schon verkauft. Intern will es nicht mehr wachsen, sondern die steigende Zahl der Aufträge an lokale Unternehmen vergeben. © Karo Vitellaro

„So haben wir bisher über 1000 Meter Stoff wieder in den ersten Verwertungskreislauf gebracht“, sagt sie stolz. Stoffe die in der Industrie nicht mehr verwertet worden seien, etwa weil sie kleine Fehler enthielten oder zu vergangenen Kollektionen gehörten. An erster Stelle stehe kein preisverdächtiges Design, sondern die verantwortungsvolle Produktion von Kleidung.

Stärkung des Handwerks statt internes Wachstum

Neben den festen Mitarbeitern gibt es auch flexible Kräfte: „Zusätzlich beschäftigen wir im Moment noch zwei Freelancer“, sagt sie im Gespräch mit unserer Redaktion. Inzwischen hat das Unternehmen einen leicht veränderten Weg eingeschlagen: „Wir wollen intern gar nicht weiter wachsen“, sagt sie. Stattdessen verteile Oktopulli seine Aufträge an das lokale Handwerk. „Die reine Kleidungsproduktion ist in Deutschland mittlerweile sehr rar gesät“, erklärt Nancy Frehse.

Beispielsweise gebe es inzwischen kein Unternehmen mehr, das noch Handschuhe herstellen könne. „Das Know-how ist einfach weg“, sagt sie. Dieser Entwicklung will Oktopulli etwas entgegensetzen. „Und eben vor allem die lokalen Handwerker unterstützen“, ergänzt sie.

Inzwischen gibt es drei Wochen Wartezeit

2200 mitwachsende Pullover hat das kleine Unternehmen seit seiner Gründung verkauft. Eine Zahl auf die Nancy Frehse gehofft, mit der sie aber nicht gerechnet hatte. „Wir waren völlig überrascht, als sich die Bestellungen immer mehr gehäuft haben“, erklärt sie. Inzwischen gebe es bis zu drei Wochen Wartezeit. „Bestellungen für Weihnachten sollten schon spätestens im November vorliegen“, sagt sie und blickt schon einmal ein paar Wochen in die Zukunft.

Jetzt lesen

Die Ideen des jungen Unternehmens wurden jetzt auch offiziell gewürdigt: Beim Businessplan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg räumte Oktopulli den Publikumspreis ab. Für Nancy Frehse eine schöne Wertschätzung, aber nichts um sich darauf auszuruhen: Denn Oktopulli hat viel vor.

Neben der eigentlichen Produktion, dem Ladenlokal in Berlin-Kreuzberg und einer kleinen gläsernen Manufaktur strebt das Unternehmen eine Kooperation mit dem Berliner Bildungssenat an. „Wir wollen Workshops in Grundschulen anbieten, um schon die Grundschüler in Kontakt mit fairer und nachhaltiger Kleidungsproduktion bringen“, macht sie deutlich.

Wegen großer Nachfrage: Kollektion für Erwachsene gestartet

Daneben wächst aber auch das Kerngeschäft: Neben der Kindermode bietet Oktopulli inzwischen auch Pullover für Erwachsene an. „Die Nachfragen nach Modellen für Erwachsene kamen immer wieder, so dass wir eine eigene Kollektion aufgelegt haben“, sagt Nancy Frehse.

Die müssten natürlich nicht mehr mitwachsen, würden aber sonst genau so aussehen wie die Pullover für Kinder – und erfüllten natürlich die gleichen Kriterien: nachhaltig, genderneutral, vor Ort produziert. „Wir sind erwachsen geworden“, sagt sie lachend. Gerade mit Blick auf die Energiekrise gehe es eben darum, lange Lieferketten zu vermeiden und vor Ort zu produzieren.

Jetzt lesen

Neben dem hohen Anspruch an das Unternehmen und die Produkte betont Nancy Frehse aber den eigentlichen Wert hinter der speziellen Mode: „Weil sie langlebiger ist als normale Mode, ist sie im Nachhinein günstiger.“ Knapp über 50 Euro kostet ein Kinderpullover. Knapp 100 Euro die für Erwachsene.

Gesellschaft im Verantwortungseigentum kommt gut an

Und noch eine Besonderheit von Oktopulli habe sich bewährt: Die beiden Gründerinnen haben ihr Modelabel als sogenannte GmbH mit Verantwortungseigentum geschaffen. Heißt im Klartext: Die Verantwortung

tragen natürlich die Gesellschafter. Die Gewinne sind allerdings fest an das Unternehmen gebunden.

Damit sollen Entscheidungen langfristig mit Blick auf den Unternehmenszweck

getroffen werden. Kurzfristige Profitinteressen sollen den einmal eingeschlagenen Kurs des Unternehmens nicht beeinflussen.

Eine noch bisher noch seltene Unternehmensform, die jedoch auch große Namen schon gewählt haben. Beispielsweise hat die weltweit agierende Outdoor-Marke „Patagonia“ ihr Unternehmen im September über eine Art Stiftung in ein Unternehmen im Verantwortungseigentum umgebaut.