
© Lila Dowgieluk-Radtke
Kur endet in der Katastrophe: Flut erschüttert Ahauserin in Bad Neuenahr
Hochwasserkatastrophe
Es sollten erholsame Kurwochen in Bad Neuenahr werden. Es endete abrupt mit einer erschütternden Erfahrung. Die Ahauserin Lila Dowgieluk-Radtke hat die Flutkatastrophe in der Eifel miterlebt.
Es fällt Lila Dowgieluk-Radtke nicht leicht, über das Erlebte zu sprechen. Die 64-jährige Sozialpädagogin aus Ahaus ist vor gut einer Woche zur Kur ins idyllische Bad Neuenahr gefahren. Am Donnerstag hat sie fluchtartig ein Schreckensszenario verlassen müssen. Die Hochwasserkatastrophe hat sie zutiefst erschüttert.

Lila Dowgieluk-Radtke aus Ahaus - hier bei einem Urlaub am Meer - hat die Hochwasserkatastrophe in der Eifel hautnah miterlebt. © privat
Lila Dowgieluk-Radtke zeigt Fotos vom Kurpark: bunte Blumenbeete, gepflegter Rasen, plätschernde Brunnen. So hat es bis Mittwoch im Herzen von Bad Neuenahr ausgesehen. Das Wetter ist nicht gut an diesem Tag. Es regnet ohne Unterlass. Die Ahr ist reißender als sonst, als die Ahauserin das Flüsschen von einer Fußgängerbrücke aus fotografiert. Einen Tag später, am Donnerstag, ist die Brücke von den Fluten fortgerissen. Und den Kurpark gibt es nicht mehr.

Der Kurpark in Bad Neuenahr ist von ölig-schlammigen Fluten überschwemmt. © Lila Dowgieluk-Radtke
Über Nacht ist die Katastrophe über das 11.000 Einwohner zählende Kurstädtchen hereingebrochen. „Acht Menschen sind gestorben, viele sind vermisst“, sagt Lila Dowgieluk-Radtke. Die ganze Stadt ist mit einer schlammigen Brühe, die nach Öl und Abwasser riecht, geflutet worden.

So sah die Ahauserin Lila Dowgieluk-Radtke den Kurpark vor der Flut. © Lila Dowgieluk-Radtke
„Ich hatte eine schlaflose Nacht. Ab Mitternacht haben die Sirenen ohne Unterlass geheult“, berichtet die Ahauserin. Sie selbst fürchtet in dieser Nacht nicht um ihre Sicherheit. Das Kurhaus liegt auf einer Anhöhe. Es ist klar: Hierher werden keine Fluten gelangen.
Fassungslose Menschen vor dem Nichts
Am Morgen gibt es kein fließendes Wasser mehr im Kurhaus, die Stromversorgung ist unterbrochen. Ein Notstromaggregat sorgt vorübergehend für Elektrizität. Lila Dowgieluk-Radtke streift, soweit das möglich ist, durch die Stadt, um sich ein Bild vom Geschehen zu machen. Ihre Fotos zeigen chaotische Verhältnisse, zerstörte Wohnungen, trübes Wasser, das als breiter Strom durch die Stadt fließt und alles mit sich reißt, aufgeschwemmte Container in Baumkronen.

Ein breiter schlammiger Strom ist mitten durch die Stadt Bad Neuenahr geflossen und hat viele Menschen wohnungslos gemacht, berichtet die Ahauserin Lila Dowgieluk-Radtke. © Lila Dowgieluk-Radtke
Aber das, was sie zutiefst erschüttert hat, hat sie nicht fotografiert. Doch gerade diese Bilder haben sich in ihre Erinnerung eingebrannt: Menschen, die per Hebebühnen aus den oberen Stockwerken der Häuser gerettet werden. Dorthin haben sie sich geflüchtet, während die unteren Etagen von der Flut durchspült werden.
Wohnungen komplett leergespült
„Das Wasser hat einfach vorne die Scheiben eingedrückt und ist hinten wieder herausgeflossen – und dabei einfach alles mit sich gerissen. Es blieben nur leere Wohnungen“, sagt Lila Dowgieluk-Radtke. Jetzt versagt ihr die Stimme. Sie muss sich fassen. „Und da standen die Menschen in Schlafanzügen. Und das war alles, was sie noch hatten. Die Leute standen wie gelähmt. Vor dem Nichts. Fassungslos. Das war so schrecklich mitanzusehen.“

Ein Kleingartengelände in Bad Neuenahr © picture alliance/dpa
Auch das Kurhaus wird am Donnerstag geschlossen. Alle Gäste reisen mittags ab. Lila Dowgieluk-Radtke hat Glück. Ihr Auto stand auch auf der Anhöhe. Nur über kleine Nebenstrecken kann sie die Stadt verlassen. Alle großen Straßen sind unpassierbar.
„Wir haben nichts im Griff“
Nach der bestürzenden Erfahrung sagt Lila Dowgieluk-Radtke: „Wir können nichts festhalten. Das zeigt uns die Flut. Die Natur ist stärker. Es ist sehr, sehr arrogant von uns zu glauben, dass wir die Dinge im Griff haben. Nichts haben wir im Griff.“
Zuhause in Ahaus atmet Lila Dowgieluk-Radtke erst einmal durch. Dann aber sagt sie: „Jetzt brauchen die Menschen unbedingt schnelle Hilfe, Geld- und Sachspenden. Wir müssen alle etwas tun.“