In Zeiten von Corona gehen viele Firmen neue Wege, um mit Bewerbern um einen Ausbildungsplatz ins Gespräch zu kommen. Beim Mediahaus in Ahaus nutzt man dazu Videokonferenzen.

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Jobsuche in Corona-Zeiten: Angehende Azubis sind digital gefordert

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Die Corona-Beschränkungen haben für viele Schüler die Suche nach einem Ausbildungsplatz erschwert. Firmen und Bewerber gehen darum neue Wege – vor allem online.

Ahaus

, 26.05.2020, 12:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

In den letzten Wochen ist vieles anders geworden. Corona hat den Alltag, das Berufsleben und die Wirtschaft durcheinander gebracht. Wer denkt in dieser Zeit schon daran, dass junge Menschen eine gute Ausbildung brauchen? „Das ist aber wichtig“, sagen Arbeitsagentur Coesfeld, Kreishandwerkerschaft Borken, die Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen und auch das Ahauser Unternehmen Mediahaus.

Viele junge Menschen, die kurz vor der Schulentlassung stehen, haben nicht nur auf Unterricht verzichten müssen. Auch Berufswahlmessen, Praktika oder Informationsveranstaltungen zur Ausbildungsplatzsuche wurden größtenteils abgesagt, was die Suche nach einem Ausbildungsplatz erschwert hat.

„Am Ball bleiben“

„Manch einer hat sich vielleicht wegen der Corona-Beschränkungen gar nicht erst beworben“, vermutet Johann Meiners, Leiter der Agentur für Arbeit Coesfeld und ergänzt: „Um aber im August mit einer Ausbildung starten zu können, sollten die jungen Menschen unbedingt am Ball bleiben, denn die Unternehmen suchen Nachwuchskräfte.“

Maik Robert ist Ausbildungsleiter im Mediahaus in Ahaus.

Maik Robert ist Ausbildungsleiter im Mediahaus in Ahaus. © Mediahaus

Das bestätigt Maik Robert, Ausbildungsleiter im Mediahaus Ahaus, am Montag im Gespräch mit unserer Redaktion. Das Unternehmen beschäftigt an seinem Hauptsitz in Ahaus und der Zweigstelle in Krefeld insgesamt 150 Mitarbeiter und ist unter anderem in den Bereichen Agentur, E-Commerce, Medienmanagement und Packaging tätig.

Azubis gesucht

Zurzeit werden 17 Auszubildende in zwölf unterschiedlichen Ausbildungsberufen ausgebildet. Die Palette der Ausbildungsberufe im Mediahaus reicht von Industriekaufleuten über Mediengestalter bis hin zu Fachinformatikern und Packmitteltechnologen. In einigen der Bereiche werden noch Azubis für den Ausbildungsstart 2020 gesucht.

„Die typische Bewerbungszeit für einen Ausbildungsplatz im jeweils kommenden Jahr liegt eigentlich zwischen August und Oktober“, erklärt Maik Robert. „Aber im März und April bewerben sich die Nachzügler, die wir auch brauchen, wenn Stellen zum August noch nicht besetzt werden konnten. Wir suchen auch für 2020 bis zum letzten Tag Auszubildende.“

Für die Unternehmen sei es weiterhin von großer Bedeutung, den Nachwuchs auszubilden, erklärt Norbert Steinig von der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen (IHK). „Auch, wenn die Zeiten gerade schwierig sind, müssen wir die Schüler gewinnen, sich für eine Ausbildung zu entscheiden. Durch die derzeitige wirtschaftliche Situation sieht es zwar nicht so aus, aber der drohende Fachkräftemangel ist weiterhin aktuell.“

Das bestätigt Maik Robert. „Für ganz bestimmte Branchen wird es auch immer schwieriger, Bewerber zu finden.“ Der 46-Jährige nennt zum Beispiel den Druckbereich. „Deshalb ist die Nacht der Ausbildung in Ahaus eine super Sache. Damit können sich Unternehmen potenzielle Auszubildende ins Haus holen und ihnen Arbeitsabläufe und den künftigen Arbeitsplatz zeigen. Man kann viel über etwas lesen, aber man muss es auch mal sehen und anfassen“, erklärt der Ausbildungsleiter.

Apropos sehen. Die Corona-Beschränkungen haben dafür gesorgt, dass die Ausbildungsplatzsuche in diesem Jahr anders als üblich ist. So kann beispielsweise die Arbeitsagentur aktuell persönlich nicht aufgesucht werden.

Telefonberatung und E-Mail

Johann Meiners von der Agentur für Arbeit berichtet, dass die Berufsberater den Jugendlichen trotzdem hilfreich zur Seite stehen. „Wir setzen verstärkt auf Telefonberatung und E-Mail. Das ist für viele ungewohnt, klappt bislang aber sehr gut“, erklärt der Agenturleiter. „Für die Schüler richten wir eine gesonderte Hotline ein, mit der die Anrufer direkt bei den Berufsberatern landen.“ Zusätzlich gebe es ein großes Angebot an Onlinehilfen.

So hat die klassische Bewerbungsmappe zwar nicht ausgedient, „aber wir wählen dabei den digitalen Weg“, berichtet Maik Robert vom Mediahaus. Die Bewerber können ihre Unterlagen wie den Lebenslauf und Zeugnisse im Internet auf der Firmenseite hochladen.

Online läuft im Auswahlverfahren derzeit vieles, sagt IHK-Experte Norbert Steinig. „Große Auswahltests und Vorstellungsgespräche konnten zuletzt nicht durchgeführt werden. Daher haben sich viele Unternehmen umgestellt, nutzen Videochats oder Interviews am Telefon, um den nächsten Auszubildenden auszusuchen.“

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Für Christoph Bruns von der Kreishandwerkerschaft Borken steckt darin sogar eine Chance: „Die jungen Menschen sind es gewohnt, per Smartphone miteinander zu kommunizieren. Manchen fällt das sogar leichter als im persönlichen Kontakt. So können sie in dieser Variante von Vorstellungsgesprächen vielleicht sogar stärker überzeugen.“

Im Mediahaus läuft der erste Kontakt zu Bewerbern telefonisch oder per E-Mail. „Wir fragen, ob die Kandidaten die Möglichkeit haben, mit uns per Videochat in Verbindung zu treten“, erläutert Ausbildungsleiter Maik Robert.

In einer Videokonferenz kann es dann der Fall sein, dass der Bewerber die Aufgabe bekommt, einen fiktiven Kunden zu durchleuchten und seine Ergebnisse zu präsentieren. „Wir möchten sehen, wie die Bewerber mit einer Aufgabe klar kommen.“ Vorab werde allen Kandidaten das „du“ angeboten. „Dadurch haben wir eine relativ offene Kommunikation“, erklärt Maik Robert. „Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht.“

Ersatz für das persönliche Gespräch

Auch wenn geduzt wird: Kann ein Videochat in Zeiten von Corona das persönliche Bewerbungsgespräch ersetzen? „Ja, durchaus“, antwortet Maik Robert auf diese Frage. „Wenn man das Ganze auf den Inhalt herunter bricht.“

Natürlich würden in einer Videokonferenz nur wenig Emotionen rüberkommen. „Wie ist der Händedruck? Stark? Feucht? All das werde ich nicht gewahr. Ist die Person selbstbewusst, gestresst oder relaxed? Das alles kommt im Video nicht rüber“, sagt Maik Robert. In einem Gespräch von Angesicht zu Angesicht sei das anders, „da bildet sich die Persönlichkeit viel besser ab. Aber der Inhalt des Gesprächs bleibt der gleiche, insgesamt geht es ums Beiwerk.“

Appell an Firmen

Für Johann Meiners, Christoph Bruns und Norbert Steinig steht fest, dass es nicht schwerer, sondern eher anders geworden ist am Ausbildungsmarkt. Sie sind sich einig, dass sowohl Betriebe als auch Jugendliche, die kurz vor dem Schulabschluss stehen, den Fokus auf die Ausbildung richten müssen.

Das Trio appelliert: Betriebe sollten ihre offenen Ausbildungsstellen melden und Jugendliche den Weg zur Berufsberatung suchen. Christoph Bruns: „Die Handwerksbetriebe setzen zum großen Teil weiterhin auf Ausbildung. Durch die Unterbrechung des öffentlichen Lebens wegen der Corona-Pandemie, sind aktuell sogar mehr Ausbildungsplätze im Handwerk noch unbesetzt als zu dieser Zeit üblich.“

Online-Messe für Azubis und Jobsuchende

  • Schüler, Studenten, wechselwillige Fachkräfte, Wiedereinsteiger, Weiterbildungsinteressierte und Arbeitsuchende haben die Möglichkeit, am 27. Mai direkt von zu Hause aus mit rund 100 Unternehmen aus zahlreichen Branchen sowie Bildungsträgern und Behörden in Kontakt zu treten – per Smartphone, Tablet oder PC.
  • Aufgrund der Coronakrise und dem damit einhergehenden Verbot von Großveranstaltungen findet erstmals unter dem Titel „Casting für den Traumjob“ eine virtuelle Job-, Aus- und Weiterbildungsmesse für ganz Nordrhein-Westfalen statt. Von 9 bis 14 Uhr sind unter jobwoche.de/live für alle Interessierten natürlich kostenlos und ohne vorherige Anmeldung die virtuellen Messestände online.
  • In separaten Videochat-Räumen kann hier ganz ungezwungen mit den jeweiligen Personalern gesprochen oder gechattet werden, sodass individuelle Situationen und Anliegen zur Sprache kommen – einfach anklopfen und den Chat starten. Auf die offenen Stellen und Plätze kann sich auch direkt beworben werden.