Auf einem freien Platz in Bad Neuenahr-Ahrweiler wurde provisorisch Müll, Schrott und Schlamm zusammengefahren. Frank Schmitz und etliche Helfer aus dem Kreis Borken sind gerade dabei, diese Deponie wieder abzutragen und wegzufahren.

© Frank Schmitz

Landwirte aus dem ganzen Kreis Borken helfen im Katastrophengebiet

rnHochwasserkatastrophe

Das Hochwasser im Ahrtal ist fast zwei Wochen her. Die Lage bleibt unübersichtlich. Ungezählte Helfer aus dem Kreis Borken sind vor Ort. Neben Profis vor allem auch aus der Landwirtschaft.

Ahaus

, 27.07.2021, 17:41 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz ist schon fast zwei Wochen her, doch noch immer sind zahlreiche Helfer aus dem Kreis Borken dort im Einsatz. Gerade auch aus der Landwirtschaft: Weit über 100 Schlepper, Kipper und Baumaschinen haben sich aus dem Kreis Borken auf den Weg ins Katastrophengebiet gemacht. Dazu kommen ungezählte Landwirte oder Mitarbeiter aus landwirtschaftlichen Betrieben und Baubetrieben, die helfen wollen.

Frank Schmitz (44) aus Alstätte ist einer der vielen Landwirte und Helfer, die aus dem Kreis Borken ins Katastrophengebiet gereist sind, um zu helfen.

Frank Schmitz (44) aus Alstätte ist einer der vielen Landwirte und Helfer, die aus dem Kreis Borken ins Katastrophengebiet gereist sind, um zu helfen. © privat

Einer von ihnen ist Frank Schmitz aus Alstätte. Der 44-Jährige ist am vergangenen Sonntagabend (25. Juli) mit dem eigenen Wagen bis nach Bad Neuenahr-Ahrweiler gefahren. Dort löste er einen Kollegen auf einem Schlepper vor Ort ab. Unsere Redaktion erreicht ihn, als er gerade mit einer Fuhre Schrott zu einer weiter entfernten Deponie unterwegs ist.

Nur Landwirte mit schwerem Gerät unterwegs

„Gerade habe ich etwas Zeit“, sagt er. Zusammen mit anderen Landwirten aus dem Kreis Borken, einem Baggerfahrer aus Wessum und weiteren Helfern ist er dabei, einen provisorischen Müllsammelplatz zu räumen. „Der Schrott soll auf eine andere Deponie verlagert werden“, sagt er. Die Landwirte seien dabei vor Ort die einzigen mit schwerem Gerät. „Wenn man das mit kleineren Radladern oder Kippern verladen wollte, würde das ewig dauern“, erklärt der Alstätter.

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Eine zentrale Organisation gebe es auch fast zwei Wochen nach der Katastrophe nicht. „Das geschieht alles spontan auf Zuruf vor Ort“, sagt er. So sei die kleine Kolonne auch zu dem „Auftrag“ mit der Mülldeponie gekommen. „Davor haben wir zusammen Wohnstraßen von Geröll befreit“, erklärt er. Immer noch liege ohne Ende Geröll herum. Straßen seien unterspült. „Wir haben uns wirklich Straße für Straße vorgearbeitet“, erklärt Frank Schmitz. In Eigenregie. Auf Zuruf. Oder per Nachrichten in verschiedenen Whatsapp-Gruppen koordiniert.

Helfer und Maschinen aus dem ganzen Kreis Borken sind im Katastrophengebiet im Einsatz. Laut Frank Schmitz gibt es auch fast zwei Wochen nach dem Hochwasser kaum zentrale Koordination.

Helfer und Maschinen aus dem ganzen Kreis Borken sind im Katastrophengebiet im Einsatz. Laut Frank Schmitz gibt es auch fast zwei Wochen nach dem Hochwasser kaum zentrale Koordination. © Frank Schmitz

Zum Glück seien sie bisher noch nicht an den schlimmsten Stellen gewesen: „Ja klar, beschädigte Häuser haben wir eine Menge gesehen. Aber keine, die eingestürzt sind“, sagt er vom Sitz des Schleppers aus. Auch von Leichenfunden sei seine kleine Gruppe bisher verschont geblieben. Wie man das alles auf Dauer verarbeiten werde, sei eine andere Frage. Damit beschäftigt er sich jetzt noch nicht.

„Ich bin nur einer unter vielen“

Er habe einfach helfen wollen. Und weil er seit Anfang des Jahres nicht mehr Landwirt sondern angestellt ist, habe er sich Urlaub nehmen können. „Ich bin aber nur einer unter vielen“, sagt er. In den Vordergrund wolle er sich nicht drängen. Es würden so viele helfen. Aus so vielen Orten. „Und die Menschen hier sind unendlich dankbar“, sagt er.

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Auch Unterkunft und Verpflegung seien vor Ort organisiert worden. „Wir schlafen im Bürgerhaus und werden super versorgt“, sagt Frank Schmitz. Gearbeitet werde in der Regel ab 6.30 Uhr morgens bis zum Einbruch der Dunkelheit. „Gestern war es 22 Uhr“, fügt er hinzu. Anstrengend, keine Frage. „Aber es ist einfach ein geiles Gefühl, helfen zu können“, macht er deutlich.

Bis Mittwochabend will er das noch tun. Dann kommt die nächste Ablösung. Für ihn geht es dann zurück nach Hause.

Organisation per Whatsapp - Koordination fehlt

Dort laufen aktuell einige Fäden bei Frank Kisfeld in Vreden zusammen. Der hatte bisher die Landwirte-Proteste der Bewegung „Land schafft Verbindung“ mit organisiert. Jetzt sei natürlich klar, dass man helfen wolle. In Spitzenzeiten seien allein aus der Landwirtschaft im Kreis Borken 70 Helfer vor Ort gewesen. Unmittelbar nach der Unwetternacht vom 15. Juli hätten sich die ersten auf den Weg gemacht. Aktuell seien es vielleicht noch 25 bis 30, von denen er weiß. Weitere seien auf eigene Faust in den Süden gefahren.

Die Organisation habe auch er eher zufällig übernommen. „Michael Jünk aus Velen hatte erst den Telefondienst, ist dann aber selbst zum Helfen runtergefahren“, sagt Frank Kisfeld. Da habe er übernommen.

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Auch die Grenzen zu anderen Landwirte- und Helfer-Gruppen würden langsam verschwimmen. „Seit gestern habe ich Kontakt zu einer Gruppe aus Fulda, die ab dem Wochenende helfen will und irgendwie an meine Nummer gekommen ist“, sagt er. Die gesamte Organisation laufe eben über Whatsapp-Gruppen, auch neue lokale vor Ort. Und da komme immer mal wieder jemand dazu.

Wie lange Hilfe noch gebraucht wird, ist offen

Wie lange die Landwirte noch helfen, kann er im Moment nicht abschätzen. „Wir dachten eigentlich schon daran, abzubrechen, weil wir in der unmittelbaren Nähe nichts mehr zu tun hatten“, sagt er. Dann seien aber Hilferufe aus einem weiteren Dorf gekommen. Dort sehe es noch sehr schlimm aus.

Auch die Maschinen aus dem Kreis Borken sollen daher noch weiter vor Ort bleiben. „Die Bundeswehr hat uns heute Morgen zugesagt, dass sie den Weitertransport übernimmt“, erklärt er. Auch das eher ein Zufall. Und da liege das Problem: Die zentrale Koordination, der Überblick würden immer noch fehlen. „Woran das liegt, weiß ich natürlich von hier nicht“, erklärt er. Klar sei nur: „Wir machen weiter“, sagt Frank Kisfeld. Es gebe definitiv noch viel Arbeit.