Christian Aupers will das Café Muse schließen. Die Konkurrenz durch die Gastro-Angebote des Software-Unternehmens Tobit seien zu übermächtig. Andere Ahauser Wirte sehen das ganz anders.

Ahaus

, 15.02.2019, 05:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Ist das Ahauser Softwareunternehmen Tobit mit seinen gastronomischen Betrieben wie dem „Unbrexit“, dem „Offsite“ und dem „Bamboo“ eine übermächtige Konkurrenz? Für Gastronom Christian Aupers schon. Er will das Café Muse am Eingang zur Fußgängerzone spätestens Ende des Jahres schließen (wir berichteten). Was sagen andere Ahauser Gastwirte dazu? Wir haben uns umgehört.

Christian Drebber (Drebber‘s Hotel-Restaurant) ist seit 25 Jahren Wirt und kann die Entscheidung von Christian Aupers nicht wirklich nachvollziehen. „Konkurrenz hat man immer, nicht nur in Ahaus“, sagt der Gastronom. Wobei: „Wir sind eine kleine Stadt, in der Kernstadt mit gut 19.000 Einwohnern, aber mit gastronomischen Angeboten, nach denen sich Großstädte die Finger lecken würden.“

Digitale Produkte

Sicherlich würden sich einige der von Tobit organisierten Angebote auf die Gastronomie auswirken, sagt Christian Drebber. Als Beispiel nennt er die „Stattalm“ und das Public Viewing am Oldenkottplatz. „Aber das hat sich eingependelt. Bei uns läuft es gut, ich kann mich nicht beschweren.“

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In seinem Hotel-Restaurant an der Wüllener Straße nutzt der Wirt auch einige der von Tobit für die Gastronomie entwickelten digitalen Produkte, unter anderem ein Bestell- und Bezahlsystem. Drebber ist damit bestens zufrieden. „Der Erfolg gibt dem Unternehmen recht.“

Wobei es gerade auch in der Gastronomie immer Höhen und Tiefen gebe. „Ich kann doch nicht immer alles auf die Konkurrenz schieben“, sagt Christian Drebber. Es sei wichtig, sich auf wechselndes Publikum einzustellen und dementsprechend auch in die Lokalität zu investieren. Warum es in der Fläche nicht mehr so viele Kneipen gebe wie früher, dafür hat Christian Drebber mehrere Erklärungen.

Biergarten-Besuch lässt nach

Er nennt zum Beispiel das Nichtraucherschutzgesetz, das vielen Lokalen das Genick gebrochen habe. „Was noch hinzukommt, ist, dass in Ahaus viele Wohneigentum besitzen. Wer im Sommer auf der Terrasse seines Einfamilienhauses sitzt, der muss nicht unbedingt in den Biergarten.“ In einer Stadt wie Münster, mit wenig Wohneigentum, sei das anders. „Dort sind die Leute im Sommer froh, wenn sie vor die Tür kommen.“ Ein drittes noch: „Wer steht denn noch in der Kneipe an der Theke und tauscht sich aus?“

Platz für „klassische Gastronomie“

Christian Drebber ist von zwei Dingen überzeugt: „Wer seinen Job gut macht, zu dem kommen auch die Gäste.“ Und: „Die klassische Gastronomie wird es auch weiterhin geben.“

Dass das Café Muse schließt, das mag vielleicht auch mit dem Standort zu tun haben, sagt Carminda Ferreira. Die 50-Jährige betreibt seit 15 Jahren das Bier-Café Forum am Markt, einen Steinwurf von der Marienkirche entfernt. Am oberen Ende der Fußgängerzone gebe es ja fast keine gastronomischen Betriebe mehr, sagt sie. Nach ihrem Bier-Café noch die Muse, dann sei Schluss. Das wirke sich auf die Gästezahlen aus.

„Das neue gastronomische Zentrum hat sich Richtung Oldenkottplatz verschoben“, sagt Carminda Ferreira. Dort, wo auch Tobits Offsite liege. Tobits „Showcases“ für schlecht laufende Geschäfte verantwortlich zu machen, das kommt der Wirtin aber nicht in den Sinn. „Tobit macht tolle Sachen für die Stadt. Ohne Tobias Groten würde in Ahaus nicht viel passieren. Er hat Ideen und er hat das Geld, diese Ideen umzusetzen.“

Carminda Ferreira ist seit 15 Jahren Wirtin im Bier-Café Forum am Markt.

Carminda Ferreira ist seit 15 Jahren Wirtin im Bier-Café Forum am Markt. © Christian Bödding

Die Zeiten in der Gastronomie hätten sich geändert, sagt Carminda Ferreira. „Heute kann es sich ja kaum noch einer erlauben, unter der Woche Bier zu trinken. Heute findet Kommunikation über Facebook statt, weniger in der Kneipe.“

Und wenn doch, dann so wie vor wenigen Wochen, berichtet sie: „Da saßen fünf junge Männer vier Stunden lang hier um einen Tisch, tranken Bier und schauten auf ihre Smartphones. Gesprochen haben sie kaum ein Wort miteinander.“ Sollte es einer Gaststätte in Ahaus nicht gut gehen, dann liege das in erster Linie nicht an den Betrieben von Tobit. „Dann liegt es auch daran, dass die Leute sich lieber einen Kasten Bier kaufen und sich mit Freunden zu Hause treffen. Das ist günstiger.“

An die Kundschaft denken

Dirk Rolfes ist Betreiber der Marktschänke, ebenfalls vis-à-vis der Marienkirche. Tobits Gastronomiebetriebe seien als Konkurrenz nicht das große Problem, sagt er. Die Äußerungen von Christian Aupers kommentiert Dirk Rolfes nicht. Er könne nicht über den Geschäftsbetrieb anderer Wirte urteilen, wohl über seinen: „Die Marktschänke läuft sehr gut.“ Ganz allgemein, sagt Rolfes, könnte es in Ahaus Probleme für diejenigen Gastro-Betriebe geben, die eine ähnliche Kundschaft wie Tobit ansprechen würden. Der Beach (Außengastronomie) am „Bamboo“ sei schon fantastisch, sagt Dirk Rolfes. „Dem einen eigenen Biergarten mit ähnlichem Flair entgegenzusetzen, das ist schwer.“

Dennis Busscher ist Wirt der Höstenpumpe in Wülllen.

Dennis Busscher ist Wirt der Höstenpumpe in Wülllen. © Christian Bödding

Man muss mit dem Trend gehen, das sagt Dennis Busscher, Wirt der Gaststätte Höstenpumpe in Wüllen. Auch er nutzt, ebenso wie Christian Drebber, digitale gastronomische Helfer von Tobit. Und auch er sieht Tobits gastronomische Betriebe nicht als bedrohliche Konkurrenz. „Das mag aber auch daran liegen, dass wir die letzte aktive Gaststätte im Dorfkern sind“, sagt er. Dutzende Stammtische und mit ihnen viele Wüllener halten der Höstenpumpe die Treue. Sie trinken hier ihr Bierchen und besprechen, was Wüllen bewegt. Bewegung sei es auch, die ein Gastronomiebetrieb brauche, ist sich Dennis Busscher sicher. Neues auszuprobieren, das gehöre unbedingt dazu. „Wir bieten zum Beispiel seit zwei Monaten einen Mittagstisch an.“ Die Gästezahlen seien gut.

„Immer gut besucht“

Das müssen sie doch eigentlich auch im Café Muse gewesen sein, lautet eine von vielen Feststellungen auf unserer Facebook-Seite zum angekündigten Muse-Aus. „Der Mittagstisch war immer gut und gut besucht. Und trotzdem gibt man auf?“ fragt sich ein User. Ein anderer Nutzer schreibt: „Ich hoffe, die ‚alte Dame‘ (gemeint ist die Muse) bekommt eine Chance.“

Keine Stellungnahme

Gerne hätten wir an dieser Stelle Tobit zu Wort kommmen lassen. Mehrere Anfragen unserer Redaktion mit der Bitte um eine Stellungnahme blieben jedoch unbeantwortet.

  • Vielen Deutschen sitze das Geld auch für Restaurantbesuche locker in der Tasche, heißt es im „Digitalisierungsindex Mittelstand“ im Auftrag der Telekom.
  • Doch vor allem die Gastronomie klage über ihre kritische Ertragssituation. Die Branche leide unter hohem Wettbewerbsdruck, der Preiskampf und die hohen Serviceerwartungen der Kunden würden das Gastgewerbe zwingen, sich digital neu zu positionieren.
  • Als mögliche Maßnahmen werden „Gäste-Wlan“, die elektronische Rechnung, ein digitales Kassensystem und Online-Tischplatz- und Zimmerbuchungen genannt.
  • Die Digitalisierung habe die Gastronomie und die Hotellerie revolutioniert, sagt der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga).
  • Schon heute kämen unter Umständen mehr Gäste in ein Restaurant, wenn die Onlinebewertung positiv sei. Pizza, Burger, Pasta – bestellt werde online, gezahlt ebenso.
  • Doch eines bleibe sicher: In einem Restaurant gehe es auch zukünftig in erster Linie darum, dass Angebot und Service erstklassig seien. Den Gästen müsse es schmecken und sie müssten begeistert sein.
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