Ein niederländischer Drogenkurier hat mitten in Ahaus hunderte Drogenbriefe eingeworfen.

© Markus Gehring

Kiloweise Rauschgift per Post: Drogenkurier fliegt in Ahaus auf

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Mitten in Ahaus hat ein niederländischer Drogenkurier (23) kiloweise Drogen in aufwändig präparierten Umschlägen in zwei Briefkästen eingeworfen. Das blieb der Kriminalpolizei nicht verborgen.

Ahaus

, 24.01.2021, 12:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Ecstasy-Tabletten, Amphetamine, Partydrogen (MDMA), Kokain und Heroin – alles säuberlich verpackt in Luftpolsterumschlägen mit Alu-Plombe und eingeschweißt in durchsichtige Beutel: 210 dieser Postsendungen sind im Juni 2019 von einem niederländischen Drogenkurier (23) mitten in Ahaus in zwei Briefkästen eingeworfen worden. Doch die Kriminalpolizei war dem Mann auf den Fersen.

Die Kriminalbeamten ließen am 5. und 11. Juni 2019 die zwei Postkästen am Markt und in der Bahnhofstraße von DHL-Kurierfahrern öffnen und stellten die erste Fuhre Drogenbriefe sicher. Im Nachgang lieferten die DHL-Kuriere weitere Briefe bei der Polizei in Ahaus ab. Monate später klickten auch beim 23-jährigen Drogenkurier in den Niederlanden die Handschellen.

Angeklagter wird nach Deutschland überstellt

Am 8. Oktober 2020 wurde der Mann nach Deutschland überstellt. Seitdem sitzt er in der JVA Münster/Coesfeld ein und muss sich nun auch vor der 3. Großen Strafkammer am Landgericht Münster für die Einfuhr von Betäubungsmitteln in „nicht geringem Umfang“ verantworten.

Zwei JVA-Beamte führen den kleinen, aber kräftig gebauten 23-jährigen Angeklagten am ersten von drei angesetzten Verhandlungstagen in den Saal A11. Brille, Halbglatze und Vollbart – der Angeklagte wirkt optisch deutlich älter als 23. Viel sagt er nicht. Das Wenige, das er von sich gibt, ist leise, leicht genuschelt und wird von einem Dolmetscher übersetzt.

Der Angeklagte transportierte als Drogenkurier in den Briefumschlägen unterschiedliche Drogen. So auch Ecstasy (oben), Heroin (Mitte) und Kokain (rechts).

Der Angeklagte transportierte als Drogenkurier in den Briefumschlägen unterschiedliche Drogen. So auch Ecstasy (oben), Heroin (Mitte) und Kokain (rechts). © picture alliance/dpa

Über weite Strecken verliest der Pflichtverteidiger des 23-Jährigen Erklärungen seines Mandanten. Direkte Antworten auf Fragen des Richters gibt es kaum. Und wenn doch, dann nicht sehr umfassend. Davon abgesehen standen am ersten Verhandlungstag die Fragen nach dem Ablauf der Kurierfahrten sowie die Hintergründe der Taten im Mittelpunkt.

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Denn um die Schuldfrage als solches ging es nicht. Der Angeklagte zeigte sich mittels Erklärung geständig. Er räumte ein, zwei Mal nach Ahaus gefahren zu sein, um Drogenlieferungen im Auftrag seines Onkels einzuwerfen. Ob und wie viele Hintermänner es insgesamt gibt, spielt in diesem Verfahren übrigens keine Rolle. Der 23-Jährige stritt dessen ungeachtet ab, von den „harten“ Drogen gewusst zu haben. Er habe angenommen, es seien nur Marihuana-Produkte.

Aufwändig präparierte Briefe

Die aufwendig präparierten Briefe mit fingierten Absenderadressen sollten an Drogenkäufer gehen. Die Hintermänner sollen laut Staatsanwaltschaft mit den Betäubungsmitteln im Darknet, einem verschlüsselten Bereich des Internets, der häufig für illegale Zwecke genutzt wird, regen Handel getrieben haben.

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Der 23-jährige Angeklagte hat für diese, so verlas es der Verteidiger, wegen einer „massiven finanziellen Krise“ zwei Mal die Kurierfahrten übernommen und die Drogen nach Deutschland eingeführt und in zwei vom Onkel im Vorfeld ausgesuchte Briefkästen eingeworfen.

Laut Anklageschrift sollen in den 210 Briefen unter anderem kiloweise Amphetamine, hunderte Gramm Ecstasy-Tabletten und Marihuana sowie geringere Mengen Kokain und 16 Gramm Heroin gewesen sein. Der Wirkstoffgehalt wurde nach der Sicherstellung stichprobenartig von der Rechtsmedizin untersucht und sei nicht unerheblich gewesen.

Laut Anklageschrift haben die Hintermänner die Drogen im Darknet verkauft und der 23-jährige Angeklagte hat diese Bestellungen in Briefen in Ahaus in zwei Briefkästen eingeworfen.

Laut Anklageschrift haben die Hintermänner die Drogen im Darknet verkauft und der 23-jährige Angeklagte hat diese Bestellungen in Briefen in Ahaus in zwei Briefkästen eingeworfen. © picture alliance/dpa

Gänzlich unbeobachtet hat der Angeklagte übrigens nicht gehandelt. In die Beweisaufnahme wurden Fotos eingeführt. Fotos, die den Angeklagten vor einem der besagten Briefkästen zeigen, wie er gerade etwas einwirft. Ebenso wurde ein Foto gezeigt, auf dem der 23-Jährige vor jenem Fahrzeug mit niederländischem Kennzeichen mitten in Ahaus steht, mit dem er nach eigener Aussage die Drogen transportiert hatte.

Auf diesem Foto spricht der Angeklagte mit einer bis heute unbekannten Person. Um wen es sich dabei handelte, behielt der 23-Jährige auch vor Gericht für sich. Woher die Fotos stammen, wurde nicht gesagt. Möglich, dass der Mann von Kripobeamten observiert wurde.

Drogenbriefe in Tiefgarage bekommen?

Die Drogenbriefe will der Angeklagte in der Tiefgarage eines Hauses in Enschede in offenen Müllsäcken bekommen haben. Dorthin seien die Drogen mit einem ihm nicht bekannten Wagen geliefert worden. Er habe die Säcke umgeladen und sei damit nach Ahaus gefahren. 300 Euro habe er je Fahrt bekommen sollen. Doch das Geld habe sein Onkel nie gezahlt.

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Stattdessen habe es einen „großen Streit“ gegeben, nachdem er dem Onkel gesagt habe, nicht mehr als Drogenkurier arbeiten zu wollen. „Er war richtig sauer, weil viele Kunden ihre Ware so nicht erhalten haben“, so der Angeklagte. Mehr Details nannten weder er noch sein Verteidiger.

Handy im Gefängnis gefunden

Kurios: Kürzlich sei, so der Richter, beim Angeklagten in der JVA ein Handy beschlagnahmt worden. Handys im Gefängnis sind für die Inhaftierten verboten. „Wo kam das her und was wollten Sie damit?“, hakte der Richter nach. Nach Beratung mit seinem Verteidiger und dann auch nur zögerlich gab der 23-Jährige an, das Handy habe man ihm „gegeben“.

Warum, wieso und weshalb – dazu machte der 23-Jährige keine Angaben. Er beharrte aber darauf, das Handy nicht genutzt zu haben. Der Richter ordnete jedenfalls eine Auswertung des Gerätes an. Die Ergebnisse sollen am zweiten Verhandlungstag (2. Februar) vorliegen.

Dann soll es auch darum gehen, was genau der Angeklagte über die transportierten Drogen und deren Mengen wusste. Etwas, das auf den Urteilsspruch Einfluss nehmen wird.

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