
© Markus Gehring
In Julias Tierheim warten Hunde und Katzen auf ein Happy End
Tierheim
Julia Rehermann bekommt mehr Tierelend zu sehen als die meisten anderen Menschen. In ihrem Tierheim nahm sie 2019 über 1100 Tiere auf. Nicht für alle Hunde und Katzen gibt es ein Happy End.
Jedes Tier ein Schicksal: 1140 Tiere hat Julia Rehermann im vergangenen Jahr in ihrem Tierheim in Sabstätte aufgenommen. Hunde, Katzen und Mäuse, Meerschweinchen, Kaninchen und Vögel. „Die Zahl ist im Vergleich zum Jahr 2018 um etwa 150 Tiere gestiegen“, berichtet die Tierheimleiterin am Donnerstag im Gespräch mit unserer Redaktion.
Vor allem die Zahl der Fundkatzen sei mit 636 aufgenommenen Tieren enorm hoch. „Wir hoffen, dass die 2019 in Kraft getretene Katzenschutzverordnung dafür sorgt, dass diese Zahl durch Kastrationsprogramme langfristig nach unten geht.“
Die 1140 aufgenommenen Tiere werden in Fund- und Abgabetiere unterteilt. Fundtiere werden, wie der Name schon sagt, oftmals von städtischen Mitarbeitern oder Privatpersonen zumeist auf Straßen gefunden.
Abgabetiere entstammen unter anderem aus privaten Notfällen, zum Beispiel beim Tod des Halters. 2019 nahm Julias Tierheim 180 Abgabehunde und 155 Fundhunde auf. Hinzu kamen die besagten 636 Fundkatzen sowie 88 Abgabekatzen. 58 Abgabekleintiere und 23 Fundkleintiere komplettieren die Statistik.
Julia Rehermann berichtet, dass dank moderner Chiptechnik der größte Teil der 155 Fundhunde ihren Haltern zugeordnet werden konnte. Nur 15 Hunde seien im Tierheim verblieben.
Tiere aus 13 Kommunen
Julias Tierheim nimmt Tiere aus 13 Kommunen auf, zumeist aus dem Norden des Kreises Borken. Ausreißer sind die Städte Haltern am See sowie die Stadt Ochtrup. „Es gibt halt nicht so viele Tierheime im Umkreis“, nennt Julia Rehermann einen Grund. Die Anlage in Sabstätte, die seit drei Jahren in Betrieb ist, sei recht großzügig gebaut worden. „Wir müssen kein Tier ablehnen.“
Dazu zählen immer noch viel zu viele ausgesetzte Tiere, sagt Julia Rehermann. Als Beispiel nennt sie sechs kleine Rassekätzchen, die im September vergangenen Jahres im Dunkeln an der Einfahrt zum Tierheim saßen. „Es war ersichtlich, dass sie dort jemand hingesetzt hatte.“
Alle sechs konnte die Tierheimleiterin vermitteln, die letzte am 2. Januar. „Warum klingeln die Leute nicht? Wir weisen keinen ab.“ Auch der Halter einer Perserkatze hätte das tun können, doch er band seine Katze lieber an den Tierheimzaun.
Julia Rehermanns Arbeit ist der tägliche Umgang mit Tierelend. „Der Job ist nie Routine“, sagt sie dazu. Am Mittwoch war sie in Gronau. Dort war der Besitzer zweier älterer Hunde gestorben. „Das sind Tierschicksale, die einem ans Herz gehen. Die Hunde sind erst mal von der Rolle.“
Julia Rehermann nimmt aber nicht nur Hunde auf, sie gibt sie auch ab. Nicht selten sei dabei Fingerspitzengefühl gefragt, erklärt sie. Der Hund müsse zu den Lebensverhältnissen passen. „Dann muss ich den Leuten zum Beispiel nett vermitteln, dass zu einem 85-Jährigen nicht unbedingt ein Welpe passt. Wir entscheiden im Sinne der Tiere.“
Imageprobleme
Dabei weiß auch Julia Rehermann, dass Tierheimhunde nicht gerade das beste Image haben. „Es heißt, Tierheimhunde haben alle einen Schaden, sind vorgeprägt, bissig und haben schlechte Erfahrungen gemacht.“ Das mag für etwa zehn Prozent der Tiere zutreffen, sagt sie. „Diese Hunde brauchen Menschen, die sich in speziellen Themen auskennen, zum Beispiel wenn es um Angsthunde geht.“
Der allergrößte Teil der Tierheimhunde, also 90 Prozent, sei gut in Familien unterzubringen. Es sei doch ein Vorteil, einen „fertigen“ Hund zu adoptieren, sagt Julia Rehermann. „Er ist stubenrein, kann im Auto mitfahren und hat einen lieben Charakter. Ich wüsste nicht, was daran nachteilig sein sollte.“
Julias Tierheim weist steigende Vermittlungszahlen auf. „Immer mehr Leute entscheiden sich für ein Tier aus dem Tierheim, aber es gibt immer noch Menschen, die Vorurteile haben.“
Dagegen kämpft Julia Rehermann täglich an. Hilfreich bei der Vermittlung der Hunde und Katzen ist die eigene Webseite. So vermittelte Julias Tierheim schon eine Deutsche Dogge nach Marburg. Viele Anfragen kämen aus dem Ruhrgebiet. „Würden wir sagen, dass wir nur in einem Umkreis von 30 Kilometer vermitteln, würden wir vielen Tieren eine Chance verbauen.“
Die Rubrik „Tier der Woche“ in der Münsterland Zeitung sei ebenfalls ein Baustein der Vermittlung. „Für manche Hunde und Katzen gibt es am Tag der Veröffentlichung gleich mehrere Anfragen.“
Hund musste eingeschläfert werden
Doch nicht alle Tiere können vermittelt wird. Im vergangenen Jahr musste Julia Rehermann einen Hund einschläfern lassen, der an Krebs litt. „Das ist immer hart. Nicht für jedes Tier gibt es ein Happy End.“ Doch das sei die Ausnahme.
So verwundert es nicht, dass die Tierheimleiterin für ihre Einrichtung diesen Wunsch für 2020 hat: „Es soll so laufen wie 2019.“ Freuen würde sich Julias Tierheim übrigens auf Ehrenamtliche, die als Gassigänger oder Katzenkuschler das Team verstärken. „Gerade unsere Katzen würden sich sehr über Gesellschaft freuen.“
Christian Bödding, Jahrgang 1966, ist bekennender Westfale, aber kein Sturkopf. Er schreibt gerne tiefgründig und am liebsten über lokale Themen, über die sich andere nach der Lektüre seiner Texte aufregen.
