Landgasthof Gerwing-Wulf richtet sich auf Gruppen und Banketts aus

Neue Zielgruppe

Das A-la-Carte-Geschäft lohnt sich einfach nicht mehr: Familie Gerwing in Alstätte stellt sich neu auf – und öffnet künftig nur noch auf Bestellung. Ein Verkauf komme aber gar nicht in Frage.

Alstätte

, 10.03.2022, 04:00 Uhr / Lesedauer: 2 min
Hendrik (33, l.) und Ludger (56) Gerwing führen den Familienbetrieb gemeinsam. Sie stellen das Landgasthaus gerade auf neue Beine: Das A-la-Carte-Geschäft lohne sich schlicht nicht mehr. Gesellschaften im Festsaal seien dafür umso beliebter.

Hendrik (33, l.) und Ludger (56) Gerwing führen den Familienbetrieb gemeinsam. Sie stellen das Landgasthaus gerade auf neue Beine: Das A-la-Carte-Geschäft lohne sich schlicht nicht mehr. Gesellschaften im Festsaal seien dafür umso beliebter. © Stephan Rape

Der Gasthof Gerwing-Wulf liegt vor den Toren Alstättes. Bei Radfahrern, Spaziergängern und Ausflüglern ist die Gegend beliebt. Restaurant, Ferienwohnungen und Hotel liegen direkt an der L575, wenige Kilometer vor der niederländischen Grenze – und doch ungünstig: „Sozusagen im Bermudadreieck zwischen Haarmühle im Westen und Café Sandersküper im Norden“, sagt Ludger Gerwing lachend. Mit beiden Betreibern komme er schon immer sehr gut zurecht.

Doch beide Betriebe würden strategisch besser liegen: „Alle Besucher aus den Niederlanden halten da, bevor sie zu uns kommen. Ausflügler aus dem Ruhrgebiet kommen auch nicht auf die Idee, die eine Kreuzung weiterzufahren. Da haben wir einfach Pech“, erklärt er. Der 56-Jährige und Sohn Hendrik Gerwing (33) stellen sich und ihr Unternehmen deswegen gerade neu auf.

A-la-Carte: Hohe Kosten, wenig Umsatz

Denn das A-la-Carte-Geschäft lohne sich ganz einfach nicht mehr. Zu wenige Gäste, zu wenig Umsatz, zu hohe Kosten. Vater und Sohn führen den Familienbetrieb gemeinsam. Und sie wollen sich konzentrieren. Auf das Geschäft, das sich rechnet: Bankettveranstaltungen wie Hochzeiten, kleinere Gesellschaften ab zehn Personen, Außer-Haus-Catering ab zehn Personen sowie die Vermietung der drei Ferienwohnungen, Appartements und Hotelzimmer.

Rückblick auf den Restaurant-Test unserer Redaktion bei Gerwing-Wulf – wenige Monate bevor die Pandemie alles auf den Kopf stellte und der kleine Louis eine Schwester bekam. Maria, Ludger, Christina und Hendrik Gerwing (v.l.) führen den Familienbetrieb in vierter und fünfter Generation. Seit 1871 ist das Haus in Familienbesitz.

Rückblick auf den Restaurant-Check unserer Redaktion bei Gerwing-Wulf – wenige Monate, bevor die Pandemie alles auf den Kopf stellte und der kleine Louis eine Schwester bekam. Maria, Ludger, Christina und Hendrik Gerwing (v.l.) führen den Familienbetrieb in vierter und fünfter Generation. Seit 1871 ist das Haus in Familienbesitz. © Markus Gehring

Etliche Familienmitglieder helfen mit. Nur an Personal sei immer schwieriger zu kommen. Kein Wunder: „Über die vergangenen Coronajahre mussten die sich ja etwas anderes suchen“, sagt Ludger Gerwing.

Für Gesellschaften am Abend setzt das Unternehmen zusätzlich auf Aushilfen einer Agentur aus den Niederlanden. Für Gesellschaften, wenn das Haus voll ist, seien die deutlich höheren Lohnkosten kein Problem und kalkulierbar. Für das A-la-Carte-Geschäft, den Biergarten oder gar Kaffee- und Kuchentafel lohne sich das aber schlicht nicht: „Für 10 oder 15 Tassen Kaffee kann man da nicht stehen“, sagt Ludger Gerwing.

Pandemie hat neutraleren Blick überhaupt erst möglich gemacht

Das beschreibt auch das Dilemma der Familie: Das A-la-Carte-Geschäft lohne sich an den meisten Tagen einfach nicht mehr. „Auf den Gedanken mussten wir in der Pandemie aber erst einmal kommen“, schildert Hendrik Gerwing. Vorher sei der Aufwand für einen Nachmittag oder einen Abend in der Mischkalkulation untergegangen. „Durch die Pandemie haben wir erst einmal gesehen, an welchen Stellen sich die Arbeit einfach nicht mehr lohnt“, fügt er hinzu. Statt praktisch umsonst zu arbeiten, genieße er lieber etwas Freizeit mit seiner Frau und den beiden kleinen Kindern.

Schon früher habe der Betrieb sich konzentriert: „Wenn wir eine Gesellschaft im Saal hatten, haben wir auch da schon kein A-la-Carte mehr gemacht oder auch den Biergarten und den Tresen geschlossen gelassen“, sagt Ludger Gerwing. Und unter der Woche sei sowieso sehr wenig los.

Verkauf von Gerwing-Wulf ist absolut kein Thema

Ein anderes Thema schieben beide weit von sich: den möglichen Verkauf ihrer Gaststätte. Das Gerücht halte sich seit einiger Zeit im Ort und habe durch eine Anzeige im Internet neues Futter erhalten. Das Problem: Die Angaben in der Anzeige passen ziemlich gut auf den Gasthof Gerwing-Wulf. „Wie ein Spiegelbild“, sagt Ludger Gerwing.

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Doch: „Auf keinen Fall wollen wir verkaufen“, macht Hendrik Gerwing ganz deutlich. Er liebe die Arbeit, den Gasthof und das Hotel. Ein Verkauf komme nicht für einen Augenblick in Frage. Über die Gerüchte ärgern sich beide: Mehr noch, die seien sogar geschäftsschädigend. „Wenn deswegen ein Hochzeitspaar nicht bei uns feiert, ist das natürlich ein Problem“, erklärt er weiter.

Deswegen freut sich die Familie weiter auf Reservierungen. Paare sollten sich aber beeilen: „Für 2023 wird es an manchen Stellen schon eng“, sagt Ludger Gerwing zum Abschied lachend.